Zornesblind
zeigen. In dieser Welt, die da draußen auf ihn lauerte.
Seine Belohnung wartete.
62
Als Strikers Handy auf dem Armaturenbrett vibrierte, schnappte er blitzartig danach und las das Display. Hoffentlich war es Larisa oder eine E-Mail. Stattdessen las er Jim Banner .
Striker tippte auf den grünen Hörer und drückte das Handy an sein Ohr.
»Was gibt’s, Noodles?«, begrüßte er seinen Kollegen.
Der Techniker seufzte. »Gott, wie ich diesen Spitznamen hasse.«
»Sei froh, dass du dich nicht an Kaviar verschluckt hast. ›Eierbeißer‹ klingt nämlich auch nicht besser. Also, was liegt an?«
»Wie wär’s zum Auftakt mal mit einem weiteren Fingerabdruck?«
»Wo?«, fragte Striker wie aus der Pistole geschossen.
»Apartment 109 in Hermon Heights – gegenüber von der Bude, in der Sarah Rose wohnte. Wo du meintest, irgendein verdächtiger Typ hätte euch von dort aus beobachtet.«
»Ich wusste es«, ächzte Striker. »Und?«
»Nichts Weltbewegendes, aber wir haben noch was relativ Interessantes gefunden. Ich hab alles akribisch auf Spuren untersucht, wie du gesagt hast: Elektrogeräte, Fenster und Rahmen, den Stecker der Verlängerungsschnur. Und wir sind fündig geworden. Ein Fingerabdruck auf der Innenseite des Frontfensters. Zwischendurch kam ein Nachbar vorbei. Meinte, das Apartment stünde seit über sechs Wochen leer, seitdem der letzte Mieter ausgezogen sei.«
»Und der Fingerabdruck? Hast du den schon mal durchlaufen lassen?«
»Geht nicht. Ist bloß ein Teilabdruck«, erwiderte Noodles. »Nicht gut genug, um ihn durch die Datenbank zu jagen. Aber ich hab ihn verglichen.«
»Womit?«
»Mit Billy Mercurys. Und das Ergebnis ist wieder negativ.«
»Hast du ihn schon mit dem Abdruck aus dem Kühlschrank verglichen?«, fragte Striker etwas gefrustet.
»Schnellmerker«, grölte Noodles. »Der Abdruck ist zwar nicht mit Billys identisch, aber mit dem aus dem Kühlschrank in der Lucky Lodge.«
Ein ahnungsvolles Prickeln breitete sich in Strikers Magengrube aus. Was ließ sich daraus schließen, wenn zwei Teilabdrücke von zwei verschiedenen Tatorten identisch waren?
Null.
»Was ist mit den Kanistern?«, fragte er weiter.
»Darauf haben wir ebenfalls Fingerabdrücke lokalisiert. Sind aber nicht identisch.«
»Nicht identisch?«
»Nein, weder mit Billys noch mit dem auf dem Fenster.«
Striker zog die Stirn in Falten. Ganz ohne Zweifel war der Holzlack als Brandbeschleuniger eingesetzt worden. »Mach von dem Abdruck einen Abgleich mit der Datenbank, und informier mich über das Ergebnis. Könnte natürlich auch von einem Verkäufer oder so sein. Und check die Dinger mal auf DNA -Spuren. Wir brauchen ganz dringend irgendwas, Noodles. Du kannst doch bestimmt was tricksen.«
»Ich hab bloß einen Trick drauf, Kumpel. Und dafür brauche ich ’ne Flasche Jack Daniel’s und ein paar knackige Mädels.«
Striker lachte in sein Handy. »Ruf mich an, okay?«
Er beendete das Gespräch und berichtete Felicia in aller Kürze von den Fingerabdrücken.
Die Neuigkeit schockierte sie.
»Da muss es einen Zusammenhang geben«, räumte sie ein. »So viel Zufall kann nicht sein.«
»Folglich besteht eine sehr hohe Chance, dass Billy Mercury einen Komplizen hatte.«
»Du lieber Himmel!«
Felicia rieb sich das Gesicht, massierte ihre Schläfen und warf die Haare nach hinten. Dann schüttelte sie ungläubig den Kopf. Ohne Vorwarnung drückte sie die Beifahrertür auf.
Eisiger Wind drang in den Wagen, schlagartig war es schweinekalt.
»Ich brauch frische Luft«, erklärte sie.
Sie stieg aus, Striker folgte ihrem Beispiel. Er nahm seinen Kaffeebecher mit. Sie schlenderten über die Kootenay Street, unter der dunklen Highwaybrücke hindurch, wo sie ungestört waren. Sie diskutierten. Nachdem sie noch einmal alles von Anfang bis Ende durchgegangen waren, blieb Felicia stehen. Sie schwenkte zu ihm herum.
»Ich komm immer wieder auf zwei Namen: Dr. Ostermann und Dr. Richter.«
Striker stimmte ihr zu. »Dr. Richter ist mit unbekanntem Ziel verduftet. Und Dr. Ostermann weicht unseren Fragen aus und erzählt uns einen vom Pferd. Hier steckt mehr dahinter, jede Wette.«
Felicia nickte zähneklappernd. Sie knöpfte ihren Mantel zu, schnappte ihm den Kaffeebecher aus der Hand und trank einen Schluck. Dann wärmte sie sich an dem Becher die Finger.
»Ostermann hatte Kontakt mit allen Beteiligten«, gab sie zu bedenken. »Das Zeitfenster passt; er wurde gesehen, als er wie ein Irrer durch die Gegend bretterte, fünf
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