Zu gefährlicher Stunde
weggefahren hatte, damit er keinen Strafzettel kassierte. Morgen
kam die Straßenreinigung. »Ich muss noch mal los und weiß nicht, wie lange es
dauert. Das Abendessen fällt vermutlich flach.«
»Egal. Ich hab bei der Party jede Menge
gefuttert. Wenn du magst, kannst du auf dem Rückweg etwas mitbringen.«
»Ist es wirklich in Ordnung? Du siehst
verärgert aus.«
»Ja, aber nur wegen des gottverdammten
Morgan. Hat schon wieder den Geist aufgegeben. Morgen lasse ich ihn abschleppen
und verschrotten.«
»Pech. Ich kann dich später gern zum
North Field fahren.«
»Nicht nötig. Ich bleibe noch ein
bisschen.«
»Ja?«
»Während wir in der Buchhandlung waren,
hat Gage angerufen.« Gage Renshaw war einer seiner Partner bei RKI. »Da braut
sich was zusammen, vielleicht brauchen sie mich unten im Süden in der Zentrale.
Allerdings möchte ich dich in dieser Situation nicht allein lassen.« Er hob die
Hand, um mich zu bremsen. »Denk an meine Worte, McCone — kein Druck an der
privaten Front.«
Was für ein wunderbarer Mann!
Angesichts meiner geliebten, aber ungeheuer komplizierten Verwandtschaft gab es
wirklich keinen Grund, ihn nicht in die Familie aufzunehmen.
Aber deine Familie kannst du nicht
verlieren. Ihr seid untrennbar verbunden, ein Leben lang. Wenn deine Ehe nicht
funktioniert, könntest du Hy sehr wohl verlieren.
Natürlich auch, wenn du nicht mit ihm
verheiratet bist...
In Patrick Neilans kleiner Wohnung war
es dunkel; in einer Ecke flackerte eine dicke Kerze auf der Esstheke, die Küche
und Wohnzimmer voneinander trennte. Angela Batista saß im Schatten. Als ich
vorschlug, das Licht einzuschalten, entgegnete sie: »Nein. Ich möchte nicht,
dass Sie mich so sehen. Bitte setzen Sie sich, dann reden wir.«
Ich warf Neilan einen Blick zu. Er
nickte, und ich ließ mich auf dem Sofa nieder, das aussah, als hätten
Katzenkrallen den Stoff zerfetzt. Muffig roch es auch.
»Als Sie in meiner Wohnung waren, habe
ich Ihnen nicht alles über Alex Aguilar erzählt«, fing Angela Batista an.
»Patrick hat mich aber davon überzeugt, dass ich Ihnen vertrauen kann. Und nach
dem, was mir zugestoßen ist, sollen Sie jetzt alles erfahren.«
»Ich verspreche, Sie können mir
vertrauen, Ms Batista. Was ist geschehen?«
»Als dieser R.D. in Aguilars Wohnung
war, habe ich mir meinen Mietvertrag angesehen, weil ich nach einer legalen
Möglichkeit suchte, ihn loszuwerden. Und ich entdeckte tatsächlich eine
Klausel, die es ihm verbietet, Gäste ohne schriftliche Zustimmung der
Hausverwaltung länger als achtundvierzig Stunden in der Wohnung zu behalten.
Ich rief Aguilar an und sagte, R.D. solle ausziehen, sonst würde ich ihn
melden. Und dann drohte er mir.«
»Womit?«
»Er sagte, er würde R.D.
vorbeischicken; wir könnten das Problem untereinander regeln. Dann fügte er
noch hinzu: ›Mein Freund ist etwas jähzornig. Ich kann keine Verantwortung für
ihn übernehmen‹.«
»Haben Sie sich bei der Hausverwaltung
beschwert? Einen Anwalt hinzugezogen?«
»Nein.«
»Wieso nicht?«
»Ich wusste ja, wie jähzornig dieser
R.D. war. Ich hatte die Auseinandersetzungen gehört und dass in der Wohnung
Sachen zerschlagen wurden. Ich hatte Angst und hielt den Mund.«
»Und warum haben Sie Ihre Meinung
geändert?«
»Vorgestern Abend kam R.D. zurück. Er
wartete im Flur auf mich, als ich den Müll runterbrachte, und stieß mich in
meine Wohnung. Er sagte, er wisse, dass ich mit Ihnen über ihn und Aguilar
gesprochen habe. Und dann — «, ihr versagte die Stimme, »dann verprügelte er
mich. Brach mir die Nase, schlug mir zwei blaue Augen. Eine Rippe habe ich auch
gebrochen. Bevor er ging, drohte er, mich zu töten, wenn ich je wieder über ihn
oder Aguilar spräche. Er meinte es ernst.«
Es lag Angst in ihrer Stimme. Mich
überlief es kalt. »Es tut mir so leid. Haben Sie die Polizei verständigt?«
»Nein. Eine Freundin hat mich ins
Krankenhaus gefahren. Ich sagte, ich sei überfallen worden und könne den Täter
nicht beschreiben. Natürlich hat die Polizei einen Bericht erstellt, das muss
sie ja. Aber ich habe nichts gesagt.«
»Und R.D.? Wohin ist er danach
gezogen?«
»Keine Ahnung. In der Wohnung ist er
jedenfalls nicht mehr.« Angela Batista weinte still vor sich hin. »Ich kann so
nicht im Restaurant arbeiten. Was sollen die Gäste denken? Und ich habe Angst,
hier zu bleiben; seit es passiert ist, habe ich nicht mehr richtig geschlafen.
In ein Motel kann ich aber auch nicht gehen, so wie ich aussehe;
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