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Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
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Moment.
    Dann lachte de Koop.
    Zorn nicht.
    »Etwas an diesem Prozess ist sonderbar.«
    »Wie meinen Sie das, Herr Kommissar?«
    »Sowohl der verhandlungsführende Richter als auch Ihr Verteidiger sind verschwunden.«
    »Tatsächlich?« De Koop hob erstaunt den Kopf. »Ein merkwürdiger Zufall«, murmelte er.
    »Wir glauben nicht an einen Zufall.«
    »Richter führen eine Menge Prozesse«, erwiderte de Koop. »Mein Anwalt ist ebenfalls ein vielbeschäftigter Mann. Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Verhandlung gegen mich die einzige war, bei der die beiden sich begegnet sind.«
    »Es ist aber so. Wir haben das überprüft.«
    Nun ja, wir ist ein wenig übertrieben, dachte Zorn. Schröder war’s.
    De Koop überlegte eine Weile. Dann beugte er sich vor und sah Zorn direkt in die Augen. »Jetzt verstehe ich, warum Sie hier sind. Und ich würde Ihnen wirklich gern helfen, Herr Hauptkommissar. Aber ich kann mir das Verschwinden dieser beiden absolut nicht erklären. Ich habe sowohl den Richter als auch meinen Verteidiger zuletzt beim Prozess gesehen, und das ist Monate her.«
    Zorn sah aus dem Fenster. Eine Krähe saß auf der Spitze des Sonnenschirms, sie hatte den Kopf schief gelegt. Es schien, als beobachte sie Zorn.
    »Sagt Ihnen der Name Jeremias Staal etwas?«
    »Nein, warum?«
    »Beantworten Sie bitte die Frage.«
    »Das habe ich bereits. Ich sagte nein, Herr Hauptkommissar.«
    De Koop wurde ungeduldig. Mehr noch, seine Selbstsicherheit schien ein wenig zu bröckeln. Das gefiel Zorn irgendwie. Er wusste nicht genau, warum, schließlich war der Mann nicht unsympathisch. War das Neid?
    »Was ist mit Meinolf Grünbein?«, fragte er.
    De Koop blinzelte verwirrt.
    »Wer?«
    Zorn wiederholte den Namen.
    »Nie gehört.« De Koop schlug die Beine übereinander. »Hören Sie, ich dachte, Sie wären wegen des Anschlags auf den Polizeiball hier.«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    »Ich war dort.«
    Guck mal einer an, dachte Zorn. Noch ein Zufall.
    »Solche Veranstaltungen sind mir eigentlich zuwider, aber manchmal muss ich mich dort blicken lassen, ob ich will oder nicht. Ich dachte, Sie suchen nach Zeugen, wollten fragen, ob ich etwas gesehen habe.«
    »Haben Sie?«
    »Was?«
    »Etwas gesehen?«
    »Dann hätte ich mich längst bei Ihnen gemeldet. In der Presse war ja genug zu lesen. Im Übrigen bin ich nach einer halben Stunde wieder los, kurz nach der Rede des Polizeipräsidenten.«
    Ein durchdringendes Piepen erscholl, auf einem der Monitore blinkte ein roter Balken. De Koop stand auf.
    »Entschuldigen Sie mich, die Börse in Johannesburg öffnet.«
    Zorn erhob sich ebenfalls.
    »Ich finde selbst raus. Danke für Ihre Zeit, Herr de Koop.«
    *
    Zorn stand noch eine Weile vor seinem Auto. Rauchte eine Zigarette und dachte an Elias de Koop, der oben in seinem riesigen Haus vor dem Rechner saß und mit ein paar Mausklicks wahrscheinlich Millionen verdiente.
    Als er dann zurück ins Präsidium fuhr, musste er das Licht einschalten.
    Der Nebel wurde dichter.
    *
    Jeremias Staal war ein Kämpfer.
    Er torkelte auf dem Fußweg dahin, wehrte sich gegen den Durst, die Schwäche, die Krämpfe, die seinen Körper schüttelten. Sein Kopf schien zu platzen, er erreichte ein Schaufenster, eine lebensgroße Puppe in weißem Satinkleid stand darin, darüber ein Spruch in albern geschwungenen, goldfarbenen Buchstaben.
    BRAUTMODE FÜR SIE UND IHN!
    Die Sinnlosigkeit dieses Spruchs drang nicht durch sein vernebeltes Hirn, er begann seine Schritte zu zählen, weiter, immer weiter, er musste nach Hause, nichts war jetzt wichtiger, egal, ob er verfolgt wurde oder nicht.
    Plötzlich roch es anders, er sah das türkische Bistro, ein Mann in schwarzem Pullover und zerschlissener Hose fegte Laub vor dem Eingang.
    Staal blieb stehen. Spürte den Durst, den Hunger. Es war nicht mehr weit, drei Kilometer vielleicht, höchstens vier. Er würde es schaffen, aber er brauchte eine Stärkung.
    Langsam trat er näher, seine Schuhe starrten vor Dreck, schlurften über die nassen Steine. Er hob die Hand, legte den Kopf schief, die Schultern sackten nach vorn, so stand er einen Moment da, ein gebeugter, stinkender Kerl, ein Bettler, hilflos nach den richtigen Worten suchend, während der Mann im Pullover emsig weiterfegte.
    Staal überlegte. Wie sagte man?
    »Hast du ein Glas Wasser, Kumpel?«
    Ungläubig lauschte er dem Klang der eigenen Stimme. Ein unterwürfiges Flüstern, das Gestammel eines Gestrandeten.
    Der Mann im Pullover beachtete ihn nicht, Laub

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