Zu viele Morde
allein dem Vorstand vorbehalten. Aber wenn man nur Peanuts bezahlt, dann bekommt man eben auch nur Affen. Wenn es Logbücher gibt, wie häufig werden sie benutzt? Ja, ja, ich weiß, das unterliegt nicht deiner direkten Kontrolle, aber das sollte es. Du hast zwar eine Statur wie Herkules, aber dieser spezielle Augiasstall füllt sich schneller mit Scheiße, als du schaufeln kannst.«
Während dieses langen Monologs hatte Carmine sich durch den Teller gemampft und war dabei von einem faszinierten Ted Kelly beobachtet worden; man könnte meinen, dieser Kerl hätte nichts zum Abendessen bekommen.
»Da ist was dran, Carmine. Was wir brauchen, sind strengere Gesetze und Strafen, und in dieser Hinsicht kommt Odysseus gerade recht.« Er lächelte reumütig. »Und ich bin froh, dass du einen Blick in den Aktenschrank geworfen hast. So weiß ich zumindest, dass er eine Enttäuschung ist.«
»Warum? Wo ist er denn?«
»Unter bewaffneter Begleitung auf dem Weg nach Washington. Wenn er dort angekommen ist, wird es Wochen dauern, bis mich irgendwelche Informationen über seinen Inhalt erreichen.«
»Na ja, beim FBI ist es wie bei allem anderen in der Hauptstadt unseres schönen Landes – es wimmelt von Bürokraten, die irgendwie ihre Existenz rechtfertigen müssen.«
Der Teller war blitzblank. Carmine trank einen Schluck Kaffee und betrachtete Ted Kelly zufrieden. »Ich wüsste noch gern, was du aus Desmond Skeps’ Apartment hast mitgehen lassen.«
»Ich habe gar nichts mitgehen lassen!«
»Blödsinn. Das hast du, und zwar bevor mein Rechtsmediziner mit seinem Team am Tatort eingetroffen ist.«
»Für diese Behauptung hast du keine Beweise.«
»Doch, habe ich. Sonst, mein Freund, hättest du meinen Tatort nicht vor meinem Rechtsmediziner berührt. Du kennst die Regeln genauso gut wie ich, und du weißt, in wessen Zuständigkeit ein Mordfall innerhalb einer Staatsgrenze fällt, der nicht im konkreten Zusammenhang mit solch delikaten Dingen wie Spionage steht. Es gab etwas in Skeps Penthaus, von dem du nicht wolltest, dass wir Provinzidioten es sehen, und ich werde herausfinden, was es war.«
»Ich habe noch nicht einmal eine Büroklammer mitgenommen! Ich habe nur einen Blick auf die Leiche geworfen und bin herumgegangen.«
»Du hast die Leiche also nicht angefasst?«
»Nein!«
»Beschreibe sie.«
»Nach mehr als vierundzwanzig Stunden? Nun halt mal die Luft an.«
»Unsinn! Du bist ein ausgebildeter Beobachter. Beschreib sie.«
Special Agent Kelly schloss die Augen. »Skeps lag auf dem Rücken auf der Massagebank, an seinem Arm die Einstichwunde einer Infusionsnadel. Ein kleiner Tropfen einer klaren, pinkfarbenen Flüssigkeit, kein Blut, war herausgeflossen, und, ja, ich habe mit einem Tupfer eine Probe genommen, die den Tropfen aufgesogen hat. Skeps war nackt. Jemand hatte ihn grob bis hinunter zum Penis rasiert, aber nicht weiter, und in einen Brandfleck war sein Name geschrieben worden. Es gab noch weitere Verbrennungen. Seine Brustwarzen waren abgeschnitten worden. An seinen Hand- und Fußgelenken waren Abschnürungsmale. Das ist alles.«
»Himmel, du bist ein Lügner, Kelly! Hast die Leiche nicht angefasst, was? Wie viel Zeit ist vergangen zwischen deinem Verlassen des Penthouses und der Ankunft von Dr. O’Donnell?«
»Eine halbe Stunde.«
»Bist du in der Nähe geblieben?«
»Nein, ich bin hinunter in Skeps’ Büro gegangen.«
»Und du weigerst dich weiterhin, mir zu sagen, was du hast mitgehen lassen?«
»Ich habe nichts mitgehen lassen.«
»Nun, so weit es mich angeht, Ted, ist dieser Spionagefall verdammt lästig. Wenn du alles in Ruhe gelassen hättest, hätten wir unser Wissen mit dir geteilt. Es ist schade, dass das Pendel nur in eine Richtung schwingt. Ich warne dich, ich werde keine beruflichen Höflichkeiten mit dir austauschen.«
»Skeps ist von Odysseus ermordet worden, das hier ist ein Fall für den Staat.«
»Dann zeig mir dafür handfeste Beweise.«
»Kann ich nicht.«
»Hast du wohl nicht.«
»Ehrlich, Carmine, mir sind die Hände gebunden.«
»Mir glücklicherweise nicht.« Carmine stand auf. »Tröstet irgendwie, zu wissen, dass der Kaffee in allen Cafeterias schlecht ist, oder? Wenn du ein gutes Essen und einen guten Kaffee willst, während du dich in unserem Miniaturstaat voller Exzentriker aufhältst, Ted, dann geh in Malvolio’s Diner. Es ist direkt neben dem County Services Building.« Er hielt inne. »Bist du verheiratet?«
»War ich mal«, sagte Kelly säuerlich.
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