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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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nicht, dass wir alle glaubten, unserem Ende entgegenzusehen. Im Stillen ging wohl jeder davon aus, Monate in dieser Zelle zubringen zu müssen. Und plötzlich ist die Freiheit zum Greifen nah. Das müssen meine Männer erst noch verarbeiten.«
    »In der Tat. Und ich glaubte, man würde mich zur Guillotine führen. Doch dann stellte sich heraus, dass der Mann, der die Konstruktionspläne für die Droits de l’Homme gezeichnet hatte, mächtige Feinde in Paris hat. Ihm gab man die Schuld am Untergang meines Schiffes, und daher floh er ins Ausland, der arme Kerl. Meine Tage sind also noch nicht gezählt, auch meine Karriere war nicht zu Ende. Man übergab mir zudem das Kommando über ein anderes Schiff.«
    »Und Sie haben sogar das Wunder vollbracht, dass wir nach Hause fahren dürfen. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen danken soll, Capitaine .«
    » Capitaine Hayden, ich bitte Sie. Es ist genau anders herum, denn ich werde mich wohl nie angemessen bei Ihnen bedanken können. Als meine eigenen Offiziere sich weigerten, ihrer Pflicht nachzukommen – zu meiner Schande –, traten Sie und Ihre Männer vor und übernahmen die wichtigsten Aufgaben. Ihr Master und Ihr Midshipman steuerten das Boot sicher zur Küste, und ich bin überzeugt davon, dass Ihr Bootsmann es genauso gut gemacht hätte, wäre nicht Panik an Bord ausgebrochen. Sein Tod wird mich mein Leben lang verfolgen. Es war die Schuld meiner Crew.«
    » Monsieur , Sie trifft keine Schuld. Es waren die Umstände und die haltlose Position, in die Ihre Regierung Sie gedrängt hatte.«
    »Zu freundlich von Ihnen.« Er tippte sich an die Stirn. »Ah, fast hätte ich vergessen, dass ich alles in meiner Kabine verloren habe. Sollten Habseligkeiten von Ihnen darunter gewesen sein, so muss ich leider sagen, dass nichts mehr da ist.« Lacrosse spielte gewiss auf die Briefe an.
    »Das ist bedauerlich, Capitaine .«
    Nach dem Essen begaben sie sich zum Kai, an dem ein Boot wartete. »Ce sont des Anglais pour la Fortune, Capitaine?« , rief ein Matrose.
    »Ja, dies sind die Männer. Behandeln Sie sie gut, hören Sie? Sie haben vielen Franzosen das Leben gerettet und mussten selbst Verluste beklagen.«
    »Wir haben schon davon gehört, Capitaine Lacrosse. Seien Sie beruhigt. Wie werden sie wie Ehrengäste an Bord empfangen.«
    Lacrosse wandte sich Hayden zu. »Ich muss mich jetzt von Ihnen verabschieden, Capitaine .«
    »Ich stehe in Ihrer Schuld, Capitaine Lacrosse. Ich hoffe, dass wir uns nicht mehr als Feinde gegenüberstehen, wenn wir uns das nächste Mal sehen, Monsieur .«
    »Das hoffe ich auch, Capitaine Hayden.« Plötzlich sah er Hayden eigenartig an. »Sie haben keinen Mantel, Capitaine ?«
    »Ich habe ihn verloren.«
    »Dann nehmen Sie meinen.« Ehe Hayden etwas dagegen einwenden konnte, zog Lacrosse seinen Mantel aus und reichte ihn Hayden. »Keine Widerrede, Monsieur . Es wird heute Nacht kalt sein auf dem Schiff. Bon voyage .«
    Lacrosse bedankte sich noch bei allen britischen Seeleuten, insbesondere bei Barthe und Wickham, und verabschiedete sich, mit ehrlicher Anerkennung. Hayden und seine Crewmitglieder stiegen in das Boot und nahmen die ihnen zugewiesenen Plätze ein, doch als das Boot ablegen sollte, erschallte ein Ruf vom Dock.
    Hayden suchte Hawthornes Blick.
    »Haben die es sich anders überlegt?«, fragte er den Leutnant der Seesoldaten.
    »Ich habe keine Ahnung, Sir.«
    Drei Wachen eilten über das Dock und brachten einen Mann zum Boot.
    »Ah, gerade noch rechtzeitig!«, rief Lacrosse.
    Der Gefangene war niemand anders als Rosseau – Haydens Koch!
    Als Lacrosse dem kleinen Franzosen eine Hand auf die Schulter legte, sah es für einen Moment so aus, als fiele Rosseau vor Angst in Ohnmacht. »Dieses Mitglied Ihrer Crew hielten wir irrtümlich für einen Franzosen, da er unsere Sprache so gut beherrscht wie Sie, Capitaine Hayden. Aber er beteuert, er sei Engländer.«
    Man nahm Rosseau die Fesseln ab und brachte ihn ins Boot, da er zu schwach oder verängstigt war, die wenigen Schritte allein zu bewältigen.
    Lacrosse salutierte zum Abschied, als das Boot ablegte und die Rade de Brest überquerte.
    Rosseau hatte die Hände vors Gesicht geschlagen und sog zittrig die Luft ein.
    Wickham legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Sie sind in Sicherheit. Nur Mut!«
    »Ich war – schon auf dem Weg zu Guillotine …«, stieß er hervor.
    »Um Gottes willen, Mann«, wisperte Wickham, »nicht davon sprechen!«

K APITEL SECHZEHN
    »Du bist heute Abend so

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