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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sean Slater
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Avenue.
    Dr. Ostermann wohnte am Rand von Endowment Lands, eine der teuersten und begehrtesten Gegenden von Vancouver. Striker hatte vor zehn Jahren das letzte Mal dort ermittelt. In einem Entführungsfall – eine Million Dollar Lösegeld hatte der Erpresser damals gefordert. Immerhin traf es keinen Armen, dachte der Detective sarkastisch. Eine sündhaft teure Villa an der anderen, in denen schwerreiche Familien lebten, und in dem Viertel hatte sich seitdem bestimmt nicht viel geändert.
    Als sie von der Burrard Steet auf die West Avenue bogen und prompt im Stau standen, nutzte Felicia die Zeit, PRIME auf Dr. Erich Ostermann abzuklopfen.
    »Er ist in der Datenbank gelistet«, sagte sie. »Als Mediziner . Unzählige Dateien mit seinen Diagnosen – aus dem Riverglen Hospital in Coquitlam und dem Strathcona Medical Health Center in Downtown East Side.«
    Striker wich einem Audi aus, der links abbiegen wollte, und überfuhr eine gelbe Ampel. »Wirf mal einen Blick auf seine Eintragungen in der Verkehrssünderkartei.«
    Felicia konzentrierte sich wieder auf den Laptop. »Holla. Der Typ ist ein echter Verkehrsrowdy. Hat etliche Verwarnungen kassiert, Strafen für zu schnelles Fahren, Überfahren von Stoppschildern, roten Ampeln. Dem Kerl sollte man glatt den Führerschein abnehmen.«
    »Ich tippe, als Seelendoktor hat man gewisse Sonderrechte.« Striker überlegte. »Soll heißen, Erich Ostermann ist der gute Geist im weißen Kittel, aber ein wahrer Teufel hinterm Lenkrad. Eine Art Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Interessant. Sagt etwas über seinen Charakter aus, da bin ich sicher.«
    Felicia gab sich unbeeindruckt. »Das sagt aber leider Gottes auch etwas über sein Fahrverhalten aus, nämlich dass eine rote Ampel für ihn nicht wirklich ein Haltegrund ist. Er fährt vermutlich häufiger bei Rot über die Kreuzung und war demnach gar nicht flüchtig.«
    »Mag sein. Trotzdem existiert eine Verbindung zwischen Mandy Gill und Riverglen. Das müssen wir näher überprüfen.« Er wendete so abrupt, dass Felicia leise aufjapste, und steuerte im Zickzackkurs durch den langsam rollenden Gegenverkehr, bis er den Kombi in einer Haltebucht abstellte, verkehrswidrig gegen die Fahrtrichtung, versteht sich.
    Felicia presste eine Hand auf ihr Herz. »Herrgott, Jacob, willst du uns mit aller Gewalt umbringen?«
    »Wenn ich ein Selbstmörder wäre, hätte ich dir längst einen Antrag gemacht.«
    Daraufhin traf ihn ihr Blick wie Eisnadeln, was er mit einem Schmunzeln quittierte. Er zeigte auf den Pharmasave Drugstore ein Stück vor ihnen auf der Straße. »Dringende Angelegenheit.«
    »Wieso? Was willst du um diese Uhrzeit in der Apotheke?«
    »Dreimal darfst du raten?«, konterte er. »Ich brauche meine Pillen.«
    Der Pharmasave Drugstore an der Kreuzung West Avenue und Vine Street war eine der wenigen Apotheken, die vierundzwanzig Stunden ganzjährig geöffnet hatte. Ausschlaggebend war jedoch, dass Mandy Gill dort ihre Medikamente bestellt hatte, obwohl sie von Strathcona zwanzig Minuten mit dem Bus hierherfahren musste.
    Die elektronisch gesteuerten Eingangstüren glitten auf, als Striker näher kam, und die warme Apothekenluft, die ihm entgegenschlug, war ein krasser Gegensatz zu der eisigen Kälte draußen. Im Verkaufsraum empfing ihn leise Meditationsmusik, ein paar Kunden reihten sich vor Ausgabeschaltern. Striker hielt Ausschau nach dem diensthabenden Apotheker. Er stand hinter dem letzten Schalter.
    Die beiden Detectives schlängelten sich an den Wartenden vorbei in den hinteren Bereich.
    Der Pharmazeut, ein Inder mit einer dicken Brille auf der Nase, war groß, an die eins neunzig, mit extrem langen Armen – und Händen, die dagegen unproportioniert klein wirkten. Striker beobachtete, wie er hinter dem Tresen auf und ab stampfte, unvermittelt stehen blieb und seine Assistentin anpflaumte. Eine zierliche Japanerin, die ziemlich geschafft aussah.
    »Es tut mir leid«, entschuldigte sie sich. »Ich hab die letzten drei Nächte kaum geschlafen. Mein Sohn war krank.«
    »Ihre familiären Probleme interessieren mich nicht.«
    »Verzeihen Sie, das war bestimmt nicht meine Absicht. Es ist bloß, ich dachte, Sie hätten gesagt …«
    »Ich weiß, was ich gesagt habe«, schnappte der Apotheker. »Das nächste Mal sperren Sie gefälligst Ihre Ohren auf.«
    Die unscheinbare Frau nickte schweigend, ihr Gesicht zu einer steinernen Maske erstarrt.
    »Scheißaushilfskräfte«, knurrte der Apotheker und konzentrierte sich wieder auf seine

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