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Zorn

Zorn

Titel: Zorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Sandford
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erstochen aufgefunden wurde, liegt jetzt in der Gerichtsmedizin. Für den Fall brauchen wir ein frisches weißes Gesicht, und Sie sind genau der Richtige.«
    »Ein frisches weißes Gesicht?«
    Hanson mischte sich ein: »Billy hatte Freunde im Viertel. Wenn wir die Sache nicht ernst nehmen, sagen die dem Bürgermeister und ihrem Stadtrat Bescheid, und der informiert dann den Polizeichef …«
    »Und das wäre Scheiße«, sagte Daniel. »Obwohl wir wissen, dass wir den Mörder nicht kriegen, muss es aussehen, als wäre es uns ernst. Was heißt, dass wir Weiße in anständigen Klamotten hinschicken, die mit den Leuten reden und sich Notizen machen. Capslock bearbeitet den Fall, und er braucht einen Partner.«
    »Verdammt«, sagte Lucas, die Hände in den Hüften.
    »Gestern haben Sie noch Betrunkene von der Straße aufgegriffen. Heute ermitteln Sie schon in einem Mordfall. Schlagen Sie ein«, riet ihm Daniel. Und: »Capslock isst gerade im XTC. Fahren Sie hin, und lernen Sie ihn kennen.«
    »Verdammt«, wiederholte Lucas.
    »Machen Sie’s?«, fragte Daniel.
    Lucas fuhr sich mit der Hand durch die Haare, drehte eine Runde durchs Büro und antwortete: »Ja. Obwohl ich eigentlich an dem Fall mit den Mädchen weiterarbeiten sollte.«
    Sloan kam zurück und verkündete: »Wir trommeln das Team zusammen. Dick und Tim sind schon da, also werden wir zu acht oder zu zehnt sein. Das sollte für einen Mann reichen.«
    »Lassen Sie mich bei der Suchmannschaft mitmachen«, bat Lucas Daniel.
    »Lucas, springen Sie lieber bei dem anderen Fall ein«, entgegnete Daniel. »Fahren Sie zum XTC. Bei der Festnahme können Sie nichts tun. Da würden Sie bloß dumm rumstehen. Fahren Sie zu Del.«
    Er tat ihm, nach wie vor sauer, den Gefallen.
    Das XTC, ein früheres Striplokal, jetzt ein Herrenklub, befand sich in einer Seitenstraße an der Grenze zwischen Minneapolis und St. Paul. Tagsüber sah das Haus, ein lila gestrichener, einstöckiger Betonbau mit einem Asphaltparkplatz voller Risse, auf dem für gewöhnlich ein paar benutzte Kondome vor sich hin brutzelten, wirklich beschissen aus. In der Nacht machte es einen minimal besseren Eindruck. Lucas war schon ein paar Mal vom Rausschmeißer gerufen worden, wenn einer der Herren zu grob wurde, im Verdacht stand, eine Waffe dabeizuhaben, oder zu lautstark gegen die Getränkerechnung protestierte.
    In Zivil fühlte Lucas sich im Umfeld des Klubs irgendwie schmierig. Er konnte nur hoffen, dass keine früheren, gegenwärtigen oder künftigen Freundinnen ihn dort beobachteten.
    Bei der Umwandlung des Striplokals in einen Herrenklub hatte der Inhaber die rot blinkende Neonschrift NACKT-NACKT-NACKT abgenommen und eine grüne aufgehängt, auf der »Herren« stand. Abgesehen davon hatte sich nicht viel verändert. Auf dem Barhocker an der Tür klebte nach wie vor Isolierband über einem Riss im Plastik, und es roch immer noch nach billigem Putzmittel, überdeckt von noch billigerem Fliederduft.
    Del spielte im hinteren Teil mit einem großgewachsenen, stämmigen Mann Shuffleboard, der ein vom Alkohol gerötetes Gesicht hatte und eine weiße Kappe mit der Aufschrift Sparkle Drywall trug. Ungefähr zwölf leere Budweiser-Flaschen standen auf einem Tisch hinter ihnen. Lucas marschierte an drei Tanzstangen vorbei, zwei davon mit Tänzerinnen, eine nur mit einem String-Tanga bekleidet. Die andere reckte Lucas verführerisch die Brüste entgegen.
    Ohne ihr Beachtung zu schenken, trat Lucas hinter Del und verschränkte die Arme. Er hatte in seiner Zeit beim Drogendezernat schon ein paar Mal mit Capslock zusammengearbeitet.
    Nach einigen Übungsstößen schob Del die Scheibe an, traf das Sechserfeld und verfehlte das Siebener deutlich. »Rattenscheiße«, sagte er und griff, ohne sich umzudrehen, nach seinem Bier.
    Der Typ mit der Drywall-Kappe, der Lucas mit kleinen Augen anblinzelte, fragte: »Was guckst du so, Kleiner?«
    Lucas, immer noch sauer darüber, dass man ihn vom Fall Jones abgezogen hatte, knurrte: »Du interessierst mich nicht, Dicker. Ich hab besseren Geschmack.«
    Der Typ mit der Drywall-Kappe stellte sein Bier weg und ging um Del herum. Als dieser sich aufrichtete, bemerkte er Lucas und hielt den Mann mit der Kappe auf.
    »Immer mit der Ruhe, Earl. Der ist ein Cop, hat mal Eishockey gespielt, stemmt Gewichte und geht keiner Schlägerei aus dem Weg.«
    »Und wenn du mir blöd kommst, schlag ich dich zu Brei und steck dich in den Knast«, versprach Lucas. »Ich hab gerade nicht die beste

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