Zu feindlichen Ufern - [3]
fluchen. »Vorstagsegel backbrassen!« Stolpernd eilte er nach vorn und rief: »Schot des Vorstagsegels nach Steuerbord!«
»Mr Dryden«, sagte Hayden und trat an das Steuerrad. »Port das Ruder!«
»Sir.«
»Sie will nicht auf ihren Kurs zurück, geht aber auch nicht durch den Wind. Port das Ruder! Ob die Masten nun stehen oder brechen. Wir können daran nichts ändern.«
Sie konnten nichts mehr ausrichten, und einen Moment lang schlingerte die Themis . Hayden schaute hinauf zum Fockmast, welcher gewiss als Erster brechen würde. Als das Schiff in das Wellental sank, wurden die Segel noch stärker zurückgedrückt. Hayden rechnete jeden Augenblick damit, dass die Masten nachgeben würden. Das Schiff selbst wurde zurückgedrängt, die Ruderpinne zog das Heck langsam nach Steuerbord. Dann schien die Themis einen Moment lang wie im Nichts zu hängen, als könne sie sich nicht entscheiden. Der heulende Wind hatte sie im Griff. Schließlich fiel ihr Bugspriet nach Backbord, und im nächsten Moment füllten sich die Segel mit einem knallenden Laut. Für die Dauer eines Augenblicks reagierte die Themis nicht auf das Ruder und blieb in der Drehbewegung, doch dann kam sie in Fahrt, sodass die Männer am Steuerrad sie auf Kurs bringen konnten, ein Stück weit in den Wind, dann noch weiter.
Hayden merkte, dass er eine Weile angespannt den Atem angehalten hatte, und genoss es jetzt, als wieder Luft in seine Lungen strömte. Die Männer jubelten. Doch im selben Moment entsann sich Hayden des Franzosen und eilte zur Heckreling. Von dort aus sah er, wie die beschädigte Fregatte mit dem Wind rollte. Offiziere versuchten, wieder Ordnung in die zerstörten Decks zu bringen. Dann rollte die feindliche Fregatte nach Steuerbord, und Hayden beobachtete, wie sich eine Kanone von der Backbordreling löste, auf dem schrägen Deck Fahrt aufnahm und mit voller Wucht gegen das gegenüberliegende Schanzkleid prallte. Holzsplitter flogen durch die Luft.
»War das eine Kanone?«, fragte Hawthorne.
»Ja, eines der Heckgeschütze, denke ich. Es hat das Steuerrad beschädigt, aber vielleicht waren das auch unsere Geschütze. Ich glaube, dass wir uns über diesen Franzosen nicht mehr den Kopf zu zerbrechen brauchen.«
»Diesmal hat sich das Glück auf die Seite der Briten geschlagen«, pflichtete Hawthorne ihm bei.
»Und zwar in jeder Hinsicht. Ich weiß wirklich nicht, wieso unsere Masten gehalten haben. Ein Wunder, kann ich da nur sagen.«
»Das muss ich Mr Smosh erzählen. Er wird enttäuscht sein, dass er das verpasst hat.«
Inzwischen waren jedoch die zweite Fregatte und die Korvette näher gekommen – näher, als Hayden lieb sein konnte. Aber er hatte auch nicht damit gerechnet, so lange aufgehalten zu werden. Die Regenbö fegte über das Deck, und der Wind ließ ein wenig nach und blies nicht mehr so unkontrolliert. Doch insgesamt sah es nicht danach aus, als würde der Sturm abflauen.
Hayden blieb so lange an der Heckreling stehen, bis er sicher war, dass die beiden Verfolger nicht weiter aufholten. Archer und Wickham betraten das Quarterdeck, blieben aber im Hintergrund, bis Hayden sie bemerkte und zu sich winkte.
»Gut gemacht, Mr Archer, Mr Wickham.«
»Haben Sie Dank, Sir«, antwortete der Leutnant. »Wir haben mächtig Wasser geschluckt, konnten die Stückpforten aber noch rechtzeitig schließen, ehe es eine Überschwemmung werden konnte.«
»Ja, ich rechnete schon mit dem Schlimmsten.«
»Wir haben bald alles wieder unter Kontrolle, Sir.«
»Sehr gut. Ich werde meinem Diener Bescheid sagen. Wir sollten uns unter Deck bei einer Mahlzeit zusammenfinden. Sagen wir, in einer halben Stunde?«
»Vielen Dank, Sir«, sagte der Leutnant sichtlich erfreut.
»Nicht zu viel des Dankes, meine Herren. Ich habe vor, meine Gastfreundschaft in Ihrer Messe anzubieten.«
Alle lachten erleichtert, da sie das kurze, aber extrem gefährliche Manöver überlebt hatten.
Hayden begab sich auf einen Rundgang über das Batteriedeck, auf dem das Wasser wahrlich noch in großen Pfützen stand. Schließlich stieg er aufs Hauptdeck, wo er Mr Barthe erblickte. Der Master war eifrig damit beschäftigt, an Backbord die Wanten des Fockmasts zu überprüfen.
»Ihre Bedenken waren begründet, Mr Barthe«, sagte Hayden ohne Umschweife. »Wir wurden zurückgedrückt – aber wir haben es überlebt.«
»Das haben wir, Sir, aber unsere Takelage hat gelitten.« Er streckte eine Hand aus und schüttelte die Wanttaue. »Ich werde sie alle spannen lassen
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