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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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viel zu weit rechts oben ein.«
    »Vielleicht ist Dominguez ein
schlechter Schütze.«
    Sie ergriff meinen Arm und führte mich
ein Stück weg. »Du kannst nicht wissen, ob er es war.«
    »Natürlich war es Dominguez! Wer denn
sonst?«
    »Es könnte Zufall gewesen sein.«
    »Komm schon, Adah, zwei Angriffe, beide
auf Mitarbeiter meiner Agentur, fast an derselben Stelle. Das ist doch kein
Zufall.«
    »Gib mir einen Beweis.«
    »Hab ich doch: Alex Aguilar hat
zugegeben, dass er an dem Plan gegen mich beteiligt war.«
    »Aber wir haben ihn nicht als Zeugen,
er ist nämlich verschwunden.«
    »Dominguez hat versucht, eine illegale
Waffe zu erwerben.«
    »Du sagtest, der Pfandleiher wolle das,
was er dir erzählt hat, nicht offiziell bestätigen.«
    »Und was ist mit Dominguez, der in der
ganzen Stadt durchgeknallte Nachrichten für mich hinterlässt?« Ich holte die
letzten beiden aus meiner Handtasche und gab sie ihr, zusammen mit dem
Phantombild. »Die erste Nachricht ist bereits im Labor, es war eine Abbildung
von Messern. ›Messer um Mitternacht^ klar?«
    Adah untersuchte die Nachrichten,
während ich ihr erklärte, wie ich an sie gekommen war. »Reicht das nicht für
eine offizielle Suchmeldung in Sachen Dominguez?«
    Sie seufzte müde. »Das entscheide nicht
ich. Man hat mich von dem Fall abgezogen.«
    »Wieso?«
    »Es fielen Begriffe wie ›zu große Nähe
zu den Opfern‹ und ›Vorzugsbehandlung‹.«
    »Herrgott, diese beschissene — «
    »Leise.« Sie deutete auf die Beamten in
Zivil, die uns beobachteten. »Die Typen bearbeiten den Fall. Du möchtest doch
sicher nicht, dass sie hören, wie du über unsere kleine Gemeinschaft denkst.«
    Sie klang ebenso verbittert und müde
wie Greg Marcus, als wir uns bei der Signierstunde unterhalten hatten. Wie
lange würde es dauern, bis sie die Nase endgültig voll hatte und kündigte? Und
was sollte sie dann machen? Ich konnte mir Adah nur als Polizistin vorstellen
und nirgendwo anders als in San Francisco. Sie war hier geboren, ein »Baby in
roten Windeln« aus Bernal Heights, das damals als Brutstätte des Kommunismus
galt.
    »Schon gut, es tut mir leid«, sagte
ich. Ich spielte mit dem Gedanken, ihr zu erzählen, was ich in dem Haus an der
Regis Street gefunden hatte, entschied mich aber dagegen. Adah legte die
Vorschriften zwar bisweilen nach ihrem Gutdünken aus, wäre aber alles andere
als begeistert, dass ich Hausfriedensbruch begangen hatte.
    »Ich zeige ihnen die Nachrichten.
Vielleicht nehmen sie die Ermittlungen dann ein bisschen ernster. Aber ich an
deiner Stelle wäre vorsichtig; das sind alte Füchse, und wir haben uns im Laufe
der Jahre nicht gerade beliebt gemacht. Wo bist du zu erreichen?«
    »Am Pier, bei Mick.« Ich drehte mich
noch einmal um. »Und danke.«
    Sie nickte und kehrte zu ihren Kollegen
zurück. Im Erdgeschoss war alles verlassen, doch ich hörte Stimmen von oben.
    Mick: »Verdammt, es geht mir gut! Ich
muss nicht ins Krankenhaus. Ich hab der Polizei schon gesagt, dass ich okay
bin, jetzt sage ich es euch. Es geht mir gut!«
    Dann folgten energische Worte mit
texanischem Akzent.
    Mick: »Hör auf! Du erinnerst mich an
meine Oma!«
    Charlotte: »Vielleicht könnte deine Oma
dir ein bisschen Vernunft beibringen. Ich kann es anscheinend nicht!«
    Ted: »Wir sollten alle mal tief Luft
holen und uns beruhigen.«
    Sie befanden sich in Teds Büro: Mick
saß im Sessel, mit gerötetem Gesicht; Charlotte lief mit verschränkten Händen
auf und ab; Ted hockte auf der Schreibtischkante. Als ich hereinkam, funkelte
Mick mich an. »Fang du jetzt nicht auch noch an!«
    »Warum reden wir nicht in meinem
Büro?«, schlug ich vor. Und zu Charlotte und Ted: »Wenn ihr uns bitte
entschuldigt.«
    Ted nickte. Er war erleichtert, dass
ich die Situation entschärft hatte. Charlotte schob die Unterlippe vor, bis ihr
einfiel, dass erwachsene Frauen nicht schmollten.
    Ich wartete, bis wir in meinem Büro
waren und die Tür geschlossen war. Mick lümmelte sich in meinem Schreibtischsessel,
den er neben das heruntergekommene Erinnerungsstück am Fenster geschoben hatte,
und schaute verdrossen auf sein Spiegelbild.
    »Was für ein Abend«, sagte ich.
    »Entsetzlich. Shar, könnten wir das
Licht ausschalten? Ich komme mir...«
    »Wie eine Zielscheibe vor.« Ich stand
auf und schaltete die Deckenbeleuchtung aus. Im Dunkeln war es angenehmer, und
ich spürte, wie Mick sich entspannte. Dann griff ich nach seiner Hand. Er zog
sie nicht weg.
    »Möchtest du darüber

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