Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zorn - Wo kein Licht

Zorn - Wo kein Licht

Titel: Zorn - Wo kein Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Ludwig
Vom Netzwerk:
Typen«, murmelte er. »Ich hab dir schon von ihm erzählt. Anstrengend, aber harmlos. Keine Ahnung, was er da brabbelt.«
    »Dante Alighieri«, flüsterte Schröder. »Die göttliche Komödie.«
    »Aha.«
    »Der vierte Gesang, Abstieg in die Hölle.«
    Zorn war froh, dass Schröder sein Gesicht nicht sehen konnte. Er hatte keinen Schimmer, wovon die Rede war.
    » So fand ich mich am Talrand, in der Nähe des qualenvollen Abgrunds!«
    Die zittrige Stimme des Lampenmanns hallte über den Parkplatz, wurde von der Fassade des Präsidiums zurückgeworfen.
    »Tief war er, dunkel, nebelhaft die Luft.«
    Er kam direkt auf sie zu, sein Blick wanderte über den Boden, folgte dem Kegel der Stirnlampe, auf der Suche nach etwas Essbarem oder anderen Dingen, die er gebrauchen konnte. Dabei sang er unaufhörlich weiter.
    Zorn, der nicht die geringste Lust auf ein weiteres, krudes Gespräch verspürte, wich tiefer in den Schatten des Baums zurück. Er und Schröder standen direkt neben einem Papierkorb, der, wie sich jetzt herausstellte, das Ziel des Mannes mit der Stirnlampe war.
    »Lass uns zur blinden Welt hinuntersteigen!«
    Er stutzte, als er die beiden bemerkte.
    »Ich bin der erste, du der zweite dann«, beendete Schröder die Zeile. Der Strahl der Stirnlampe fiel auf sein Gesicht, wanderte dann zu Zorn. Ein verwunderter Aufschrei.
    »Mein Freund, ich habe dich gesucht!«
    Zorn hielt gereizt die Hand vor die Augen.
    »Mach das Ding aus!«
    Ein Klicken, die Lampe klappte nach oben und beleuchtete nun das Geäst der Kastanie, das sich über ihnen ausbreitete wie ein dunkler, zerfetzter Regenschirm.
    »Du weißt doch, dass ich sie nicht ausmachen kann«, sagte der Lampenmann, es klang ein wenig vorwurfsvoll. »Ich sehe sonst nichts. Du bist doch mein Freund!« Seine Augen strahlten wie schwarze Perlen. »Oder nicht?«
    »Das bin ich«, nickte Zorn geduldig. »Aber jetzt habe ich keine Zeit.«
    »Warte.« Der Lampenmann nestelte an seinem Gürtel und löste einen der Karabinerhaken. Er trug schwarze, an den Fingern abgeschnittene Wollhandschuhe. »Du hast mir was geschenkt, und jetzt schenke ich dir was«, sagte er und reichte Zorn eine Plastikpuppe.
    »Was ist das?«
    »Ein Talisman.«
    Tah-lies-mann.
    Es klang nicht so, als wüsste der Lampenmann, was das bedeutete.
    Zorn drehte die Figur in der Hand. Ein schwarzes Männchen, angetan mit einem großen Helm und weitem Umhang, in der winzigen Faust ein rotes Plastikschwert.
    »Er wird auf dich aufpassen«, erklärte der Lampenmann mit wichtiger Miene. »Alle denken, er wär böse. Aber das ist er nicht. Er heißt Darth Vader.«
    Die Aussprache des Namens bereitete ihm sichtlich Mühe.
    »Woher hast du ihn?«, fragte Zorn.
    »Von Gott. Er hat ihn mir geschenkt. Jetzt schenk ich ihn dir.«
    »Danke.« Zorn verstaute die Figur in der Innentasche seiner Jacke. »Kann ich bestimmt gut gebrauchen.«
    Das war sarkastisch gemeint. In ein paar Stunden würde sich Zorn an genau diese Worte erinnern, das allerdings konnte er im Moment noch nicht ahnen.
    Schröder, der die ganze Zeit schweigend zugesehen hatte, zückte ein großes Taschentuch und putzte sich geräuschvoll die Nase. Der Lampenmann trat einen Schritt vor und sah auf Schröder hinab. Es schien, als würde er ihn erst jetzt bemerken.
    »Wer bist du?«
    »Mein Name ist Schröder.«
    »Ich kenne dich nicht.« Er legte den Kopf schief. Kratzte sich am Bart, blinzelte verwirrt und fragte Zorn: »Ist er dein Freund?«
    »Ja.«
    »Ich bin auch dein Freund!«
    Die schwarzen Augen verengten sich, hefteten sich wieder auf Schröder.
    »Willst du auch ein Geschenk?«
    »Nein, vielen Dank.«
    »Du bekommst auch keins.«
    Die Sekunden vergingen.
    Schröder hielt dem Blick lächelnd stand.
    Der Lampenmann sah zum Himmel, als lausche er einer inneren Stimme. Er schüttelte den Kopf und tippte Schröder mit dem Finger auf die Brust.
    »Ich mag dich nicht.«
    Dann stapfte er davon.
    Nach wenigen Schritten schien er das Gespräch vergessen zu haben, er setzte seinen seltsamen Singsang fort, klappte die Lampe herunter und lief über den Parkplatz. Neben einem Streifenwagen entdeckte er eine leere Bierflasche, hob sie auf, betrachtete sie eingehend, verstaute sie dann mit einem zufriedenen Brummen in seinem Rucksack und verschwand um die Ecke.
    Zorn sah ihm einen Moment nach.
    »Er kann dich nicht leiden«, sagte er verwundert.
    Schröder verstaute das Taschentuch umständlich in der Manteltasche.
    »Das habe ich bemerkt«, murmelte er. »Ich mag

Weitere Kostenlose Bücher