Zu seinen Füßen Cordoba: Historischer Roman (German Edition)
Eintretenden zulächelte, sehr zum Ärger der frommen Fakihs, um die sich weder der Kalif noch die Schöne noch der Marmor kümmerten.
Auch Hakam hatte das Bildwerk, dessen Urbild nun schon längst dem Staube verfallen war, nicht angetastet. Dazu ehrte er das Andenken seines Vaters zu sehr. Aber als Subeiha ihm den zweiten Sohn geboren hatte, machte er den Palast mit allen seinen Schätzen ihr und ihren Kindern zum Geschenk.
Es-Sachra - die Blüte. Sie lächelte mit ihrem Marmormund auch Abu Amir zu, als er vom Pferde stieg und sich wie unter einem unsichtbaren Zwang vor ihr verneigte.
Fajik bemerkte es nicht. Er warf dem Burschen, der ihm entgegenkam, die Zügel der Pferde zu und gab Anweisung, wohin die Tiere zu bringen seien.
Die Flügel des Palasttores standen offen. Fajik aber durchschritt sie nicht. Er ließ das Gebäude links liegen und stieg über breite Treppen, die von einer Terrasse zur ändern führten, immer höher, sodass Abu Amir all die Prunkstücke, die ihm so oft geschildert worden waren, nicht zu Gesicht bekam.
Das Geschrei der indischen Papageien, das Gezwitscher der seltenen Vögel aller Arten, die in großen Käfigen gehalten wurden, drang an seine Ohren. Hirsche und Rehe tummelten sich in ihren Gehegen und rieben ohne Scheu vor den Menschen ihre Nasen am Gatter. Fajik riss ein Büschel Gras aus und reichte es hinein. Die Tiere fraßen ihm aus der Hand. Endlich hatten sie die Anhöhe erreicht, auf der das Lusthaus stand. »Warte hier«, sagte Fajik und trat ein.
Abu Amir setzte sich in den Schatten einer Kastanie und überschaute den ausgedehnten Park. Das ist Macht, dachte er, zu formen, zu gestalten, zu verwandeln. Was ist Marmor? Ein Stein! Doch des Menschen Wille zwingt ihn, tragende Säule zu werden oder schmückendes Bild. Was ist Natur? Eine Wildnis. Aber der Mensch macht einen Garten aus ihr. Wasser? Ein schäumendes Nass. Aber es muss durch enge Rohre über hohe, die Täler überspannende Bogen dorthin fließen, wo es den Menschen erquickt und ihm dient. Und die Macht, das alles zu lenken, zu leiten, zu ordnen, ist höchstes Menschentum. Wer gewinnt sie? Der sich ihres Sinnes bewusst ist. Wer verliert sie? Dem sie in den Schoß fiel, ohne dass er ihrer würdig ist. Was befestigt sie. Sie auszudehnen. Was gefährdet sie? Sie zu genießen.
Abderrachman hat sich auf sie verstanden. Er hat seine Grenzen in Unruhe gehalten und sein Reich in Frieden. Und der Zehnte von Einfuhr und Ausfuhr, von Kauf und Verkauf ist in seine Hände geflossen und hat sich in blühende Gärten verwandelt, in Schulen und Moscheen, in Straßen und Brücken, in Wasserleitungen und Fruchtfelder. Je mehr Geld er von seinen Untertanen erhielt, desto reicher wurden sie. Das ist der Quell der Macht, auf dem Allahs Segen ruht!
- Und doch bin ich in meinem Leben nur vierzehn Tage lang glücklich gewesen. Von 26.680 Tagen nur vierzehn! Merk dies, Verständiger! -
Ja, ich weiß, Abderrachman, das hast du gesagt, als sich der Tod dir nahte. Aber es schreckt mich nicht. Glück? Das ist etwas, dem die Weiber nachjagen. Und wie sehr müssen sie sich bescheiden. Wähnen schon, es festhalten zu können, wenn sie sich einen Herrn erlistet haben, der sie nicht verstoßen kann. Du hast dein Leben lang Glück gehabt, Abderrachman. Als sich die Christen des Nordens im Bruderzwist zerfleischten, als die Fatimiden, von andern Feinden bedroht, es nicht wagten, den Fuß auf den Boden von Andalus zu setzen, als Ibn Chafßun, dein ärgster Feind, zur rechten Zeit starb. Du hast Glück gehabt, aber du hast es nicht gefühlt.
Zwei bunte Falter flatterten im Liebesspiel durch die im Sonnenlicht flirrende Luft. Der Mann sah an ihnen vorbei, ohne sie wahrzunehmen.
Da öffneten sich die Türflügel des Lusthauses. Ein schwarzer Page in engem, mit Goldtressen besetztem weißem Leibrock hielt sie offen und gab ihm das Zeichen einzutreten. Erleichtert stellte Abu Amir fest, dass kein Dolch in seiner Schärpe steckte und dass er den Kopf mit den wolligen Haarbüscheln ehrfurchtsvoll neigte.
Höchst erstaunt war Abu Amir, dass ihn Hakam in Anwesenheit einer Frau empfing, die neben ihm auf einem seidenen Kissen saß. Ehrfürchtig machte der junge Mann erst einige Kniefälle, ehe er sich dem Kalifen näherte, der ihm huldvoll die Hand zum Kuss entgegenhielt. Dann schritt er nach rückwärts, vermied es aber sorgfältig, dem Fürsten den Rücken zuzukehren, und konnte so einen Blick aus den grünlichen Augen der Dame auffangen, die ihn so
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