Zu feindlichen Ufern - [3]
austragen, aber du bist Zivilist, und selbst wenn du überlebst, könnte man dich rechtlich belangen.«
»Das würde mich nicht davon abhalten, denn es ist unwahrscheinlich, dass Anklage erhoben wird, sobald ein Offizier involviert ist.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher …«
Beacher nahm einen Knochen vom Tisch und drehte ihn in der Hand. »Du bist nicht unmittelbar betroffen, Wilder, und hast als Freund das Recht, mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ich möchte nicht, dass Henrietta diesen Mann trifft. Als ihr zukünftiger Ehemann habe ich das Recht, ihr den Umgang mit dem Kapitän zu verbieten. Siehst du das nicht auch so?«
Inzwischen hatte auch Wilder wahllos einen Knochen genommen und betrachtete ihn. »Ich habe mich, wie du weißt, des Öfteren ausgiebig mit Miss Cassandra unterhalten, und eines ist mir bewusst geworden. Die Carthew-Schwestern verbindet der Wunsch, niemals einen Tyrannen zu heiraten …«
»Aber, Frank, wenn sie mit diesem Mann spricht – dann bin ich verloren, ganz sicher.«
»Ich glaube nicht, dass es deinem Heiratsantrag zugute kommt, wenn du Henrietta jeglichen Umgang mit dem Kapitän verbietest. Im Gegenteil, wenn sie mit ihm spricht und sich dann für dich entscheidet, kannst du den Rest deines Lebens darauf bauen, dass Henrietta Carthew dich wollte und sich eben nicht nur auf dich eingelassen hat, weil der wahre Mann ihres Herzens tot war.«
»Leichter gesagt als getan. Aber wenn sie sich nun doch für den Marineoffizier entscheidet …?«
»Dann wirst du wohl dieses Haus verlassen müssen, mein Freund, und ein Leben führen, in dem keine Henrietta Carthew mehr vorkommt.«
»Also, ich denke, ihr solltet ihr auf jeden Fall verbieten, diesen Marineoffizier zu treffen«, meinte Cassandra und schaute sich im Kreise der Familie um. »Unbedingt.«
Mr Carthew nickte zustimmend, doch Penelope zupfte nur an einem Faden ihres Rocks herum.
»Ich meine, sie sollte mit ihm sprechen«, sagte sie schließlich. »Ganz bestimmt, denn sonst weiß sie nicht, was ihr Herz ihr in dieser Angelegenheit rät.« Sie schaute auf und blickte in missbilligende Mienen. »Wieso, ihr wisst doch alle, dass sie Franks Antrag nur angenommen hat, weil sie großen Kummer litt. Sie wollte einen Mann, der sie nicht betrügt. Ihr wisst, dass es stimmt. Sosehr ihr euch auch wünscht, dass Henri Mr Beacher heiratet, sie hat nur eingewilligt, weil sie in so schlechter Verfassung war. Wäre sie ganz sie selbst gewesen, hätte sie nie Ja gesagt.«
»Vielleicht redest du dir die Sache nur schön und wünschst, es wäre so«, bemerkte Cassandra spitz.
»Meine eigenen Gefühle spielen hierbei keine Rolle – so hat es mir ja zu Beginn jeder von euch klargemacht.«
Anne räusperte sich. »Ich bin der Meinung, dass das allein Henriettas Entscheidung ist. Ich möchte allen Anwesenden eine Sache in Erinnerung rufen: Ehe die falschen Berichte, Kapitän Hayden habe geheiratet, eintrafen, hielten Elizabeth, Kapitän Hertle und natürlich Henrietta große Stücke auf Kapitän Hayden. Sosehr wir alle Frank Beacher achten, es gibt keinen Grund zu der Annahme, dass Henrietta mit Kapitän Hayden nicht glücklich wäre. Ich sage, mischt euch da nicht ein. Es sind weder unsere Herzen noch unsere Zukunft, die in der Schwebe hängen.«
»Aber da wäre noch die Frage des Anstands«, beharrte Mr Carthew. »Henrietta hat Frank Beachers Antrag angenommen und sollte sich dementsprechend verhalten. Und daher denke ich, dass sie keinen Umgang mehr mit ihrem ehemaligen Freier haben sollte – das schickt sich nicht.«
»Dann sollte sie sich klipp und klar von Frank lossagen«, ließ Penelope die anderen wissen, »damit nichts sie in ihrem Handeln behindert.«
Mr Carthew schien mit der Bemerkung seiner Tochter gar nicht zufrieden zu sein. »Ich glaube nicht, dass Henrietta ihr Glück in einer Verbindung mit Kapitän Hayden findet.«
»Vielleicht ist Glück nicht Henriettas einziger Antrieb«, meldete sich Anne wieder zu Wort. »Sie wird euch womöglich sagen, dass ihr andere Dinge wichtiger sind.«
»Das klingt ja sehr schwärmerisch«, antwortete Mr Carthew und machte keine Anstalten, sein Missfallen zu verbergen. »Alles schön und gut, wenn man unter zwanzig ist, aber danach ist es nur noch hinderlich.«
»Als wäre er auferstanden von den Toten.« Henrietta lag auf dem Diwan. Nur ihre Mutter und ihre Cousine waren zugegen. »Was sagt man einem Mann, der auf unbekannten Pfaden aus der Unterwelt zurückgekehrt ist? Ich wusste
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