Zu viele Flueche
Doch nichts davon kam einem besonders merkwürdig vor, wenn man der Gestalt eines Zauberers gegenüberstand. Selbst unvollkommen kopiert, sah dieser Margle immer noch sehr viel menschlicher aus als Tiama die Narbige.
»Er hatte ihn schon darauf abgerichtet, seine Form anzunehmen.« Nessy umrundete Margle auf der Suche nach gravierenden Fehlern.
»Das ist für Tiama«, sagte Yazpib.
Nessy nickte. »Sie muss Margle sehen. Sonst kann sie sich denken, dass etwas nicht stimmt.«
»Es könnte funktionieren.«
»Es könnte funktionieren«, sagte Margle, aber er sprach mit Nessys Stimme.
»Na toll«, sagte Echo.
»Na toll.«
»Dieses Ding ist völlig nutzlos!«
»Dieses Ding ist völlig nutzlos!«
»Ach, Verschwiegenheit!«, knurrte Echo. Margle wurde still.
Echo seufzte. »Das geht nie durch. Nicht aus der Nähe. Ich meine, seht ihn euch doch an. Er bewegt sich ja nicht einmal. Er steht nur herum. Von Konversation ganz zu schweigen.«
»Von Konversation ganz zu schweigen«, sagte Margle, diesmal mit Echos Stimme.
»Verschwiegenheit«, gab sie zurück.
Margle öffnete weit den Mund. Keine Worte kamen heraus, aber der Mund blieb offen stehen. Seine Augen zuckten in ihren Höhlen.
»Er ist nicht verlässlich ausgebildet. Können wir nicht etwas anderes probieren?«, fragte Echo. »Vielleicht könnte dir Yazpib irgendeinen Illusionszauber beibringen.«
»Es würde nie funktionieren«, sagte Yazpib. »Nessy fehlt die Erfahrung für eine so komplexe Magie. Tiama würde solch einen Versuch sicher durchschauen.«
»Ich kann mir nicht vorstellen, dass dies hier besser funktionieren soll. Du weißt doch, was ich meine, oder, Nessy?«
Doch Nessy hörte gar nicht zu, zu sehr war sie mit der Suche nach einer Lösung beschäftigt. Der Schlamm würde nicht als Margle durchgehen. Nicht aus der Nähe. Das stimmte. Aber Zauberer waren exzentrisch, voller seltsamer Angewohnheiten, und vielleicht konnte sie das zu ihrem Vorteil nutzen.
»Ich weiß immer noch nicht, wozu du mich brauchst«, sagte Echo.
»Weil du Margles Gehirn sein wirst.« Nessy fuhr mit dem Finger über die Notizbuchseite. »Wir werden ihm beibringen, nur dir zu gehorchen.«
»Mir? Warum denn mir?«
»Weil du unsichtbar bist«, sagte Yazpib, »was dich ohne jeden Zweifel zur perfekten Kandidatin macht. Gut mitgedacht, Nessy.«
»Gut mitgedacht, Nessy«, stimmte Margle unaufgefordert zu.
»Verschwiegenheit, verdammt!«, befahl Echo. »Verschwiegenheit!«
Der Befehl war aber offenbar zu viel für den reaktionären Intellekt des Schlamms. Er kreischte, lange und laut und irgendwie melodiös. Sein Gesicht - Margles Gesicht - blubberte und tropfte herab, bis er ein Körper ohne Kopf war, der immer noch dastand und unaufhörlich dieselben drei Töne heulte.
»Amorph!«, schrie Nessy über den Lärm hinweg.
Der Schlamm kehrte in seine schleimige, schweigende Form zurück.
»Von jetzt an, Echo, gibst du die Befehle.«
»Wenn du meinst.« Echo zögerte, und Nessy nahm an, das wäre der Moment gewesen, wo sie die Schultern gezuckt hätte, hätte sie denn einen Körper besessen. »Simeliere …«
»Simuliere«, korrigierte Nessy.
»Entschuldigung. Simuliere Margle.«
Der Schleim formte sich wieder zu dem Zauberer. Nur dass ihm diesmal die Nase fehlte.
»Bin ich die Einzige, die die Schwachstellen in diesem Plan sieht?«
»Lass das meine Sorge sein«, sagte Nessy. »Im Augenblick konzentrierst du dich einfach nur darauf zu lernen, wie du den Schlamm lenkst. Er muss sprechen und vielleicht einen Arm bewegen können.«
»Es wäre toll, wenn wir ihn dazu bringen könnten, finster dreinzuschauen«, fügte Yazpib hinzu. »Dann würde er viel mehr wie Margle aussehen.«
»Daran arbeiten wir, wenn wir noch Zeit haben«, sagte Nessy. »Ich glaube, ich kann Tiama noch einen Tag ablenken. Mehr würde ich aber nicht riskieren.«
Der nasenlose, reglose Margle starrte stur geradeaus. Schwarzer Sirup tropfte ihm aus dem Ohr und lief ihm am Hals entlang.
»Das wird nie funktionieren«, stöhnte Echo.
»Das wird nie funktionieren«, stimmte Margle zu, aber zumindest klang er diesmal wie er selbst.
ELF
Nessy zog sich früh zurück. Den Höllenhund in die Falle zu locken hatte seinen Tribut gefordert. Sie war immer stolz auf ihre Ausdauer gewesen, und mehrere Male in ihrer beruflichen Laufbahn hatte sie tagelang ohne Pause gearbeitet, wenn die Situation es erforderte. Aber der Levitationszauber hatte sie doch ausgelaugt. Magie war keine zarte Kunst. Subtil,
Weitere Kostenlose Bücher