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Zu viele Morde

Zu viele Morde

Titel: Zu viele Morde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colleen McCullough
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wiederholte Carmine erstaunt. »Aber du bist doch gerade erst gekommen, Myron.«
    »Er verlässt nicht Holloman«, sagte Desdemona und stand auf, um Carmine einen Drink einzuschenken. »Er zieht ins Cleveland Hotel.«
    »Du machst Witze.«
    »Nein, Carmine, ich mache keine Witze. Die Sache ist die: Ich möchte die Freiheit haben, Erica zu sehen, wann ich will und wann sie will. Ich verstehe ja, dass du sie zurzeit in deinemHaus nicht willkommen heißen kannst, das tue ich wirklich, aber so sehr ich auch Sophia liebe, sie ist nicht der Grund, warum ich diese Reise hierher in den Osten unternommen habe. Ich bin gekommen, um mit Erica zusammen zu sein, die momentan eine schwere Zeit durchmacht …« Myron stockte, war fix und fertig und starrte Carmine hilflos an.
    Himmel, er muss bis über beide Ohren in diese Frau verliebt sein, dachte Carmine. Ausgerechnet
Myron
war so von der Rolle, dass er Sophia mit unüberlegten Worten kränkte? Das musste das erste Mal überhaupt sein. Und Sophia heulte wie eine Fünfjährige, Desdemona war stinksauer über so viel Taktlosigkeit, und Myron zitterte so stark, als würde er jeden Moment aus den Latschen kippen – was sollte er nur tun? Eins nach dem anderen, dachte Carmine. Als Erstes musste er Myron loswerden.
    Er legte einen Arm um Myrons Schulter und drängte ihn aus dem Zimmer. »Hast du schon alles gepackt?«, fragte er.
    »Ja«, keuchte er. »Carmine, es tut mir ja so leid. Ich wusste nicht, wie ich es ihnen sagen sollte, und dann habe ich alles vermasselt – Sophia, meine Sophia!«
    »Mach dir um sie mal keine Sorgen. Sie wird dir verzeihen. Bis du sicher, dass du das jetzt wirklich tun willst?«
    »Ja.«
    »Dann rufe ich ein Taxi.« Er ging zum Telefon. »Nimm deine Koffer und warte oben an der Straße aufs Taxi. Ich bleibe hier bei Sophia und Desdemona.«
    »Danke, Carmine. Ich bin dir ewig zu Dank verpflichtet. Wenn ihr Erica erst einmal kennenlernt, werdet ihr sie alle lieben. Sie ist – wundervoll.«
    Hah, dachte Carmine und kehrte ins Wohnzimmer zurück. Deine Erica ist hinterhältig und verschlagen, eine Männerhasserin, sie ist alles, was du bei Frauen verabscheust, nur leidersiehst du das nicht. Worin besteht ihre Magie, und warum spüre ich es nicht?
    Es dauerte lange, bis sie Sophia beruhigt hatten, die völlig am Boden zerstört war. Was hatte Myron ihr in der Zeit zwischen seiner Ankunft und jetzt noch alles gesagt, das einen solchen Schmerz auslöste, als wäre es der Weltuntergang? Er hatte keinen Hehl daraus gemacht, warum er gekommen war, und Sophia hatte die Neuigkeiten scheinbar gut aufgenommen. Aber jetzt heulte sie so laut, dass es sogar die Nachbarn hören konnten, und bis zu denen war es ein gutes Stück. Es gelang ihm auch nicht, zu ihr durchzukommen, beinahe als gäbe sie ihm eine Mitschuld an Myrons Verbrechen. Weil er auch ein Mann war oder weil er auch ein Daddy war? Carmine wusste es nicht, aber der Schmerz seiner Tochter traf ihn wie ein Stich ins Herz.
    Er hatte auch Desdemona noch nie so aufgebracht gesehen, obwohl ein Teil von ihm bei diesem Anblick frohlockte; es bedeutete, dass sie Sophia mit Leib und Seele liebte und sie mit Zähnen und Klauen verteidigen würde.
    »Aber in ein Hotel!«, presste sie durch zusammengebissene Zähne. »Was untersteht er sich? Das
Cleveland
ist fast hundert Jahre alt.«
    »Wenn ihm nicht gefällt, wie die Toilettenspülung funktioniert, kann er es sich leisten, einen Klempner kommen zu lassen. Außerdem haben sie die Suiten erst letztes Jahr renoviert, und du kennst Myron – kein winzig kleines Einzelzimmer mit Blick auf die Rückseite von Macy’s. Er schläft mit ihr, Desdemona.«
    Als schließlich Sophia sich ohne Abendessen zu Bett begab und Desdemona sich etwas beruhigt hatte, bekam er seinen Drink.
    »Ich frage mich, wo er sie wohl kennengelernt hat«, sagte Desdemona.
    »Ist erst einmal einige Zeit ins Land gegangen, meine Süße, werden wir es schon herausfinden.«
    »Drücken Politiker sich wirklich so aus? Ich meine, es klingt so schrecklich aufgeblasen.«
    »Meines Wissens tun sie das, ja. Was aber viel wichtiger ist, wie geht es Julian? Dieses Kind würde selbst beim großen Erdbeben von San Francisco seelenruhig weiterschlafen – zumindest so weit es den Lärm betrifft. Ich hatte völlig vergessen, wie laut Sophia heulen kann. Armer, kleiner Zwerg.«
    »Erica hin oder her, Myron kann Sophia durchaus zum Mittagessen einladen und ihr dann den Peridot-Schmuck kaufen, auf den sie schon so lange

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