Zorn
Zentimeter, und Lucas schlug von hinten zu. Kurz darauf lag Randy mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden, und Lucas saß auf ihm, eine Hand in Randys Nacken, sein ganzes Gewicht auf Randys Schultern.
»Du kleiner Wichser, ich hab dir doch gesagt, dass du aus meinem Revier verschwinden sollst«, sagte Lucas, knallte Randys Kopf einmal auf den Boden und legte ihm Handschellen an. »Was war in dem Tütchen, das du weggeworfen hast, Randy? Ja, ich hab’s gesehen. Crack? Könnte dich fünf Jahre kosten.«
»Ich bring dich um, Bulle«, keuchte Randy. »Ich schneid dir die Eier ab.«
Randy Whitcomb war zwanzig, stammte aus den Vororten von St. Paul und schien sich trotz seiner blassen Haut, die in der Dunkelheit fast leuchtete, für einen schwarzen Zuhälter zu halten. Mit dem Hut, den Kokainfingernägeln, den Rastalocken und dem Getto-Akzent kopierte er schwarze Fernsehgangster und MTV. Wenn er nicht so ein übler Typ gewesen wäre, hätte man über ihn lachen können. Er rekrutierte Ausreißerinnen als Nutten und schlug sie grün und blau, wenn sie versagten, nicht genug Geld brachten oder ihn beschissen.
Lucas stellte Randy auf die Beine, bevor er ihn zu der Hecke dirigierte, über die er das Tütchen geschleudert hatte.
»Weißt du, was da drin ist, du Idiot? Nicht mal fünfzehn Gramm Gras. Macht ungefähr eine Stunde Knast«, knurrte Randy. »Gut gemacht, Davenport.«
Wenn Randy die Wahrheit sagte, war das Marihuana die Mühe tatsächlich nicht wert gewesen.
»Meinetwegen kannst du dir das Gras in den Arsch stecken«, blaffte Lucas. »Aber wegen dem Mord an Billy Smith krieg ich dich, du Stück Scheiße.«
»Was?«
»Ich hab die Schnauze voll von dir«, sagte Lucas. »Wir haben das Messer, mit dem er erstochen wurde, und weißt du, wessen Fingerabdrücke drauf sein werden? Mann, ich warte schon drei Jahre auf diesen Tag …«
»Nein, das machst du nicht.« Randy versuchte sich umzudrehen, damit er Lucas’ Gesicht sehen konnte.
»O doch«, erwiderte Lucas. »Zur Freude aller Cops an der South Side. So lösen wir einen Mordfall, verknacken dich achtzehn Jahre und sind dich fürs Erste los.«
»Ich war’s nicht«, sagte Randy. »Echt nicht.«
»Du hast alles Mögliche auf dem Kerbholz. Wär nur gerecht. Wegen der anderen Sachen haben wir dich nicht gekriegt, dafür hängen wir dir das an, dann sind alle zufrieden. Besonders die muskelbepackten Homos in Stillwater. Die freuen sich schon auf deinen kleinen roten Arsch.«
Als sie die Stelle in der Hecke erreichten, über die Randy den Stoff geschleudert hatte, schob Lucas ihn durch ein Tor im Zaun und fand das Tütchen auf dem Rasen hinter einem dunklen Haus. Lucas hob es mit zwei Fingern auf, um keine Abdrücke darauf zu hinterlassen. Tatsächlich Gras, und nicht mehr als fünfzehn Gramm. Er steckte es in Randys Gesäßtasche. »Ach, was haben wir denn da?«
»Mistkerl.«
»Und du hast den armen kleinen Billy Smith auf dem Gewissen.«
»Davenport, verdammt, nein. Ich hab was für dich. Letzte Woche hat doch jemand auf diesen Rice eingestochen. Ich weiß, wer das war.«
»Rice?« Lucas hatte mitbekommen, dass an der North Side ein gewisser Ronald Rice mit einem Messer verletzt worden war, doch die North Side befand sich außerhalb seines Reviers.
»Ich weiß, wer’s war und wer dir weiterhelfen kann. Mit dem bisschen Gras richtest du nichts gegen mich aus … Wenn du mich gehen lässt, geb ich dir den Namen.«
»Randy, du wanderst ins Gefängnis. Du bist sozusagen schon unterwegs …«
»Nein, Mann, ich hab die Namen, gute Namen, ehrlich. Ich hab keine Lust auf den Knast. Den Kerl kann ich sowieso nicht leiden, also verrat ich dir den Namen. Und den von der Kleinen, die dir weiterhilft.«
Lucas überlegte kurz. »Versuch ja nicht, mich aufs Kreuz zu legen. Ich schwör dir’s, wenn du das machst, dreh ich dir den Hals um und werf dich in den Scheiß-Mississippi.«
Randy spürte, dass da etwas zu machen war. »Okay, hier ist der Name: Delia White. Sie wohnt Ecke Cornwall und Eighteenth, in einem großen roten Haus. Kennst du das?«
Lucas nickte. »Delia White.«
»Genau. Der Typ, der auf Rice eingestochen hat, ist ihr Schwager und heißt El-Ron Parker. Sie wird reden, weil sie glaubt, dass El-Ron vor zwei Jahren ihre Schwester umgebracht hat.«
»Hat er das?«
»Wen interessiert das schon?«
Lucas sah Randy eine Weile an. »Woher weißt du das?«
»Delia und ihre Freunde kaufen hin und wieder Medizin von mir.«
»Crack?«, fragte Lucas.
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