Zorn
Verbrecherdatei, fand nichts.
Keine Vorstrafen, aber angeblich war er ein Sexfreak?
Lucas wählte die Handynummer von Del. »Was machst du gerade?«
»Ich bin auf dem Heimweg, zum Essen. Was gibt’s?«
»Hast du nach dem Essen Zeit für einen kurzen Ausflug ins nördliche St. Paul?«
»Klar, solange keiner auf mich schießt. Was hast du vor?«
»Ich will auch nach Hause. Und mir hinterher einen Typen genauer ansehen. Soll ich dich um sieben bei dir abholen?«
»In Ordnung. Bis dann.«
Um sechs Uhr sah sich Lucas mit Letty und Weather die KARE-Sendung an.
»Alles in allem«, erzählte Lucas ihnen, »ein befriedigender Tag. Wir haben die Eier von dem Kerl im Schraubstock.«
»Lucas, Ausdrucksweise«, ermahnte ihn Weather.
Die Haushälterin streckte den Kopf aus der Küche herein. »Essen ist fertig.«
»Na schön, Hoden«, korrigierte Lucas sich auf dem Weg ins Esszimmer.
»Was hältst du grundsätzlich von Eiern im Schraubstock?«, erkundigte sich Letty.
»Letty …«, begann Weather.
»Es interessiert mich eben«, erklärte Letty ihrer Mutter. »In den Filmen krümmen sich die Typen, wenn jemand ihnen in die Eier tritt. Aber der Kerl, den ich damals angeschossen habe, ist nicht zu Boden gegangen. Er konnte sogar noch fliehen. Deshalb möchte ich wissen, ob es wirklich eine so große Wirkung hat, wenn man einem Mann in die Eier tritt. Oder wird das aufgebauscht? Was soll ich machen, wenn ich eines Tages angegriffen werde? Soll ich ihm nun in die Eier treten oder nicht?«
»Ich als Medizinerin …«, begann Weather.
Lucas winkte ab und sah seine Tochter an. »Ich erklär dir das. Wenn du einen Mann richtig gut an den Eiern triffst, ihn am besten von hinten überraschst, tut ihm das ziemlich weh. Aber – und jetzt wird’s interessant für dich: Wir Männer stoßen uns immer wieder mal an den Eiern an, von Kindesbeinen an. Deshalb entwickeln wir Schutzreflexe. Wenn du also versuchst, einem Kerl von vorn in die Eier zu treten, zuckt er automatisch zurück, und du erwischst ihn nur am Bein. Und dann ist er sauer. Wenn du ihn aber doch von vorn kriegst, dauert’s ein paar Sekunden, bis er reagiert. Er fällt nicht gleich um wie ein Sack Kartoffeln. Und wenn du so nahe an ihm dran bist, dass du ihm von vorn in die Eier treten kannst, ist er in der Lage, dich mit den Händen zu packen. Egal, wie weh ihm die Eier tun – er lässt nicht los. Im schlimmsten Fall bringt er dich um. Was du außerdem nicht vergessen solltest: Der Durchschnittsmann ist deutlich größer und stärker als die Durchschnittsfrau. Am besten läufst du schreiend weg. Falls er dich einholt, wehrst du dich. Versuch, ihn in die Nase zu beißen. Und zwar fest – wie in ein zähes Steak. Dann lässt er los und schiebt dich weg. Sobald deine Hand frei ist, stürzt du dich mit den Fingernägeln auf seine Augen. Ein Tritt in die Eier ist zu unsicher; selbst wenn du ihn erwischst, besteht die Gefahr, dass er dich zu Boden stößt.«
»Was, wenn man ihm nicht richtig wehtun, sondern ihn nur verjagen will?«, erkundigte sich Letty.
»Wenn ein Kerl dich ernsthaft bedroht, versuchst du, ihn zu verletzen«, antwortete Lucas. »Wenn er dich bloß blöd anmacht, nicht. Du beißt ihn nicht in die Nase, kratzt ihm nicht die Augen aus, trittst ihm nicht in die Eier. Aber wenn er’s ernst meint, greifst du ihn an. Genügt das als Information?«
»Ja, danke«, antwortete Letty.
»Hoffentlich hat das Kleine das nicht gehört«, sagte Weather und tätschelte ihren Bauch.
Während Lucas und Letty sich über Hodenempfindlichkeit unterhielten, fuhr der Killer vor dem Haus der Barkers in Bloomington auf und ab. Er hatte sich auf Facebook über sie informiert und ihre Adresse über das Telefonbuch recherchiert.
Der Killer hatte die Glock des Alten dabei. Um die abzufeuern, musste man kein Genie sein. Er hatte oben in den Wäldern, an der Hütte, oft genug damit geschossen.
Man brauchte nur zu zielen und abzudrücken.
Allzu viele Bedenken hatte er nicht. Ruhiges Viertel, nicht weit bis zur nächsten Schnellstraße, über die er rasch verschwinden konnte.
Falls er sich dazu durchrang, es zu tun.
VIERZEHN
Letty wollte zur Party einer versnobten Freundin. Obwohl Letty kein Snob war, interessierte sie das Konzept von Insider-Cliquen. Sie hatte ihre Kleidung mit Bedacht gewählt und deutete an, dass es gut wäre, wenn sie im Porsche zu der Party käme. Und zwar mit offenem Verdeck.
Also chauffierte Weather sie im Porsche hin, mit offenem Verdeck. Was
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