Zu gefährlicher Stunde
reden?«
»Ja und nein, aber es wäre wohl besser.
Nachdem ich das Krankenhaus verlassen hatte — Jules ist übrigens auf dem Weg
der Besserung, Tonio war bei ihr, und Sophia bleibt heute Nacht da jedenfalls
fuhr ich her, und in der Nähe unserer Wohnung ging mir tatsächlich der Sprit
aus. Ich habe die Maschine erst vor ein paar Tagen aufgetankt und bin kaum
damit gefahren. Keine Ahnung, wie das passieren konnte.
»Hat der Tank ein Schloss?«
»Es ist kaputt... meinst du etwa...«
»Genau.«
»Du glaubst, Dominguez hat all das
geplant.«
»Er wollte dir Angst machen. Und mir
auch. Was geschah dann?«
»Ich hab das Motorrad am Haus
abgestellt und bin zu Fuß weitergegangen.«
»Ist dir jemand gefolgt?«
»Nein, und ich kenne mich mit so was
aus.«
»Das stimmt. Er muss vor dem Pier
gewartet haben. Irgendwie unheimlich, dass er immer weiß, was die Leute
vorhaben. Vermutlich hat er uns schon eine ganze Weile beobachtet. Weiter.«
»Ich ging über den Gehweg zum Pier.
Derek war frustriert wegen der erfolglosen Datenbanksuche nach Dan Jeffers, und
ich habe ihn um fünf nach Hause geschickt. Hat ja keinen Sinn, neue Kollegen
gleich abzuschrecken. Ich selbst wollte aber noch ein bisschen weitergraben.
Plötzlich hörte ich ein lautes Geräusch. Hab sofort erkannt, dass es ein Schuss
war. Ich hab mich auf den Gehweg geworfen und die Hände über den Kopf gelegt.
Ein Wagen fuhr weg, vermutlich der des Schützen.«
»Konntest du ihn sehen?«
»Nein, ich bin unten geblieben, wollte
kein Risiko eingehen.«
»Hätte ich auch so gemacht.«
»Ein paar Leute kamen vom Embarcadero
herübergelaufen und halfen mir hoch. Auch sie hatten den Schützen nicht
gesehen. Und dann rannte Sweet Charlotte kreischend auf mich zu und umklammerte
mich. Hat mich fast umgeschmissen. Wäre ich verletzt gewesen, hätte sie mir
vermutlich den Rest gegeben. Shar, erinnert sie dich nicht auch an Oma?«
»Lassen wir das jetzt.«
»Wenn sie so wird, heirate ich sie
lieber nicht. Ich liebe Oma, aber...«
Charlotte heiraten? Überhaupt heiraten?
Du bist doch noch so jung!
Immerhin ist er älter als seine Eltern
bei ihrer Hochzeit.
»Habt ihr denn schon über Heirat
gesprochen?«
»Ab und an. Aber jetzt bin ich mir
nicht mehr so sicher.«
»Ich glaube, man sollte derart
schwerwiegende Entscheidungen nicht treffen, wenn gerade auf einen geschossen
wurde.«
»Du findest also auch, sie ist wie
Oma.«
»Ich weiß nicht, was ich finde. Frag
mich noch mal, wenn dieser Albtraum vorbei ist.«
Er drückte mir die Hand. »Entschuldige.
Ich denke nur an mich, obwohl ich eigentlich...« Er wischte sich über die
Augen.
»Natürlich denkst du an dich. Das war
ein furchtbarer Schock, danach stellt man erst mal alles in Frage. Aber du
solltest Charlotte nicht danach beurteilen, dass sie sich ein einziges Mal wie
Oma verhalten hat. Außerdem beweist es, dass sie dich liebt.«
Er schwieg einen Moment und
unterdrückte ein Schniefen. »Was machen wir jetzt?« Seine Stimme klang
erschöpft.
»Ich möchte, dass du und Charlotte bei
deinem Vater übernachtet. Er hat einen Leibwächter und eine ausgezeichnete
Alarmanlage. Da könnt ihr ruhig schlafen.«
»Aber ich möchte mithelfen. Ich tue
sowieso kein Auge zu.«
»Dann nimm dein Laptop mit. Dem hier
kannst du mal nachgehen.« Ich erklärte ihm die Sache mit dem blauen Haus in der
Regis Street.
»Dan Jeffers, Sly Rawson. 201, Regis
Street.« Er griff nach einem Notizblock und schrieb sich die Namen auf, was von
seiner tiefen Erschütterung zeugte. Normalerweise hatte er nämlich ein
exzellentes Gedächtnis.
»Versprich mir eins: Bleib nicht die
ganze Nacht auf!«
»Herrgott, jetzt hörst du dich
aber wie Oma an.«
»Sag das noch mal. Dann fessele ich
dich, fahre dich persönlich nach San Diego und lade dich für eine Woche bei ihr
ab.«
Nachdem Mick gegangen war, rief ich Ted
über die Sprechanlage an und sagte, er solle auch Schluss machen. Er weigerte
sich und erklärte, er habe Neal bereits telefonisch mitgeteilt, dass er die
Nacht am Pier verbringen werde. »Offen gesagt, fühle ich mich hier sicherer,
als wenn ich in die Wohnung fahre. Im Besprechungszimmer haben wir eine
Luftmatratze. Außer natürlich, du brauchst sie selbst.«
»Nein, danke, ich kann wahrscheinlich kein
Auge zutun. Ich schlafe womöglich nie wieder.«
Nachdem Ted sich darangemacht hatte,
die Matratze aufzublasen, rief ich Hy übers Handy an. Er bewachte noch ein Haus
am Potrero Hill, in dem Dominguez womöglich
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