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Zu viele Flueche

Zu viele Flueche

Titel: Zu viele Flueche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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hinaufgestarrt. Nur gestarrt. Wenn Wolken am Himmel waren, starrte er eben dorthin, wo der Mond gewesen wäre. Und er hatte vor sich hingelächelt. Sein Vater hatte mehr als einmal angemerkt, dass man Dan ins Bett bringen sollte. Dass, selbst wenn er nicht schlief, all dieses Zum-Mond-Starren nur Probleme verursachen konnte.
    »Was ist so schlimm daran?«, widersprach seine Mutter. »Vielleicht wird er später einmal ein Gelehrter der Himmel. Vielleicht entdeckt er sogar einen neuen Planeten und benennt ihn nach mir. Wäre das nicht schön?«
    Immer noch lächelnd hatte Dan seinen Kopf gedreht und genickt, als habe er zugehört, bevor er seine Aufmerksamkeit dann aber wieder auf den Mond richtete.
    »Vom Mond ist noch nie was Gutes gekommen«, sagte sein Vater jede Nacht. »Er wird den Jungen nur verrückt machen.«
    Aber Dan hatte es besser gewusst. Er war sicher, dass er schon in verrücktem Zustand geboren war. Und wenn nicht das, dann war er ein irrsinniges Wunderkind gewesen, das herausragenden Schwachsinn entwickelt hatte, noch bevor es laufen konnte. So oder so: Dan hatte seinen Wahnsinn akzeptiert. So sehr akzeptiert, dass er ziemlich überrascht war, als der Rest der Welt es nicht tat. Er hatte erwartet, dass sie verstünden, dass dies seine Aufgabe war, seine Berufung. Und ihn für ein paar Erdrosselungen hier und da, ein Dutzend unschöne Akte mit Vieh und ein paar hübsche Feuer hinzurichten - das war genauso logisch, wie einen Bäcker zu töten, weil er buk, oder einen Schuster fürs Schustern oder einen Anwalt für seine anwaltliche Arbeit. Na ja, ein Anwalt verdiente es möglicherweise schon, dafür umgelegt zu werden, sinnierte Dan mit seinem verstörenden, unbeirrbaren Grinsen.
    Er erinnerte sich immer noch an seine Exekution und an den Blick seiner Eltern, bevor die Axt ihn geköpft hatte. Sie hatten es einfach nicht verstanden. Er bedauerte sie. Aber er hatte sich nie selbst bedauert. Auch wenn er manchmal, in diesen langen Zeitspannen, da er nur auf seinem Gewürzregal liegen, zur Decke hinaufblicken und so tun konnte, als sei es ein Himmel mit einem großen, blauen Mond, darüber nachdachte, ob der Traum seiner Mutter am Ende wirklich so töricht gewesen war.
    »Das hätte dir gefallen, was, du langweiliger Mister Bones«, flüsterte er dem Skelett zu, das schweigend in der Ecke döste. Merkwürdig, dass Mister Bones schlief, wo doch der Demontierte Dan das nie getan hatte.
    Er erspähte etwas Neues in der Küche, und es lenkte seine Aufmerksamkeit von den imaginären Himmeln und seinem ganz besonderen imaginären Planeten, den er nach seiner Mutter Elsa getauft hatte, ab. Wenngleich dies nicht ihr Name gewesen war, aber er mochte den Klang des Namens trotzdem. Er wackelte auf seinem Kiefer herum und schaukelte seinen Schädel auf diese Art ganz langsam ein kleines bisschen nach rechts.
    »Na, aber hallo, hallo auch!«
    Die Tür Am Ende Des Flurs knarrte.
    »Nett, dich hier zu sehen«, sagte Dan. »Aber du bist besser still. Es sei denn, du willst den alten Mister Bones aufwecken. Er hat keine Ohren, aber selbst er verschläft nicht alles.«
    Die Tür ächzte leise. Der Ring ihres Griffs streckte sich in Richtung Dan.
    »Oh, wenn ich dich nur öffnen könnte, du große, alte Tür.«
    Die Tür bebte und stöhnte.
    »Ich bin mir sicher, dann hätten wir viel Spaß«, stimmte Dan ihr zu. »Also, was ist denn da hinter dir, wenn ich fragen darf?«
    Knarz.
    »Na, komm schon. Mir kannst du Geheimnisse anvertrauen. Das sagt jeder. Oder das würden sie sagen, wenn sie all die Geheimnisse kennen würden, die der alte Dan bewahrt.«
    Knarz?
    »O nein. Ich kann sie dir nicht verraten. Kein einziges.« Mit einem zufriedenen Grinsen wiegte er sich auf seinem Regalbrett. »Zumindest nicht kostenlos. Aber wenn du dich von einem deiner eigenen Geheimnisse trennst, könnte sich der alte Dan vielleicht überreden lassen, sich von einem der seinen zu trennen.«
    Die Tür dachte über das Angebot nach.
    »Es ist ein gutes, wirklich. Ein pikantes Geheimnis aus dem Inneren des Schlosses selbst.«
    Die Tür schwenkte ihre Pergamentrunen, und Nebelwölkchen flatterten unter ihr hervor.
    Ächz ächz ächz. Poch poch.
    Dan runzelte die Stirn. »Das war’s? Soll das alles sein?«
    Die Tür ächzte ein Knurren.
    »Nichts für ungut, nichts für ungut. Ich hatte nur etwas - ach, ich weiß auch nicht - etwas Dramatischeres erwartet.«
    Die Tür klopfte kurz angebunden.
    »Nun sei doch nicht so. Du bist doch ein bösartiges

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