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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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möglichst nicht erleichtert zu klingen. »Also, Mr Archer, müssen wir unsere Geschütze anderweitig zum Einsatz bringen. Verschaffen wir uns einen Überblick. Dann sehen wir, welches britische Schiff am ehesten unsere Hilfe benötigt.«
    Gemeinsam mit Archer und Gould stieg Hayden hinauf aufs Poopdeck. Von dort oben konnte man sehen, dass es keinen Schwerpunkt der Gefechte gab. Nichts erinnerte mehr an die Linienformation, in der sich anfangs beide Flotten gegenübergelegen hatten. Ringsherum tobten Gefechte auf der leicht wogenden See, zumeist zwischen zwei oder drei Schiffen. Nur wenige Schiffe, wie die Raisonnable im Augenblick, hatten gerade keinen direkten Gegner und suchten das Gefecht. Andere wiederum dümpelten in den Wellen, hatten keine Masten mehr oder krängten bedrohlich. Die Geschütze schwiegen.
    Hayden beobachtete das französische Flaggschiff durch sein Fernrohr und sah, dass die Montagne nach und nach ein kleines Geschwader um sich scharte. Unterdessen war die Queen Charlotte in ein neues Gefecht verwickelt, offenbar mit einem 80-Kanonen-Schiff.
    »Sollen wir Seiner Lordschaft zu Hilfe eilen, Sir?«, fragte Archer.
    »Ich glaube, andere benötigen dringendere Hilfe.« Hayden zeigte achteraus. Er würde nicht vor einer neuen Konfrontation zurückschrecken, wusste aber auch, dass der Kampf mit einem weiteren Linienschiff – Breitseite gegen Breitseite – das Ende der Raisonnable bedeuten würde. Noch reagierte das Ruder, aber das Schiff war schwer angeschlagen. Viele Männer waren tot oder verwundet, manch ein Geschütz wurde nicht mehr von den Brooktauen gehalten oder war von seiner Lafette gestürzt.
    »Sir?«, rief Gould nervös. »Kapitän …?«
    Hayden schaute zur Heckreling, wo der Midshipman stand und aufs Wasser starrte.
    »Halten diese französischen Schiffe dort auf uns zu?«
    Archer erschrak sichtlich und schaute in die Richtung, in die der Junge zeigte. »Wo, zum Teufel, kommen die plötzlich her?«
    Sekunden später standen sie zu dritt nebeneinander an der Heckreling. Hayden sah zwei Linienschiffe – Vierundsiebziger, wie es schien –, die offenbar Kurs auf die Raisonnable gesetzt hatten. Kein Zweifel, denn eines der Schiffe feuerte bereits ein Buggeschütz ab. Die Kreuzrah krachte aufs Deck, und zwar genau an der Stelle, an der Hayden und Archer eben noch gestanden hatten.
    »Wir müssen Fahrt aufnehmen und fliehen«, sagte Hayden zu seinem Ersten Leutnant. »Das ist unsere einzige Hoffnung.«
    Archer eilte zu der zertrümmerten Reling und kletterte über die Kreuzrah samt Geschirr. »Mr Barthe! Männer an Deck! Alle verfügbaren Segel setzen! Steuermann, bringen Sie uns platt vor den Wind.«
    Matrosen quollen aus den Niedergängen, die zum Batteriedeck führten. Die zuvor gerefften, noch intakten Segel wurden gesetzt, das Großsegel über die Großbrassen gedreht. Hayden verfolgte die Handgriffe der Männer mit bangen Blicken und hoffte, dass das Rigg hielt. Doch wie durch ein Wunder hielten Wanten, Pardunen und Fallen, sodass die Raisonnable langsam mit dem Wind fuhr. Die aufschließenden Vierundsiebziger ließen Hayden keine andere Wahl.
    Einer der Rudergänger verließ seinen Posten unter dem Vordach des Poopdecks und suchte offenbar Archer, der jedoch Richtung Bug unterwegs war. Schnell hatte der Mann Hayden erblickt.
    »Sir, ein Franzose ohne Masten unmittelbar voraus. Sollen wir Steuerbord oder Backbord an ihm vorbei?«
    Hayden schaute zurück zu den unmittelbaren Verfolgern und schätzte deren Geschwindigkeit, dann die des eigenen Schiffes. Beide Franzosen hatten die Rahen inzwischen so gedreht, dass achterlicher Wind die Segel füllte. Sie mochten etwa sechzig Yards voneinander entfernt sein. Er wandte sich wieder an den Steuermann.
    »Backbord vorbei«, befahl er. »Wo ist Mr Archer?«
    »Auf der Laufbrücke an Steuerbord, Sir.«
    Hayden legte seinem Midshipman eine Hand auf die Schulter. »Mr Gould, gehen Sie zu Mr Archer und sagen Sie ihm, dass ich zwanzig Mann auf dem Poopdeck brauche, sobald die Segel vollgebrasst sind.«
    Der Midshipman tippte an seinen Hut und stieg so hastig über die herabgestürzte Rah, dass er die Leiter fast nach unten fiel, sich aber eben noch festhalten konnte. Hayden fand eine Axt an Deck und begann, Leinen und Fallen der Kreuzrah wegzuschlagen, aber nicht alle. Unterdessen kamen Archer und zwei Dutzend Mann aufs Poopdeck, als Hayden gerade eine Leine aus dem Gewirr zog.
    Diese Leine drückte er einem der Matrosen in die Hand und sagte:

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