Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zu einem Mord gehoeren zwei

Titel: Zu einem Mord gehoeren zwei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
Vom Netzwerk:
sah in eine der schmalen Seitenstraßen hinein. Hier hatte er vorhin seinen eigenen Opel abgestellt. Wenn bei der Flucht etwas schiefgehen sollte, konnte er hier in aller Ruhe umsteigen.
    Aber was sollte schon schiefgehen?
    Warum passierte denn nichts? Warum konnte denn kein Lastwagen den gestohlenen VW zermalmen, warum konnte er denn nicht auf der Stelle ohnmächtig werden, warum schlossen denn nicht plötzlich alle Banken wegen irgendeiner Währungskrise? Tausende von Zufällen und Zwischenfällen waren denkbar… Aber der gestohlene Wagen wartete friedlich in der diesigen Vormittagssonne, und sein Kreislauf blieb intakt. Springen oder nicht springen – wenn ihm doch nur jemand die Entscheidung abnähme!
    Aber was sollte er anderes tun? Es gab keine legale Möglichkeit mehr, die Firma zu retten. Sollte er vielleicht als kleiner Vertreter herumlaufen und Klinken putzen? Nein! Also – steig wieder ein!
    Tomaschewski gehorchte. Es war ja doch alles sinnlos, so furchtbar sinnlos. Sollten sie ihn doch einfangen und zehn Jahre lang einsperren – dann war er wenigstens alle Sorgen und Probleme los. Die Welt kümmerte sich einen Dreck um Hans-Joachim Tomaschewski; was änderte sich schon, ob er nun die Filiale 8 der Brandenburgischen Vereinsbank in Berlin-Hermsdorf, postalisch 1 Berlin 28, ausraubte oder nicht? Er war ein Nichts, und seine Tat war ein Nichts. Na also!
    In einer knappen Viertelstunde mußte es soweit sein. Er kannte die Filiale am S-Bahnhof Hermsdorf von zehn Besuchen. Groß war sie nicht. Zwei Beamte und eine ältere Dame, die aber gegen zwölf Uhr zum Essen ging. Von einer ehemaligen Freundin, die mal bei der Brandenburgischen Vereinsbank gearbeitet hatte, wußte er, daß sie am Dienstag immer mehr Geld da hatten, als er an sich benötigte. Und das schönste war, daß die Leutchen da von Panzerglas und sonstigen Sicherungsmaßnahmen noch nicht viel gehört hatten.
    Tomaschewski pfiff vor sich hin, eine rauschhafte Fröhlichkeit hatte ihn plötzlich erfaßt. Als er durch den dichten Wald fuhr, der Hermsdorf von Tegel trennt, erinnerte er sich an die Sonntage, an denen er hier mit seinen Freunden gespielt hatte. Jeschke, Busch, Feuerhahn und Fiedler. Was mochte aus ihnen geworden sein? Sicherlich waren sie alle ehrbare Familienväter mit tüchtigen Kindern. Wenn man ihn fassen sollte und seine Story zusammen mit einem grob gerasterten Bild in den Zeitungen auftauchte, würden sie sich plötzlich wieder auf ihn besinnen und ihren Frauen und Kindern muntere Anekdoten erzählen. Dem Tommy, dem hätte ich das nicht zugetraut, dem nicht!
    Er blickte kurz in den Rückspiegel, um zu prüfen, ob er wirklich wie ein Verbrecher aussah. Sein breites, slawisches, teigiges Gesicht ekelte ihn an. Es war ein Fluch, so auszusehen. Die wäßrigen Augen standen zu dicht beieinander, das Kinn war viel zu kurz und ging gleich in den dicken Hals über. Der sieht ja schon so aus, würden die Leute sagen, wenn sein Steckbrief in den Zeitungen erschien. Aber sie hatten ganz recht.
    Die Aufzeichnungen! schoß es ihm plötzlich durch den Kopf, und er trat automatisch auf die Bremse, so daß der Wagen ein wenig ins Schleudern geriet. Zwei DIN-A4-Bogen waren es, auf denen er mit recht präzisen Skizzen das Innere der Bank und die Straße davor festgehalten hatte. Er hatte die Aufzeichnungen gestern verbrennen wollen, aber es war irgend etwas dazwischengekommen. Sollte er deswegen umkehren? Nein! Wenn alles schiefging; war es sowieso egal, und sonst kam ja keiner an die Kassette heran, in der sie lagen.
    Er gab wieder Gas.
    Wenn er doch bloß nicht solche Magenschmerzen gehabt hätte! Er nahm die rechte Hand vom Lenkrad und massierte seinen Magen. Es war erschreckend, wie sein Bauch über den Hosenrand hinabhing. Er wurde immer fetter, und die Mädchen, mit denen er sich ab und an über seine Einsamkeit hinwegtröstete, hatten schon Grund zum Grinsen.
    «Tomaschewski sinkt immer tiefer», sagte er laut und mit einer gewissen Genugtuung. «Mit Tomaschewski geht es bergab!» Seine Stimme klang heiser. War das überhaupt seine, Stimme? Es war alles so unwirklich.
    Mein Gott, warum mach ich mich immer so mies? Der Plan war doch gut. Ausgezeichnet sogar. Endlich hatte er die Kraft zum Handeln gefunden. Er war ein Mann, ein ganzer Mann; er duckte sich nicht, er kapitulierte nicht – nein, er wagte den Kampf. Plötzlich fühlte er sich stark und groß und einer Welt von schlappen Kriechern maßlos überlegen.
    Er sah die Backnanger

Weitere Kostenlose Bücher