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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Hertle schon wach?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Wecken Sie ihn bitte. Ich reite auf direktem Weg zur Schänke und hindere Beacher daran, ins Haus zu gehen. In der Zwischenzeit könnte Kapitän Hertle ja vielleicht Beacher über die Allee folgen …«
    »Ich sage es ihm …«, rief sie und eilte davon.
    Wilder rannte zu den Stallungen, sattelte ein Pferd und führte den Hengst gerade ins Freie, als Kapitän Hertle aus dem Haus stürzte und seinen Mantel noch nicht ganz angezogen hatte. »Sie reiten zur Schänke, Mr Wilder?«
    »Ja. Über die Hauptstraße. Werden Sie den Weg nehmen, den Beacher nahm? Penelope hat gesehen, dass er über die Allee in Richtung der Ruinen geritten ist.«
    »Das mache ich. Schonen Sie Ihr Pferd nicht, Mr Wilder. Selbst in seinem schwachen Zustand ist Charles in der Lage, Mr Beacher zu töten. Furcht wird ihn jedenfalls nicht daran hindern.«
    Wilder schwang sich in den Sattel, galoppierte davon und hoffte, die Schänke vor Beacher zu erreichen, um seinen Freund noch rechtzeitig aufhalten zu können. Die Straße war in der Frühe leer, nur hier und da gingen die Landarbeiter auf die Felder. Einige Fuhrwerke transportierten Holz oder Wolle.
    Die Stille und Erhabenheit des Morgens entgingen Wilder, der seinen Hengst antrieb und nach drei Meilen in gestrecktem Galopp die Schänke erreichte. Das Pferd blähte die Nüstern, hatte Schaum vorm Maul und schweißglänzendes Fell. Wilder überließ die Zügel einem Stallburschen, der den Reiter mit missbilligenden Blicken strafte, weil es sich nicht gehörte, ein Tier derart zu strapazieren.
    Doch Wilder hatte keine Zeit für Erklärungen und eilte in die Schänke. In der Schankstube war niemand, nur an einem Tisch saß ein Marineoffizier und nahm die Frühmahlzeit ein. Sofort trat Wilder an den Tisch des Mannes.
    »Kapitän Hayden?«
    Der Mann schaute auf.
    »Ich bin Henry Wilder, der Freund von Frank Beacher.«
    »Ah«, sagte der Marineoffizier und erhob sich. »Ich hatte mich schon gefragt, ob Mr Beacher einen Freund bitten würde, mit mir zu sprechen …«
    »Nein, Sir, darum geht es nicht. Sehen Sie, ich fürchte, mein Freund ist auf dem Weg zu Ihnen, und ich habe die Absicht, ihn aufzuhalten, ehe er eine große Dummheit begeht.«
    »Sehr lobenswert von Ihnen, Mr Wilder. Möchten Sie sich vielleicht zu mir setzen?«
    »Danke, Sir.« Wilder nahm Hayden gegenüber Platz.
    »Haben Sie schon gefrühstückt?«
    »Nein, ich hatte kaum Zeit, mich richtig anzuziehen.«
    »Dann lassen Sie mich noch ein wenig bestellen. Also, was denken Sie, warum möchte Mr Beacher mich hier aufsuchen?«
    »Um ehrlich zu sein, Sir, er ist heute in der Früh von Box Hill losgeritten und hat zwei Pistolen dabei, die Mr Carthew gehören.«
    »Dann ist es ratsam, ihn daran zu hindern, die Pistolen einzusetzen, Mr Wilder. Glauben Sie mir, wenn Mr Beacher mich zum Duell fordert, muss ich der Aufforderung Folge leisten, aber es wäre nicht mein Wunsch. Auf einen Freund der Familie Carthew schießen zu müssen, auch wenn ich Grund habe, ihm zu zürnen, wäre mir höchst unwillkommen. Aber ich bin Offizier der Navy, Sir, und als solcher verpflichtet, eine Herausforderung anzunehmen. So sehen es die Statuten der Marine vor. Ich ziehe es vor, nicht in eine derartige Situation zu geraten, denn sosehr ich mir auch wünsche, abzulehnen, es würde mir schwerfallen. Verstehen Sie das?«
    »Vollkommen. Und genau deshalb habe ich mein Pferd auf dem Weg hierher über Gebühr strapaziert.«
    »Behalten wir die Straße durch das Fenster dort im Auge, während wir essen. Ich schlage vor, dass Sie, sobald wir Ihren Freund sehen, nach draußen gehen und versuchen, ihn von seinem Vorhaben abzubringen.«
    »Einverstanden. Er müsste erst mich niederschießen, um überhaupt Zugang zur Schänke zu bekommen, Kapitän Hayden.«
    »Damit, Mr Wilder«, sagte Hayden und unterdrückte ein Lächeln, »würden Sie es mit Ihrem Freundschaftsdienst ein wenig übertreiben.«
    Robert Hertle saß vornübergebeugt im Sattel und jagte auf seinem Pferd über die schmale Allee. Er musste sich eingestehen, dass er in früheren Zeiten ein besserer Reiter gewesen war. Aber während der Jahre auf See war er aus der Übung gekommen, bis er nicht mehr recht wusste, ob er sich überhaupt noch als Reiter bezeichnen durfte.
    Das Gras war noch feucht vom Tau, Spinnennetze glitzerten auf den höchsten Halmen. Vögel flatterten von einem Busch zum anderen und erfüllten die Luft mit ihrem morgendlichen Gesang. Als Robert sich

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