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Zu gefährlicher Stunde

Zu gefährlicher Stunde

Titel: Zu gefährlicher Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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seiner
Weisheit am Ende, denn er hat es nicht genau nachgeprüft und nur gesagt, ich
solle zur Probe arbeiten kommen. Ich habe alles gemacht, was Sie gesagt haben,
aber R.D. hat die Päckchen in Julia Rafaels Lagerraum gelegt. Nachdem alles
erledigt war, habe ich Ted gesagt, dass es irgendwie nicht funktionierte. Da
waren wir einer Meinung.«
    »Aber Dominguez wollte, dass Sie trotzdem
noch mal zu uns kamen.«
    »Er sagte, der Plan laufe nicht wie
erhofft. Sie wären ihm auf den Fersen, und er müsse herausfinden, wie viel Sie
wüssten.«
    »Und Sie haben R.D. brühwarm erzählt,
was Sie gestern bei uns im Büro gehört haben. Und vermutlich in unseren Akten
geschnüffelt.«
    Sie ließ den Kopf hängen. »Ja. Ich kann
verstehen, dass Sie mich dafür hassen.«
    Dich hassen? Nein. Dich jämmerlich
finden? Schon eher.
    »Was ist heute zwischen Ihnen und
Dominguez vorgefallen?«
    »Im Materialraum war eine Ratte... Und
meine Nerven waren ohnehin am Ende, also hab ich gekündigt und bin nach Hause
gegangen. R.D. hat getobt, er würde mich dort brauchen. Als ich mich weigerte,
zurückzugehen, schlug er mich. Ich schloss mich im Bad ein. Er blieb noch lange
in der Wohnung, redete mit sich selbst und lachte. Er hörte sich verrückt an,
ich bekam richtig Angst. Das Bad hat kein Fenster, also saß ich in der Falle.
Nach einer Weile kam er wieder an die Tür. Ich fürchtete, er würde sie
aufbrechen und mich umbringen. Aber er sagte nur, er hätte einen Umschlag für
Sie auf dem Tisch gelassen, den ich Ihnen geben sollte. Dann ist er gegangen.«
    Noch mehr Spielchen.
    »Wo ist der Umschlag?«, fragte ich.
    Sie deutete auf einen Tisch am Fenster.
    Er sah genauso aus wie der, den Patrick
mir gebracht hatte. Ich hob ihn vorsichtig auf und zog die Nachricht heraus.
Ein einzelnes Wort: UM
     
    Messer um...
     
    »Alison, Sie sagten, Sie arbeiten in
einem Briefzentrum, wo R.D. ein Postfach unterhält?«
    »Ja.«
    »Fahren wir hin und sehen nach, was
drin ist.«
    »Das darf ich nicht! Fremde Briefe zu
öffnen ist ein Verbrechen. Die könnten mich rausschmeißen.«
    »Ich sage ja nicht, dass wir sie
öffnen. Sie verteilen die Post auf die Fächer?«
    »Hm, ja.«
    »Ist es ein Verbrechen, dabei die
Anschriften der Absender zu lesen?«
    »Wohl nicht.«
    »Also los.«
     
    Alison stand hinter der Theke des
schmuddeligen Ladens an der Mission Street und hielt mir einen Umschlag hin.
»Das war alles.«
    Darauf stand mein Name im gleichen
kindlichen Gekritzel, das ich von Dominguez’ übrigen Sendungen kannte. Wieder
fasste ich den Umschlag mit äußerster Vorsicht an und holte das gefaltete Blatt
heraus. Wieder nur ein einzelnes Wort: MITTERNACHT
     
    Messer... um... Mitternacht.
     
    Diesmal nicht, Dominguez. Die
gefährliche Stunde ist nicht immer spätnachts. Wagt man sich tagsüber auf
fremdes Terrain, ist man ausgeliefert und verletzlich. Vor allem, wenn man
einen Mann jagt, der einen um jeden Preis vernichten will. Wenn man nicht weiß,
ob man Jäger oder Beute ist...
     
    Ich parkte auf der Regis Avenue auf der
Rückseite der Bernal Heights, ganz in der Nähe des Bauernmarktes am Alemany
Boulevard. Dahinter lag die labyrinthische Kreuzung der Freeways 280 und 201.
Ich folgte einer Spur, die ich Craig verdankte. Nicht weit entfernt wohnte Sly
Rawson, ein Gefängniskumpan von Dominguez, in einem schäbigen, blauen Holzhaus.
Hy und Patrick verfolgten andere Spuren, da Mick einige Freunde von R.D.
ausfindig gemacht hatte. Charlotte hatte in Sachen Finanzen nichts ermitteln
können, und Derek wusste nur, dass Dan Jeffers’ Tod nirgendwo registriert
worden war.
    Auch auf meinem Beobachtungsposten tat
sich nichts. Ein stiller Nachmittag in einer stillen Gegend, aber ich wusste
Bescheid. Die Häuser Nr. 313 und 444 waren berüchtigte Crackbuden. In dem mit
Brettern vernagelten Haus an der Ecke war kürzlich eine Drogenrazzia
schiefgelaufen, zwei Polizisten starben, und die Bewohner wurden bei der
Räumung erschossen. Die Geschichte des Hauses hatte die Besetzer, die jetzt
dort wohnten, anscheinend nicht abgeschreckt; ich sah, wie sie durch eine
Seitentür kamen und gingen. Eine alte Frau schob einen Einkaufswagen voller
Recyclingmüll den Gehweg entlang und bog in einen umzäunten Garten ab, den ich
zunächst für ihren eigenen hielt. Dann begriff ich, dass sie sich nur im
Gebüsch erleichterte. Kurz darauf schlurfte sie weiter.
    Ich sah auf die Uhr. Nach sechs. Im
blauen Haus tat sich immer noch nichts, aber in dieser Gegend erwachten

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