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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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weil es ihn amüsierte, dass ausgerechnet ein Mann wie Hawthorne eine solche Bemerkung gemacht hatte. Denn Hayden glaubte, dass sein Leutnant zwar einen erstklassigen Marineoffizier abgab, für die Ehe jedoch nicht geeignet war.
    »Ich denke, es wäre besser, wenn wir ihn von Mr Barthes Töchtern fernhielten. Das wäre gewiss für alle Beteiligten günstiger.«
    »Mr Hawthorne, nehme ich da einen Anflug von Beschützerinstinkt in Ihrem Tonfall wahr? Könnte es sein, dass diese jungen Damen einen edelmütigen Instinkt in Ihnen geweckt haben?«
    »Die Beziehungen zwischen all den Männern an Bord dieses Schiffes sind schon kompliziert genug. Wenn diese Gentlemen von romantischen Schwärmereien heimgesucht würden und – nun, noch enttäuschte Hoffnungen und Streben nach Vermögen hinzukämen – ganz zu schweigen von unehrenhaften Verhaltensweisen –, dann hätten Sie so viel Groll und Verdruss bei Ihren Offizieren, dass Sie als Kapitän kaum damit zurechtkämen.«
    »Mr Hawthorne, Sie überraschen mich immer wieder.«
    »Danke, Sir. Das erfüllt mich mit Stolz.«
    »Das steht Ihnen zu.«
    Eine Weile standen sie beide an der Reling, vereint in kameradschaftlichem Schweigen.
    »Wie sicher können wir sein, dass wir auf unsere Kreuzer vor Brest stoßen?«, fragte Hawthorne kurz darauf.
    »Sie müssen irgendwo dort draußen sein.«
    »Wie jene Fregatte, die vor Toulon liegen sollte, um die britischen Schiffe zu warnen, dass der Hafen in französischer Hand war? Damals wurde das Schiff in einem Sturm, der diesem hier ähnelt, abgetrieben, wenn ich mich recht erinnere.«
    »Möglich, aber dieser Sturm macht die Küste um Brest nicht zu einer Leeküste. Jede Fregatte, die unter dem Kommando eines erfahrenen Offiziers steht, sollte in der Lage sein, die Position zu halten.«
    »Dann hoffen wir auf erfahrene Offiziere, Kapitän.« Der Leutnant der Seesoldaten tippte an seinen Hut und ließ Hayden allein an der Reling stehen. Hayden betrachtete die französischen Schiffe noch einmal durch sein Fernrohr. Lag es nun an seiner Einbildungskraft, oder hatten die Verfolger tatsächlich aufgeholt?
    Der Nachmittag ging dahin, die Schiffe kamen näher und fielen dann wieder zurück. Der Wind schralte ein oder zwei Kompassstriche, ehe er achterlich wehte. Alles in allem schien das Wetter die Themis zwingen zu wollen, die Landspitze der Bretagne zu umrunden, insbesondere die nicht weit entfernt liegende Insel Ushant. Dieser Kurs brachte die Themis zwar weiter weg von England, aber dafür bot die Aussicht auf Hilfe vonseiten britischer Fregatten, die vor Brest kreuzten, einen Anreiz. Denn dann könnte Hayden den Spieß umdrehen und die Franzosen jagen. Die Aussicht auf neue Prisengelder war wie Balsam auf all seine Wunden, die Kummer und Sorgen seinem Herzen zugefügt hatten. Zumal sich sein Prisenagent gewiss dafür einsetzen würde, dass das Prisengericht auch die Gelder aus früheren Prisen freigeben würde, die ihm zustanden.
    Im selben Moment fragte er sich, ob er nun auch allmählich einer jener habgierigen Seeoffiziere geworden war, die das Prisengeld über die Pflichterfüllung stellten. Doch dann machte er sich bewusst, dass er den ausdrücklichen Befehl erhalten hatte, die Fregatte vor Le Havre zu zerstören. Und dieses Vorhaben ließe sich am besten verwirklichen, wenn er sich mit den Fregatten zusammentat, die vor der Straße von Brest patrouillierten. Hatten sie die französischen Fregatten erst einmal geentert, würde Hayden mit aller gebotenen Eile Kurs auf Plymouth nehmen lassen und seinen Bericht der Admiralität übergeben.
    Er fühlte sich gleich viel besser.
    Der Wind beschloss letzten Endes, genau das zu tun, was der Master vorhergesehen hatte, und drehte auf Nordost. Hayden hätte den Kurs neu auf Irland ausrichten können, doch stattdessen wollte er den Wind nutzen, um Ushant zu umrunden und in die Straße von Brest zu gelangen.
    Spät in der Nacht, als der Wind abgenommen hatte und die See ein wenig ruhiger wurde, standen Hayden, Barthe, dessen Maat Dryden und Leutnant Archer dicht gedrängt und beugten sich über eine Karte, auf der der Küstenverlauf der Bretagne und die Gewässer, durch die sie gerade segelten, eingezeichnet waren. Doch wo sich die Themis im Augenblick genau befand, vermochte keiner der Anwesenden zu sagen. Eine nagende Ungewissheit bemächtigte sich der Männer.
    Seit Tagen hatten sie weder die Sonne noch Land gesehen, und im Ärmelkanal gab es Gezeitenströmungen, die kaum verlässlich

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