Zu gefährlicher Stunde
darf?«
»Sie heißt Jo Martin. Illustriert
Kinderbücher. Hübsche Frau, etwa dein Alter, tolle Köchin. Sie würde dir
gefallen.«
»Glückwunsch.« Ich umarmte ihn. »Wie
bist dazu gekommen?«
»Einen zweiten Versuch zu wagen? Keine
Ahnung. Irgendwann wacht man auf, und der Schritt kommt einem ganz
selbstverständlich vor.«
Wieso wache ich dann nicht auf und
finde es selbstverständlich?
»Shar? Was ist los mit dir?«
»Nichts, gar nichts.«
Er legte seinen Zeigefinger unter mein
Kinn, hob meinen Kopf und sah mir in die Augen. »Hy will dich heiraten, stimmt’s?«
»Hm, ja.«
»Und du...?«
»Ich habe nie zuvor darüber
nachgedacht.«
»Warum nicht?«
»Falls es dir noch nicht aufgefallen
sein sollte — wir McCones haben nicht gerade ein glückliches Händchen in puncto
Heiraten. Meine Eltern haben sich scheiden lassen; mein Bruder John hat sich
scheiden lassen; mein Bruder Joey hat nie auch nur einen Gedanken an Ehe
verschwendet. Charlene und Ricky haben sich getrennt; meine jüngste Schwester
Patsy hat drei Kinder von drei verschiedenen Männern und nie ans Heiraten gedacht.
Kein eindrucksvolles Bild, oder?«
»Aber deine Mutter, Charlene und Patsy
sind glücklich mit ihren derzeitigen Partnern, oder?«
»Im Moment schon.«
»Und was ist mit deinen leiblichen
Eltern?«
Das gab mir zu denken. »Saskia war
glücklich verheiratet. Elwood auch.«
»Die Herkunft ist genauso wichtig wie
die Umgebung, in der man aufwächst. Wovor hast du Angst?«
»Weiß nicht.«
Greg klopfte mir auf die Schulter.
»Denk mal drüber nach, Shar. Ich weiß, du kannst ganz schön ehrlich mit dir
sein.«
Nachdem Greg gegangen war, kehrte ich
in den Buchladen zurück, entdeckte Hy und wollte ihm gerade signalisieren, wir
sollten gehen, als Mick mit Lisa und Molly auftauchte. Je älter er wurde, desto
mehr glich er seinem Vater. Er hatte zwar nicht Rickys braunes Haar, dafür aber
die gleiche Größe, den kraftvollen Körper und das gut geschnittene Gesicht. Der
Hauptunterschied bestand in ihren Talenten: Ricky hätte nie im Leben einen
Computer bedienen können, und Mick war vollkommen unmusikalisch.
Er schaute auf seine Schwestern
hinunter. »Ich muss mal kurz mit Tante Shar reden. Geht doch mal in die
Kinderabteilung.«
Lisa nickte, aber Molly, die Ältere,
runzelte die Stirn. »Die Jugendabteilung.«
»Hä?«
»Wir sind doch keine Babys mehr. Dad
lässt uns sogar Raes Bücher lesen, obwohl Stellen drin sind, die wir nicht
verstehen.«
»Ich verstehe die aber«, warf Lisa lächelnd ein.
»Vermutlich hat sie Recht«, sagte Mick,
als die Mädchen davonstürmten. »Die Kinder werden heute viel zu schnell
erwachsen.«
»Es ist noch gar nicht so lange her, da
wollte ich dir etwas über Verhütung erzählen, worauf du meintest, du seiest
seit deinem vierzehnten Lebensjahr sexuell aktiv und bestens vorbereitet.«
»Das ist was anderes.«
»Wieso? Weil Lisa und Molly Mädchen
sind?«
»Nein. Weil... na ja, weil sie meine
Schwestern sind.«
»Und du bist ein guter großer Bruder.
Worüber willst du mit mir reden?«
»Dieser Typ aus Aguilars Büro, den du
festgenagelt hast, weil er Informationen aus dem Bürgermeisteramt weitergegeben
hat — er wurde vor zwei Wochen von Aguilar gefeuert und ist nach Seattle
gezogen. Lohnt es sich, dranzubleiben?«
Ich überlegte. »Vermutlich schon. Wir
sollten wenigstens herausfinden, weshalb er gefeuert wurde. Und was ist mit
Tony Kennett, dem Architekten, der die CD-ROM mit meinem Bericht stehlen wollte?«
»Er wohnt jetzt in Sacramento, ist als
technischer Zeichner angestellt.«
»Dann können wir ihn wohl von der Liste
streichen. Haben wir etwas über diesen R.D.?«
»Noch nicht, aber ich bleibe dran. Und
Charlotte lässt dir ausrichten, dass sie an der Sache Tracy Escobar arbeitet.«
Mick sah sich in dem überfüllten Buchladen um. »Ich würde diese Party sehr viel
mehr genießen, wenn ich mir keine Sorgen um meinen Job machen müsste.«
»Das brauchst du nicht.«
Er zog skeptisch die Augenbraue hoch.
»Ich verspreche es dir«, sagte ich
zuversichtlicher, als ich mich fühlte. »Das brauchst du wirklich nicht.«
Hy und ich hatten ein ruhiges
Abendessen in einem unserer Lieblingsrestaurants geplant, aber als wir nach
Hause kamen, fand ich eine Nachricht von Patrick Neilan auf dem
Anrufbeantworter vor. Ich rief zurück. Er erklärte, eine Mieterin habe mir
etwas zu sagen und wolle mich persönlich treffen.
»Tut mir leid«, erklärte ich Hy, der
seinen Wagen
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