Zu feindlichen Ufern - [3]
Schiffszimmermann.
»Gut gemacht, Mr Chettle.«
Ein dumpfes Donnern aus der Ferne ließ alle Männer verstummen. Ein Geschütz war abgefeuert worden.
Hayden kletterte schnell an Deck und gab sich Mühe, Ruhe auszustrahlen. An der Heckreling traf er auf seine Offiziere, die das neue Schiff beobachteten, das in dem starken Regen nur schwer zu erkennen war.
»Da sind Sie ja, Sir«, sagte Archer, als Hayden zu den Männern trat. »Wir haben eben Hobson losgeschickt, um Sie zu suchen. Wie es scheint, hat der Franzose leewärts Grund zu der Annahme, dass es sich bei diesem neuen Schiff auch um einen Franzosen handelt. Die Fregatte hat soeben ihre Flagge gehisst und eine ganze Reihe Signale hinter den Segeln gesetzt. Ein Geschütz wurde abgefeuert, Sir.«
»Und, hat das andere Schiff geantwortet?«
»Das können wir nicht mit Sicherheit sagen, Kapitän.« Archer reichte Hayden das Fernrohr.
Das Fernrohr des Leutnants war teilweise beschlagen – was häufig vorkam – und dadurch wirkte das Schiff in der Ferne noch verschleierter. Daher verlangte Hayden nach seinem eigenen Fernrohr, das man ihm aus der Kajüte an Deck brachte. Sofort richtete er es auf den Verfolger, der selbst in dem Rund des Glases noch klein aussah. Sie fuhren Sturmbesegelung – aber waren das dort Signalflaggen hinter den Marssegeln?
Er ließ das Glas sinken. »Wo ist Mr Wickham?«
»In der Takelage, Sir.«
Hayden reckte den Hals und hielt den Hut mit einer Hand fest. »Mr Wickham! Können Sie eine Flagge an diesem Schiff erkennen?«
Wickham beugte sich weit vor, als er rief: »Kann ich nicht, Sir, aber mir scheint, dass sie dort die Signale von der Fregatte beantworten, Kapitän. Es kann eigentlich nur ein Franzose sein.«
Hayden drehte sich noch einmal um und fand das Schiff wieder in seinem Fernrohr. »Die haben nicht so schnell aufgeholt, wie Wickham es vorausgesagt hat«, stellte er fest.
»In der Tat, Sir«, antwortete Archer. »Wir glauben, dass denen die Großsegelgeitaue gerissen sind. Wir sahen, wie sie durch die Luft schlugen, und dann hatten sie alle Mühe, sie zu beschlagen. Das hat Zeit gekostet.«
Auch wenn das eine gute Nachricht war, so führte sie Hayden nur vor Augen, wie prekär die Situation der Themis war. Daher hoffte er, dass sie nicht gezwungen sein würden, das eigene Großsegel zu setzen.
»Wenn Sie einer der französischen Kapitäne wären, Mr Archer, was würden Sie dann tun?«
»Ich, Sir? Ich würde aufschließen und das Feuer eröffnen, Kapitän. In diesen Gewässern sind britische Kreuzer. Daher würde ich versuchen, meine Prise zu bekommen, ehe sie gerettet wird. Verflucht sei dieses Wetter. Deckgeschütze können abgefeuert werden. Ja, ich würde alles dransetzen, ein Gefecht zu wagen.«
»Genau das würde auch ich tun. Und da sie jetzt zu dritt sind, werden sie es gewiss versuchen.«
»Und wir, Sir? Was sollen wir machen?«
»Wir müssen zusehen, dass wir sie uns bis zum Einbruch der Dunkelheit vom Leib halten. Bis dahin haben wir genug Seeraum, um zu manövrieren. Hoffen wir also, dass dieser Sturm anhält oder sogar noch auffrischt.«
»Ich werde mal mit Mr Smosh darüber sprechen, den Wind zu beleben, Sir. Er hat nämlich Einfluss bei den höchsten Stellen, wie man mir erklärte.«
»Sehr unternehmungslustig von Ihnen, Mr Archer.«
»Danke, Sir. Ich werde es wirklich tun.«
Eine halbe Stunde später erschien Wickham an Deck. Sein Ölzeug war tropfnass, sein Fernrohr hatte er halb in den Falten seines Uniformrocks geschützt.
»Sind Sie immer noch davon überzeugt, dass es eine Korvette ist, Mr Wickham?«
»Ja, Sir.«
»Was meinen Sie, können die uns bis zum Einbruch der Dunkelheit einholen?«
»Das Schiff luvwärts könnte es schaffen, Sir. Sie dürfte die bessere Neigung haben, wenn sie hinter uns ist. Die Schiffe leewärts – die werden uns erst dann einholen, wenn uns das Schiff luvwärts zwingt, langsamer zu werden.«
»Sie nehmen mir die Worte aus dem Mund, Mr Wickham. Holen Sie Mr Barthe und Mr Archer, wenn ich bitten darf. Ich brauche die Meinung meiner Offiziere in einer speziellen Angelegenheit.«
»Aye, Sir.«
Wickham, halb erfroren von seinem Einsatz im Topp, ging steif davon. Hayden trat an die Reling luvwärts, hielt sich an den Kreuz-Bramwanten fest, beugte sich vor und schaute auf die Deckoberkante. Seine Offiziere scharten sich um ihn.
»Meine Herren, ich frage mich gerade, ob wir in den Wind luven können, wenn das Schiff luvwärts näher kommt. Natürlich nicht so
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