Zu viele Flueche
Fortune hob den Kopf und hatte Dodger im Genick gepackt.
Das Wiesel lächelte verlegen mit prallen Wangen.
Sir Thedeus seufzte. »Rück ihn raus, Mädel.« Sie spuckte ihm in seine offenen Flügel.
»Jetzt halt den Opal hoch, dreh dich sechs Mal im Kreis und sprich mir nach«, sagte Yazpib. »Tsaeb luof emac eeht ecnehw tpure.«
»Und das soll funktionieren?«, wollte Sir Thedeus wissen. »Oder versuchst du nur, mich wie einen Idioten aussehen zu lassen?«
»Es wird funktionieren.« Yazpib lächelte. »Dass du wie ein Idiot aussiehst, ist nur ein angenehmer Nebeneffekt.«
Widerstrebend tat Sir Thedeus wie geheißen. Der Zipferlak kreischte. Er flatterte mit den Flügeln. Dann peitschte er mit dem Schwanz. Er spuckte einen lebenden Hasen und zwei Türknäufe aus, während er sich ausdehnte, bis er das halbe Gästezimmer ausfüllte. Alle bis auf Yazpib zogen sich unters Bett zurück. Das große Reptil rülpste noch einmal, würgte einen Farn heraus und platzte fast lautlos, wobei es Haut und Innereien verspritzte. Seine innere Physiologie war offenbar nicht mehr als ein orangefarbener Pudding.
Sir Thedeus streckte seinen Kopf vor. »Ich dachte, du hättest gesagt, er würde in den Spiegel zurückkehren.«
»Du musst einen Fehler in der Aussprache gemacht haben.« Yazpib sank tiefer, weg von den Hautfetzen, die auf seiner Flüssigkeit schwammen. »Auf jeden Fall ist das Portal versiegelt. Melvin ist also frei. Und wir mussten Nessy kein bisschen behelligen.«
Der Raum war voller Federn und Schleim. Der Spiegel war zerbrochen, der Nachttisch umgekippt. Eines der Beine des Bettes war zerbrochen - und kippelte. Alles war voller Eingeweide und stank nach Pfirsich und verbranntem Käse.
»Hiervon müssen wir ihr doch nichts sagen?«, fragte Yazpib. »Oder?«
Fortune fand den einzigen Fleck auf dem Bett, der nicht mit Zipferlak-Eingeweiden bedeckt war. »Ich glaube, sie wird es merken.«
Sir Thedeus kicherte. »Aye. Sie ist ein aufmerksames Mädchen. Ihr entgeht nicht viel.«
Dodger wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Bist du verletzt, Kleine?«
»Es ist nichts.« Sie schnupperte an den fauligen Innereien und lächelte traurig. »Ich vermisse nur meinen Vater.«
SECHSZEHN
Nicht lange nach dem Sonnenuntergang regte sich der Höllenhund. Er drehte sich ein bisschen in den Windungen des Sehr Hungrigen Teppichs, aber hauptsächlich wartete er bloß. Ein weniger aufmerksamer Beobachter hätte meinen können, er sei gezähmt oder zu erschöpft, um zu kämpfen, aber Nessy sah den räuberischen Hunger in seinem sichtbaren Auge. Er starrte in stiller Wut, in einer Raserei, die durch Geduld gedämpft wurde. Als wüsste er, dass ihn der Teppich bald loslassen würde, damit er die Toten des Schlosses weiterjagen konnte. Sein starrer Blick brannte sich in Nessy ein, und sie fragte sich, wie intelligent er wohl sein mochte. War er lediglich ein Tier, das durch Instinkte angetrieben wurde, oder besaß er eine Fähigkeit zu planen, sich zu erinnern und zu rächen - nämlich an denjenigen, die ihm eine Mahlzeit vorenthalten hatten? An einem einfachen Kobold, der ihn überlistet hatte? Laut Stoker war er bloß ein Tier der Unterwelt, nicht rationaler als ein Bär im Wald oder ein Löwe in der Prärie. Aber da war etwas in diesem Auge, eine gewisse Erinnerung, wie bei einem Hund, der jemanden nicht mochte, auch wenn er sich nicht recht erinnern konnte, warum.
Sie vertraute darauf, dass diese vage Abneigung den Appetit des Hundes nicht beeinflusste. Er war sicher hungrig, weil er die Nacht ohne Futter hatte auskommen müssen. Sein Auge wandte sich von ihr ab und starrte die zombifizierte Beute ganz in der Nähe an. Es wäre auf jeden Fall sicherer gewesen, weit weg zu sein, wenn er freikam. Aber sie dachte sich, wenn sie sich irrte, wenn der Höllenhund mehr nach Rache gierte als nach einem Abendessen, dann würde sie den Köder spielen müssen. So oder so: Die Bestie würde dort hingehen, wohin sie wollte, dass sie ginge.
Das Nurgax an Nessys Seite schnurrte zu ihr hin und knurrte den Höllenhund an - immer im Wechsel.
Nessy, die niemals eine Minute nutzlos verstreichen ließ, dachte über ihre anderen Sorgen nach, während sie wartete. An erster Stelle stand Tiama die Narbige. Die schwarze Magierin hatte sich noch immer nicht gezeigt. Nessy hatte keine Ahnung, wie Tiama so lange unentdeckt durch die Flure wandern konnte. Und sie konnte auch den Sinn dahinter nicht erkennen.
Alles hatte mit Margles Tod zu
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