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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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jedenfalls nicht, was ich sagen, geschweige denn tun sollte – daher benahm ich mich gewiss unangemessen.«
    »Du solltest ihm einen Brief schreiben, Henrietta«, schlug Mrs Carthew vor, »und ihm mitteilen, was sich ereignet hat. Sag ihm unumwunden, dass ein anderer um deine Hand angehalten hat und dass du Ja gesagt hast.«
    »Wenn die Lösung doch so einfach wäre!«, entfuhr es Henrietta. Sie schielte zu ihrer Cousine, um einschätzen zu können, wie Elizabeth auf Mrs Carthews Rat reagierte.
    »Was ist daran so schwierig?«, hakte ihre Mutter nach. »Mr Beacher hat um deine Hand angehalten, und du hast eingewilligt, seine Frau zu werden. Warte, ich hole Tinte und Papier.«
    »Nein!«, rief Henrietta, richtete sich von dem Diwan auf und schwang ihre Beine über die Kante.
    »Aber Kind, du hast doch nicht ernsthaft vor, dein Versprechen rückgängig zu machen, das du Frank Beacher gegeben hast – oder?«, forschte ihre Mutter nach.
    »Und was ist mit meinem Versprechen, das ich Charles Hayden gab?«
    »Mir ist nicht bekannt, dass er je um deine Hand angehalten hat, meine Liebe. Das höre ich zum ersten Mal. Hat er dich je gefragt, seine Frau zu werden?«
    »Nein, aber wir hatten eine Absprache getroffen – in unseren Briefen – dass er mich nach seiner Rückkehr fragt, und ich dann Ja sage. Und zwar unmissverständlich.«
    »Er hat dir also wirklich geschrieben, dass er um deine Hand anhalten wird?«
    »Das waren – nicht exakt seine Worte, aber uns beiden war klar, dass es nur eine Frage der Zeit war. Es gab in dieser Hinsicht keine Zweifel …«
    »Wenn jemand Unparteiischer diese Briefe lesen würde, würde er oder sie dann auch zu diesem Eindruck gelangen? Oder könnte es nicht vielmehr sein, dass dies nur ein Wunsch deinerseits war?«
    »Mutter! Bist du jetzt Anwältin geworden? Kapitän Hayden und ich, wir hatten eine Vereinbarung, ob es nun klar und deutlich ausgesprochen wurde oder nicht. Wären da nicht diese verleumderischen und betrügerischen Französinnen gewesen, wären wir schon längst glücklich zusammen und ich wäre die zukünftige Mrs Hayden.«
    Mrs Carthew blickte sehr missbilligend drein. »Dann wirst du also dein Versprechen zurücknehmen?«
    Henrietta spürte, wie ihr ganz elend zumute wurde. »Ich weiß doch auch nicht, was ich tun soll. Ich brauche noch etwas Zeit. Das wäre doch kein unangemessener Wunsch, angesichts dieser Ereignisse – oder nicht, Mutter?«
    »Ja, sicher, du brauchst Zeit zum Nachdenken, meine Liebe.« Elizabeth tätschelte ihr aufmunternd die Hand. »Es war nicht deine Absicht und nicht dein Fehler, dass du dich auf zwei Gentlemen eingelassen hast. In einer derart verfahrenen Situation würde dir nicht einmal ein Buch der Etikette weiterhelfen.«
    »Ich muss dir widersprechen, Nichte.« Mrs Carthew erhob sich von ihrem Stuhl und schaute auf ihre Tochter und auf Elizabeth hinab. »Mr Beacher hat um Henriettas Hand angehalten, und Henrietta hat den Antrag angenommen. Kapitän Hayden mag die Absicht gehabt haben, Henrietta einen Antrag zu machen – wir wissen es nicht. Ich sage zu der ganzen Sache nur dies: Vergiss nicht, wie verzweifelt du warst, als du erfuhrst, Kapitän Hayden sei gestorben. Wenn du eines Tages wieder eine solche Schreckensnachricht erhältst, dann wird sie sehr wahrscheinlich stimmen. Und was ist dann mit Frank Beacher? Er wird eine andere geheiratet haben.« Mit diesen Worten ging sie aus dem Raum und ließ sowohl ihre Tochter als auch ihre Nichte sprachlos zurück.
    »Jetzt siehst du, in was für einem Dilemma ich stecke, oder, Elizabeth?«, fragte Henrietta mit dünner Stimme.
    »Voll und ganz, und wie deine Entscheidung auch immer ausfallen mag, du wirst einen der beiden Gentlemen verletzen. Mach dir nichts vor, entweder Mr Beacher oder Kapitän Hayden werden enttäuscht sein. Du musst eine Entscheidung treffen, mit der du glücklich wirst.«
    Henriettas Laune sank nur noch weiter. Kein Zweifel, Lizzie hatte recht. Doch die Vorstellung, entweder Frank oder Charles vor den Kopf zu stoßen, löste eine solche Verzweiflung in ihr aus, dass sie es kaum noch ertragen konnte. »Denkst du, Mama hat recht? Ich habe zugestimmt, Frank Beachers Frau zu werden – aber ich ging ja davon aus, Charles habe sein Leben auf See verloren …«
    »Ein furchtbares Durcheinander, Henri. Das Schlimmste daran ist, dass nur du allein die Entscheidung treffen kannst, die getroffen werden muss. Weder Mr Beacher noch Charles werden das Feld freiwillig

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