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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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erschrocken ich bin, wenn ich sehe, in welcher Verfassung er ist. Und dann diese ganze verfahrene Situation! Er hat wahrlich Besseres verdient, nach allem, was er durchgemacht hat. Ich hätte mir für ihn gewünscht, dass er die Frau, die er zu heiraten gedenkt, voller Freude in die Arme schließt und bei ihrer Familie und seinen Freunden willkommen ist. Stattdessen erfährt er bei seiner Rückkehr, dass seine Zukünftige einem anderen versprochen ist, sein Name in den Dreck gezogen wurde und seine finanzielle Lage mehr als angespannt ist.«
    »Wird er es schaffen, Liebster?«
    »Er ist immer noch Charles Hayden, Elizabeth. Zugegeben, er ist sehr viel stiller als sonst und gesundheitlich angeschlagen, aber in ihm schlägt noch sein altes Herz, glaube mir.«
    »Denkst du, dass er Henri sehr zürnt? Sie macht sich deswegen große Sorgen.«
    Robert dachte einen Moment nach. »Ich glaube nicht. Er ist wütend auf Beacher, wie nicht anders zu erwarten. Aber selbst in diesem Punkt sieht er ein, dass Mr Beacher sich nicht unehrenhaft benommen hat.«
    »Charles wird doch wohl hoffentlich nicht überstürzt handeln, was Beacher betrifft, oder?«
    »Ich habe ihn gewarnt und ihm die Konsequenzen dargelegt, und ich bin mir sicher, dass er verstanden hat, wie ich es meine.«
    »Du bist ihm ein guter Freund, Robert«, hob sie anerkennend hervor, »und bleibst fair Frank Beacher gegenüber.«
    Sie schwiegen eine Weile. »Eine Sache fand ich seltsam in meinem Gespräch mit Charles – ich habe ihm angeboten, einen Brief für Henrietta mitzunehmen, weil ich es unter den gegebenen Umständen für klug hielt, sich schriftlich an sie zu wenden. Aber er hat abgelehnt. Er lässt die Gelegenheit ungenutzt, Henri seine Gefühle darzulegen, ausgerechnet in einer Situation, in der Henri sich zwischen ihm und Beacher entscheiden muss!«
    »Er ist noch nicht wieder ganz der alte Charles. Früher hätte er eine solche Gelegenheit nicht verstreichen lassen.«
    »Das dachte ich auch. Als wir uns verabschiedeten, sagte ich ihm, es sei meine größte Hoffnung, dass Henrietta sich für ihn entscheidet. Und weißt du, was er mir da gesagt hat? Er sei ihrer unwürdig!«
    »Es kann nur daran liegen, dass er sich noch nicht von den schrecklichen Erlebnissen erholt hat. In ein paar Wochen wird er ganz anders über alles denken und entsprechend handeln.«
    »Da hast du recht.«
    »Henri liegt jetzt sicher in ihrem Bett und kann nicht schlafen, weil sie zwei Männer in den Waagschalen hat. Dass Charles im Augenblick so mitgenommen aussieht, wirkt sich gewiss nicht zu seinen Gunsten aus. Hätte er seine Gefühle in einem Brief zum Ausdruck gebracht, wäre Henri sicher bereit, ihm eine Chance zu geben. Warum, um alles in der Welt, will er ihr nicht schreiben?«

K APITEL ACHTZEHN
    Im Gegensatz zu manch einem in Box Hill lag Mr Wilder nicht die ganze Nacht wach, sondern schlief den tiefen, sorgenfreien Schlaf eines jungen Mannes, der sich gewiss noch keine Sorgen darüber machte, ob die kommenden Jahre weiterhin ruhig und beschaulich bleiben würden. Umso unvermuteter wurde er in seiner Nachtruhe gestört, als jemand in der Frühe heftig an seine Zimmertür pochte. Während er sich noch im Bett die Augen rieb, hörte er die gedämpfte Stimme einer Frau, die ganz aufgeregt zu sein schien.
    Schwerfällig stand er auf, stolperte zur Tür und öffnete sie einen Spalt breit. Vor seinem Zimmer stand Penelope, atemlos und verzweifelt. Ihre Wangen waren vor Aufregung ganz rot.
    »Er hat sie mitgenommen!«, rief sie. »Hat sie mitgenommen und ist losgeritten.«
    »Wer hat hier wen mitgenommen?«, fragte Wilder verwirrt.
    »Frank! Er hat Vaters Pistolen mitgenommen und ist ins Dorf geritten!«
    Wortlos schlug Wilder der jungen Frau die Tür vor der Nase zu. Dann schlüpfte er in das erstbeste Hemd, das er zur Hand hatte. Unterdessen hämmerte Penelope weiter gegen seine Tür, bis Wilder das Zimmer verließ, auf einem Bein hüpfend, weil er die Breeches nicht so schnell anziehen konnte.
    »Sind Sie sicher, Miss Penelope? Hat er Pistolen bei sich?«
    »Und Kugeln und Pulver. Die Schatulle in Vaters Arbeitszimmer ist leer.« Sie zeigte zum Fenster. »Ich habe gesehen, wie er über die Allee geritten ist, in Richtung der Abteiruine. Und dieser Weg führt ins Dorf, das wissen Sie doch auch!«
    »Was für ein verdammter Narr!«, fluchte er vor sich hin. Zu Penelope gewandt, sagte er: »Ich sattle ein Pferd und reite über die Straße ins Dorf. Das ist schneller. Ist Kapitän

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