Zu cool für dich
gemacht.« Lissa kniff mich spielerisch in den Arm. »Und ist eine Viertelstunde zu spät gekommen.«
»Horror!«, kreischte Chloe. Die drei brachen in Gelächter aus. Ich hörte mir das Gelaber an und mir fiel mal wieder auf, dass die drei anscheinend nur dann miteinander auskamen, wenn sie gemeinsam auf mir herumhacken konnten.
»Sehr witzig«, sagte ich schließlich. Okay, ich war anspruchsvoll und setzte hohe Standards, was Beziehungen anging. Und das war so bekannt, dass es schon wieder langweilig wurde. Aber wenigstens hatte ich Prinzipien. Chloe dagegen ging ständig mit Collegestudenten aus, die sie nach Strich und Faden betrogen. Jess löste das Problem, indem sie mit niemandem ausging. Und Lissa – tja, Lissa war immer noch mit dem Typen zusammen, an den sie ihre Jungfräulichkeit verloren hatte; sie zählte also nicht wirklich. Aber ich würde mir jegliche Bemerkung verkneifen und ihre Bösartigkeiten einfach ignorieren. Schon aus Prinzip.
»Also gut«, sagte Jess schließlich. »Wie sollen wir’s machen?«
»Lissa trifft sich wie verabredet mit Adam«, antwortete ich. »Du, ich und Chloe fahren erst am Treff vorbei und dann zum
Bendo
. Einverstanden?«
»Okay«, meinte Lissa. »Bis später.« Sie düste los. Chloe stellte ihr Auto schnell auf dem Parkplatz um die Ecke ab. Jess’ Blick fiel auf meine Hand; sie kniff die Augen zusammen.
»Was ist das?« Sie nahm meine Hand. Ich sah ebenfalls darauf. Telefonnummer und Name standen immer noch dort, ein wenig verschmiert zwar, aber eindeutig vorhanden. Ich hatte die Schrift abwaschen wollen, bevor ich aus dem Haus ging, aber dann war mir anscheinend was dazwischengekommen.
»Eine Telefonnummer?«
»Unwichtig«, antwortete ich. »Hab bloß so einen blöden Typen kennen gelernt.«
»Du bist und bleibst eine Männermörderin«, meinte sie nur.
Wir stiegen in Jess’ Auto, ich zu ihr nach vorne, Chloe kletterte auf den Rücksitz, musste aber erstmal einen voll gestopften Wäschekorb, einen Footballhelm und ein paar Knieschützer von Jess’ Brüdern aus dem Weg räumen. Sie verzog das Gesicht, verkniff sich allerdings jeden Kommentar. Chloe und Jess kabbelten sich zwar dauernd, aber Chloe wusste genau, wo die Grenze war.
»Zum Treff?« Jess ließ den Motor an. Ich nickte. Sie legte den Rückwärtsgang ein und fuhr langsam aus der Parklücke. Ich schaltete das Radio ein. Chloe zündete sich eine neue Zigarette an und schmiss das Streichholz aus dem Fenster. Jess wollte gerade auf die Straße einbiegen, da deutete sie mit dem Kopf auf einen großen Müllcontainer aus Metall, der in etwa sieben Meter Entfernung neben den Zapfsäulen stand, und zwar auf meiner Seite.
»Um wie viel wetten wir?«, fragte Jess. Ich steckte den Kopf durchs Fenster, um die Entfernung besser einschätzen zu können, nahm ihren fast leeren Becher und schüttelte ihn probehalber, wegen des Gewichts.
»Zwei Dollar«, lautete mein Angebot.
»Oh, Mann«, meldete Chloe sich genervt vom Rücksitz her und atmete hörbar den Rauch aus. »Könnt ihr den Mist nicht endlich lassen? Wir gehen wirklich nicht mehr in den Kindergarten. Und die Schule ist auch vorbei.«
Jess beachtete sie gar nicht, sondern schüttelte kurz ihr Handgelenk aus, nahm den Colabecher und hielt ihn auf ihrer Seite aus dem Fenster. Sie kniff die Augen zusammen, hob leicht das Kinn – und ließ den Becher mit einer gekonnten, fließenden Bewegung los. Er segelte in einem eleganten Bogen über uns und das Auto hinweg, drehte sich in der Luft mehrmals spiralförmig um sich selbst und landete schließlich mit einem dumpfen Aufprall in dem Müllcontainer. Und zwar mit Deckel drauf und Strohhalm drin.
»Wahnsinn«, sagte ich. Jess lächelte mich an. »Ich kapier einfach nicht, wie du das hinkriegst.«
»Fahren wir jetzt endlich los?«, fragte Chloe.
Jess fädelte sich in den Verkehr ein. »Mit einer lockeren Bewegung aus dem Handgelenk. Wie alles im Leben.«
Unser Treffpunkt, von dem aus wir traditionell in den Abend starteten, gehörte ursprünglich Chloe. Als sie im dritten Schuljahr war, ließen ihre Eltern sich scheiden. Ihr Vater zog mit seiner neuen Freundin weg; vorher verkaufte er die meisten Grundstücke, die er während seiner Zeit als Bauunternehmer in unserer Stadt erworben hatte– bis auf eines. Es lag am Stadtrand, ein Stück hinter unserer Schule. Ein brachliegendes Gelände, auf dem nichts war als Gras und ein Trampolin, das er Chloe zu ihrem siebten Geburtstag geschenkt hatte. Nachdem er
Weitere Kostenlose Bücher