Zu viele Morde
Corey.
»Genauer, wenn mit ›dem Rest‹ Evan Pugh und Desmond Skeps gemeint ist. Wir können es vergessen, die Fälle von Beatrice Egmont, Cathy Cartwright und den drei Erschießungen zu lösen. Ein Versicherungsunternehmen würde sie als ›Kollateralschaden‹ bezeichnen.«
»Und von Dee-Dee Hall glaubst du das nicht?«, fragte Marciano.
»Nein, ich glaube, er hat sie persönlich umgebracht – warum, weiß ich nicht.«
»Okay, nächster Schritt?«, fragte Silvestri und parkte seinen Aschenbecher plus Zigarre unter Dannys Nase.
»Eine generelle Umorganisation«, sagte Carmine und seufzte. »Ach, wie ich Cornucopia hasse. Aber wir müssen zurück ins Getümmel, Jungs.«
»Erica Davenport?«, fragte Corey hoffnungsvoll.
»Sie ist involviert, aber sie ist nicht das Superhirn. Ich habe sie abgelegt als –« Er brach ab und runzelte die Stirn. Nein, er konnte Odysseus nicht erwähnen. »Für mich ist sie eine falsche Fährte.«
»Das war nicht das, was Sie sagen wollten«, meinte Silvestri, als alle anderen das Büro verlassen hatten.
»Nun, ich konnte es nicht sagen. Darum hasse ich Cornucopia – zu viele Geheimnisse.«
Myron wartete in Carmines Büro und betrachtete es anerkennend. »Du könntest einen neuen Anstrich und ein paar neue Möbel gebrauchen«, sagte er, »aber es schlägt das alte Büro um Längen.«
Sein Freund war über Nacht zu einem alten Mann geworden. Er hat rotgeränderte Augen, die Wangen waren eingefallen, die Mundwinkel hingen herunter.
»Niemand rührt das hier an, bis ich in den Ferien bin«, sagteCarmine und setzte sich hinter den Schreibtisch. »Einen Kaffee?«
»Nein, danke. Ich möchte bis zum Mittagessen überleben.«
»Was kann ich für dich tun, Myron?«
»Ich fliege heute Nachmittag zurück in den Westen.«
»Wird aber auch Zeit, hätte ich früher gesagt. Weiß Erica es schon?«
»Ja.«
»Hast du ihr schon einen Heiratsantrag gemacht?«
»Nein«, sagte Myron unglücklich.
»Warum nicht, wenn du sie liebst?«
»Das ist es eben – ich liebe sie. Aber ich glaube nicht, dass sie mich liebt. Zumindest nicht so, wie Desdemona dich liebt.«
Carmine seufzte. »Myron, erinnere dich daran, dass Desdemona und ich ein besonderer Fall sind. Wir waren gemeinsam in Gefahr, und durch so etwas entsteht eine besondere Bindung.«
Myron kniff die Lippen zusammen. »Wie komme ich hinter die Abwehrlinie einer Frau, von der ich weiß, dass sie nicht die kalte angelsächsische Prinzessin ist, die sie vorgibt zu sein?«
»Da kann ich dir nicht helfen«, sagte Carmine verdutzt. »Wie kommst du darauf, dass ich es könnte?«
»Weil es, wenn sie von dir spricht, immer mit starken Gefühlen verbunden ist. Wenn du nicht wärest, würde ich behaupten, sie hat gar keine.« Er gestikulierte wild. »Nein, sie ist nicht heiß auf dich, also brauchst du gar nicht nach der Feuerleiter Ausschau zu halten. Ich hatte gedacht, du hättest vielleicht irgendeine Polizeimethode …« Er verstummte traurig.
»Und das war auch nicht das, was du meintest«, beschwichtigte ihn Carmine. »Du wolltest sagen, dass irgendwas an mir sie aus der Reserve lockt, und hast gehofft, ich wüsste, was esist. Aber das tue ich nicht, Myron. Und selbst wenn ich es wüsste, würde ich es nicht weitergeben. Du kannst mühelos Frauen aufreißen. Das hast du bei ihr auch getan. Und tatsächlich hast du sie ja weit genug aus der Reserve gelockt, dass sie sich dir anvertraut hat. Bei Cornucopia weiß niemand, dass sie keine kalte Prinzessin ist, wohingegen du es sehr wohl weißt. So was nenne ich mal einen echten Fortschritt.«
»Das ist doch Kleinkram«, meinte Myron niedergeschlagen. »Sie lässt es zu, dass wir miteinander schlafen – beim ersten Mal ging es im Übrigen von ihr aus, nicht von mir –, aber dann zieht sie sich irgendwohin zurück. So ein Spruch wie ›Augen zu und durch‹ könnte glatt für sie erfunden worden sein. Weiß der Teufel, woran sie dabei denkt.«
»Das liegt nicht an dir, Myron. Das liegt an ihr«, sagte Carmine. »Wenn ich du wäre, würde ich mit Desdemona sprechen.«
Myron schüttelte mit Nachdruck den Kopf. »Nein, es war schon schwer genug, mit dir darüber zu reden.« Er stand auf. »Richte unserer Tochter alles Liebe aus.«
»Das solltest du selbst tun.«
»Das kann ich nicht. Ich muss so schnell wie möglich von hier fort.«
Carmine hörte, wie Myrons Schritte auf dem Gang verhallten.
»Ich denke, du brauchst dir keine Sorgen um deine Mutter zu machen«, sagte er am Abend
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