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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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versuchte mit aller Kraft, den Kurs beizubehalten, um den Vierundsiebziger auszumanövrieren. Derweil ließ Mr Barthe die Kreuzschoten fliegen.
    Der Heckspiegel des Franzosen wurde regelrecht zertrümmert, und Hayden malte sich die Verwüstung unter Deck aus.
    Schließlich überließ er das Steuerrad wieder ganz den Rudergängern. »Weiter auf Kurs bleiben«, wies er die Männer rund um Bullfinch an, ehe er weiter nach vorn ging, um besser sehen zu können, was geschehen war. Schnell hatte er sich einen Überblick verschafft und erkannte, dass die beiden Franzosen zusammenzustoßen drohten. Der Verfolger, der bislang im Kielwasser der Raisonnable gewesen war, setzte nun alles daran, einer Kollision zu entgehen.
    Dann war die Raisonnable am Heck des Feindes vorbei. Großmast und Kreuzmast des Vierundsiebzigers neigten sich leicht leewärts.
    »In den Wind luven, Bullfinch, so weit, dass die Segel killen!« Zu den Männern auf dem Quarterdeck gewandt, rief er: »Kreuzschoten dichtholen! Wir gehen hart in den Wind!«
    Hayden stieg wieder aufs Poopdeck und schaute sich um. Hier und dort waren Schiffe in Gefechte verwickelt, viele trieben ohne Masten oder krängten gefährlich im Wellengang. Weiter westlich schienen einige Schiffe zu versuchen, eine neue Linienformation einzunehmen. Hayden ließ sich das Fernrohr reichen und richtete es auf diese Schiffe.
    »Mr Archer!«, rief er.
    »Sir?« Der Leutnant war eben erst aufs Quarterdeck zurückgeeilt.
    Hayden spürte, dass sein Arm fast steif und unbeweglich war, als er in Richtung der Schiffe zeigte. »Die Franzosen formieren sich dort drüben. Sehen Sie das?«
    Archer hatte zunächst kein Fernrohr zur Hand, erwiderte aber schließlich: »Das ist deren Flaggschiff, Kapitän. Sie hisst Signalflaggen.« Der Leutnant erklomm die Stufen zum Poopdeck.
    Andere französische Schiffe richteten ihren jeweiligen Kurs neu aus, um sich dem Flaggschiff des Admirals anzuschließen.
    »Was haben die bloß vor?«, sinnierte Archer.
    »Sie werden gewiss vor dem Wind drehen und aufs Neue das Gefecht suchen.« Rasch hatte Hayden die feindlichen Schiffe in der Linienformation gezählt und berücksichtigte auch diejenigen, die langsam aufschlossen. »Elf Schiffe in Linienformation, Mr Archer.« Dann suchte er inmitten der Gefechte nach dem britischen Flaggschiff und fürchtete schon, die Queen Charlotte irgendwo manövrierunfähig zu entdecken. Doch dann erblickte er sie, genau in dem Augenblick, als die britischen Signalflaggen aufstiegen.
    »Mr Gould? Ah, da sind Sie ja.« Hayden drückte dem Midshipman das Fernrohr in die Hand. »Können Sie die Signale des Admirals sehen?«
    Der junge Mann brauchte nur einen Moment, um im Bilde zu sein. »›Linie bilden‹, Sir, ›im Kielwasser des Flaggschiffs‹.«
    »Mr Archer, wir behalten diesen Kurs bei, bis wir wissen, wie die Absichten des Admirals aussehen. Über Stag gehen können wir nicht, unser Rigg würde das nicht aushalten. Aber wenn es sein muss, drehen wir vor dem Wind, um uns der Linie anzuschließen.«
    »Aye, Sir.«
    Gemeinsam beobachteten sie, wie einige britische Schiffe den Kurs wechselten und auf die Queen Charlotte zusteuerten.
    »Waren Sie schon unten auf den Batteriedecks, Mr Archer?«
    »Nein, Kapitän, noch nicht.«
    »Irgendeine Vorstellung, wie hoch die Verluste sind?«
    »Es werden nicht wenige sein, Sir. Die Achille hat großen Schaden angerichtet, und bei unserem letzten Gefecht mussten wir weitere Treffer hinnehmen.«
    Hayden schwieg einen Moment lang. »Haben wir viel Wasser in der Bilge?«
    »Der Schiffszimmermann meldet, dass wir keine Treffer unterhalb der Wasserlinie hatten, Sir.«
    »Also auch ein bisschen Glück am heutigen Tag«, meinte Hayden und nickte.
    »Glück und Pech liegen heute dicht beieinander, Sir.«
    »Ich habe schon erlebt, dass das Schicksal über alle Maßen zugeschlagen hat, Mr Archer. Da bin ich schon zufrieden, wenn sich Glück und Pech in etwa die Waage halten. Besonders an einem Tag wie diesem.«
    »Da haben Sie recht, Sir. Pech kann wie hartnäckiges Fieber sein – sobald es seine Krallen in einen geschlagen hat, kehrt es wieder und immer wieder zurück. Nur wenige sind in der Lage, diese Geißel abzuschütteln.«
    Hayden gefiel diese Diagnose nicht, hatte er doch unlängst genug Schicksalsschläge einstecken müssen – mehr als man ertragen konnte, wie er oft dachte.
    Über die Wasserflächen donnerte immer noch der Widerhall der Kanonen, und die Rauchschwaden, die dicht über dem Meer

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