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Zu feindlichen Ufern - [3]

Zu feindlichen Ufern - [3]

Titel: Zu feindlichen Ufern - [3] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Gelehrsamkeit nicht mangelte.
    Trotz dieser neuen Zielsetzungen kniete sie nun auf dem Teppich und spielte mit einem Welpen, wobei sie so ausgelassen und selbstvergessen wirkte wie ein kleines Mädchen. Sie kicherte sogar.
    Wie es alle Welpen tun, so sprang auch dieser plötzlich auf, tappte durch den Raum und schnüffelte aufgeregt. Sein weiches, gelbliches Fell schien beim Schein des Kaminfeuers zu glühen.
    Pen schaute ihm einen Moment nach und meinte dann: »Weißt du, warum alle plötzlich so viel zu flüstern haben, Lizzie?«
    »Ach, wird hier viel geflüstert?«
    »Ja. Cassandra und Anne flüsterten miteinander, aber als ich dazukam, verstummten sie sofort und sahen aus, als hätte ich sie bei einer verbotenen Sache erwischt.«
    »Nun, wenn die beiden ein Geheimnis haben, so haben sie mich jedenfalls nicht eingeweiht. Hat das Ganze womöglich etwas mit den beiden gut aussehenden Herren zu tun, die unter diesem Dach wohnen?«
    »Ja, das könnte sein.« Sie dachte einen Augenblick nach. »Aber sie beziehen mich ja sowieso nie in ihre Geheimnisse ein.« Sie sagte dies mit einem Anflug von Trotz und Gereiztheit in der Stimme – ein kleiner Ausrutscher auf dem Weg zu ihrer neuen, angestrebten Erwachsenenrolle. Jetzt gab sie dieses eigenartige schnalzende Geräusch von sich, das Leute machen, wenn sie Tiere zu sich rufen. Der Welpe trottete tatsächlich zu Pen zurück und warf sich ihr in den Schoß, ehe er sich auf den Rücken drehte, weil er gestreichelt werden wollte. Wie beiläufig fragte Pen: »Glaubst du, dass Henri sich – es sich noch einmal anders überlegt hat mit Frank Beacher?«
    »Das könnte sein. Ein liebenswerter Mann, nicht wahr? Ausgesprochen klug und besonnen. Er hat tatsächlich viele Vorzüge.«
    »Oh, ja – ganz bestimmt«, sprudelte es aus Pen heraus. Plötzlich hörte sie auf, das Hündchen zu streicheln. »Er ist richtig verrückt nach ihr, oder?«
    Elizabeth wollte ihre jüngste Cousine nicht verletzen, aber dann wiederum fragte sie sich, ob es nicht besser wäre, Penelope auf die Wahrheit vorzubereiten. »Ja, so scheint es, Pen.«
    Einen Moment lang herrschte Schweigen. Pens Miene verdüsterte sich zusehends, und ein trauriger Ausdruck schlich sich in ihren Blick, während sie die Worte ihrer Cousine auf sich wirken ließ.
    »Zu dumm aber auch mit diesem Marineoffizier …«, sagte sie dann. »Alle dachten, die beiden würden heiraten, obwohl niemand es guthieß.«
    »Was, niemand war einverstanden mit dieser Verbindung?«
    »Nein, alle hielten es für eine schlechte Partie. Henri ist nicht so stark wie du, Lizzie. Hätte sie einen Mann, der zur See führe und fast das ganze Jahr in Gefahr schwebte, würde sie vor Angst vergehen und wahrscheinlich krank werden. So sagten es jedenfalls die anderen, aber ich dachte immer, nun, wenn er sie glücklich macht, dann würde sie schon lernen, mit seiner Abwesenheit klarzukommen.«
    »Das ist immer eine schwere Zeit«, flüsterte Elizabeth.
    »Aber er erwies sich ja letzten Endes als Schurke, leider.« Pen schaute auf. »Entschuldige, Lizzie, was hast du gesagt?«
    Elizabeth schüttelte den Kopf und machte eine Geste, als wollte sie sagen »Ach, nichts«, obwohl ihr im Augenblick zum Weinen zumute war.
    Pen kraulte den Welpen hinter den Ohren, worauf das Tier genießerisch die Augen schloss und sich in der Behaglichkeit verlor. »Ich glaube nicht, dass Henri wirklich Gefühle für Frank hegt, abgesehen von der Zuneigung unter Geschwistern, natürlich. Sie ist einfach nur durcheinander und hat Kummer. Für sie ist Frank nur ein ergebener Freund und jemand, der ihr nie Kummer bereiten oder sich unehrenhaft verhalten würde. Die Treulosigkeit ihres Kapitäns hat sie aus der Bahn geworfen, und Frank hat sie aufgefangen. Das ist alles. Ich hoffe, einer der beiden erkennt das, ehe es zu spät ist.« Sie schaute ihre Cousine an. »Siehst du das anders?«
    »Ich – ich bin mir nicht sicher. Tante Hertle vertritt die Ansicht, dass es besser ist, sich in jemanden zu verlieben, den du schon über Jahre kennst, als in einen Fremden, der hereinrauscht und dir dein Herz stiehlt. Henri und Frank kennen sich schon seit frühester Kindheit.«
    »Es mag sein, dass so eine Ansicht Sinn ergibt, wenn man so alt ist wie Tante Hertle. Ich stimme mit dem überein, was Henri beim Picknick gesagt hat – unsere Herzen treffen bisweilen eine Wahl, die unser Kopf oder Verstand nicht gutheißt. Man entscheidet sich nicht einfach dafür, sich in jemanden zu verlieben oder

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