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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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und dicht beieinander, wie es im Ärmelkanal häufig anzutreffen war. Haydens Crew hätte wenig Zeit zwischen zwei Kämmen.
    »Mr Hawthorne …«, sprach er, wendete den Blick aber nicht von dem Franzosen.
    »Aye, Sir.«
    »Schauen Sie luvwärts. Sobald eine starke Regenbö kommt, sagen Sie mir Bescheid.«
    »Das tue ich, Sir.«
    Der Franzose war schließlich auf sechzig Yards herangekommen, dann auf fünfzig. Hayden spürte die Unruhe der Männer an Deck. Jeder schien sich zu fragen, wann der Kapitän endlich den Befehl geben würde.
    »Mr Dryden?«
    »Sir?«
    »Beginnen Sie mit dem Manöver erst, wenn ich Ihnen den Befehl dazu gebe. Nicht früher.« Hayden wendete den Blick kurz von dem Franzosen und beobachtete die See – ein schneller Blick hinauf zum Verklicker verriet ihm, dass der Wind stabil aus Nord kam, mit einem leichten Hang nach Ost. Ein letzter Blick auf die Wellen unter dem Rumpf der Themis – dann passte er den Moment ab.
    »Port das Ruder, Mr Dryden.«
    Er warf einen Blick in Wickhams Richtung, der so angespannt auf den Sprossen der Leiter stand, als würde er bei der kleinsten Geste seines Kapitäns hinab ins Batteriedeck springen. Langsam luvte das Schiff in den Wind, krängte nach Backbord und stieg mit der See. Dryden und ein weiterer Mann drehten das Rad so schnell sie nur konnten, aber jeder Zoll war ein Kampf. Allmählich änderte die Fregatte den Kurs. Ihr Bug stieg höher und höher, zeigte schließlich über den Wellenkamm. Die Drehbewegung blieb, auch als die Themis nun nach Steuerbord rollte, als die Wellen unter den Rumpf hindurchgingen. Segel begannen zu flattern und knackten im heftigen Sturm.
    Inzwischen rollte der zweite Wellenkamm heran, worauf die Themis weiter stieg – ihr Bugspriet wurde ein wenig weiter weggedrückt, als Hayden lieb sein konnte.
    Die Themis war beinahe auf dem Kamm und schien einen Moment lang dort zu verharren, und endlich, als die Wellen sie hochdrückten, waren die Stückpforten frei, angefangen beim Bug.
    Im selben Moment rief Hayden seinem Midshipman über den Wind zu: »Mr Wickham! Stückpforten öffnen!«
    »Regenbö kommt!«, rief Hawthorne mit fester Stimme, doch auch ihm merkte man die Aufregung an.
    »Wie weit entfernt?«
    »Keine hundert Yards, Sir.«
    Trotz der Windgeräusche vernahm Hayden das charakteristische Quietschen der Stückpforten. Rasch blickte er hinüber zur feindlichen Fregatte, die von diesem Manöver überrascht worden war und in ein Wellental sank.
    Hoch oben knarrten die Segel, und ein Zittern lief durch die Themis , als seien Abertausende Taue zum Zerreißen gespannt.
    »Feuer!«, rief Hayden in all dem Chaos.
    Die Kanonen zischten auf ihren Lafetten zurück, und ein ohrenbetäubender Donner zerriss die Luft. Die Themis war eingehüllt in eine Wolke aus beißendem Qualm, der leewärts abzog. Dann hörte Hayden das dumpfe Geräusch der Stückpforten, die zugingen. Ehe der Bug des französischen Schiffs auf dem nächsten Wellenkamm stieg, erhaschte Hayden einen Blick auf das Deck der feindlichen Fregatte: Kanonen waren aus den Ringbolzen gerissen, Männer lagen wie Puppen auf den Planken verstreut. Kaum ein Mann, der noch aufrecht stand. Sie waren so dicht an dem Franzosen, dass Hayden schon befürchtete, sie würden kollidieren, doch dann sackte der Franzose leewärts zur Seite. Viele aus der französischen Crew richteten sich benommen auf. Hayden gewahrte einen Offizier, dessen Gesicht blutverschmiert war und der offenbar einen Arm nicht mehr bewegen konnte. Grimmig schaute er zu Hayden herüber, als das Schiff vorüberglitt. Dennoch glaubte Hayden, keinen Hass in den Augen des Mannes gesehen zu haben. Aus dem Blick des Offiziers sprachen vielmehr das blanke Entsetzen und ein namenloses Erstaunen. Im nächsten Moment war der Franzose verschwunden.
    »Bringen Sie uns wieder auf Kurs, Mr Dryden«, sagte Hayden, gerade laut genug, um sich Gehör zu verschaffen.
    Die Männer am Steuerrad kämpften um jede Handspeiche, aber in diesem Moment erreichte die von Hawthorne angekündigte Regenbö das Schiff, worauf die Themis nicht reagierte.
    »Lasst die Kreuzschot laufen!«, rief Hayden. Sofort hastete er zum Steuerrad, aber Hawthorne und Wickham kamen ihm zuvor. Alle Blicke ruhten auf den flatternden Segeln, an denen der Regen wie Kartätschengeschosse herabprasselte. Dann wurden die Segel still, da sie gegen die Masten und das Rigg gedrückt wurden und dort wie angeheftet blieben.
    »Gottverdammt …«, hörte Hayden den Master

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