Zu viele Flueche
lange braucht er, um eine Leiche zu zerlegen?«
»Gut eine Stunde.« Sie hatte einmal gesehen, wie die Messer, Knochenentferner und Flüssigkeitssiphons arbeiteten. Zwar hatte sie die Effizienz des Apparats widerstrebend bewundern müssen, hoffte aber, ihn nie wieder am Werk zu sehen.
Yazpib japste beim Anblick eines weiteren Geräts. »Ist das ein Seelenextraktor?«
»Das neueste Modell«, bestätigte Nessy, »direkt aus dem Nekrotham.«
»Bemerkenswert. Er ist ja nur noch halb so groß.«
»Und er braucht nur zehn Minuten, um den Geist zu entfernen.« Margles Vorliebe für diese Vorrichtung erklärte die starke Zunahme von Gespenstern im Schloss.
»Zehn Minuten, sagst du. Früher hat das drei Tage gedauert! Wo ist der Eimer für die Abfallstoffe?«
Die Abfallstoffe, die Yazpib meinte, das waren die verstümmelten Überreste jener Person, die man der Maschine gefüttert hatte. Dass er diesen technischen Begriff verwendete, ließ das Gerät fast hygienisch und praktisch klingen.
»Das neue Modell muss den Körper nicht mehr zerstören, um die Seele zu destillieren.«
»Sagenhaft.«
»Klingt absolut grässlich - in meinen Ohren«, sagte Echo.
»Ja, ja, grässlich, das ist wahr. Aber man muss einfach die Genialität hinter solch einer Apparatur bewundern. So irregeleitet sie auch sein mag.«
Echo flüsterte Nessy ins Ohr: »Sind eigentlich alle Zauberer geistesgestört?«
Nessy lächelte vor sich hin. Sie hatte mehreren Zauberern, einer Hexe und zwei Hexenmeistern gedient. Nicht alle Arbeitgeber waren aus Bosheit wahnsinnig, aber alle hatten ungesunde und eigentümliche Persönlichkeitsmerkmale besessen. Je mehr Eigenarten, desto mehr Macht schienen sie zu besitzen, und Nessy nahm an, dass Wahnsinn und Magie Hand in Hand gingen.
Doch im Labor gab es mehr als nur Maschinerien. Es gab unzählige Regale mit Tausenden von Zaubertränken, alle in Margles Lieblingsfarbe Blutrot. Einer verlieh vielleicht Unsterblichkeit, ein anderer mochte einen schmerzhaften, schleichenden Tod bringen. Es gab keine Möglichkeit, das herauszufinden, außer - sie zu trinken. Denn keiner davon war beschriftet.
Außerdem gab es Monster: Kreaturen, die Margle selbst geschaffen hatte. Er war nie besonders geschickt darin gewesen, seine eigenen Monster zu gestalten, und es gab zahllose abscheuliche Fehlschläge. Die meisten waren sofort nach ihrer Fertigstellung gestorben oder Opfer von Margles Missfallen geworden. Er hatte sie konserviert und in blubbernden Gefäßen aufbewahrt. Andere hingen von der Decke oder an den Wänden. Yazpib war auch von diesen Scheußlichkeiten vollkommen fasziniert. Vor allem von dem Skorpionhai, der, wäre er am Leben gewesen, sicherlich sowohl in den Meeren als auch an Land einen nie zuvor dagewesenen Schrecken gesät hätte.
Echo war weniger beeindruckt, was aus dem Ekel in ihrer Stimme deutlich herauszuhören war. »Dieser Ort hier ist verstörend. Seid ihr wirklich sicher, dass ihr mich braucht?«
»Ja.« Nessy blieb vor einem Regal voller leerer Gefäße stehen. Sie wählte einen schweren Tontopf und ein Glasbehältnis aus. »Was wäre dir lieber, Yazpib?«
»Das aus Glas, glaube ich. Man kann leichter hinaussehen.«
Sie goss ihn aus seinem alten Glas in das neue.
»Nicht so geräumig wie das alte«, beschwerte sich Yazpib.
Ein neues Glas war lediglich ein willkommener Nebeneffekt. Der wahre Grund für ihren Besuch im Labor war jedoch ein gelbgrüner Schleim, der in einer gusseisernen Wanne blubberte. Nicht alle von Margles Experimenten waren gestorben.
»Was ist das denn?«, fragte Echo.
Nessy stellte sich auf die Zehenspitzen, um über den Rand der Wanne zu schauen. »Der Amöbenschlamm.«
Nessy fand das Notizbuch neben der Wanne. Dort gehörte es zwar nicht hin, aber Margle war schon immer unordentlich gewesen. Sie blätterte seine Notizen durch und stellte fest, dass sogar seine Handschrift unsauber war. Aber wenn der Schlamm so gut funktionierte, wie es die Forschungsergebnisse sagten, dann hatte ihr Plan vielleicht doch seine Vorzüge.
»Was tut er?«, fragte Echo.
»Er ahmt nach.«
»Ahmt was nach?«
»Praktisch alles.« Nessy sah mit zusammengekniffenen Augen auf eine fast unleserliche Seite. »Theoretisch.«
»Darf ich ihn sehen?« Yazpib drückte sich an sein Glas. »Wie sieht er aus?«
»Du verpasst nicht viel«, sagte Echo. »Er sieht wie ranziger Pudding aus. Schlägt er immer solche Blasen?«
»Immer. Außer samstags und jeden zweiten Mittwoch«, antwortete Nessy.
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