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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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Miriam ist Miss Marple. Daran müssen Sie sich in Zukunft gewöhnen, David«, bestätigt mein Vater mit einem Grinsen und nimmt einen Schluck Wein aus seinem Glas.
    »Sie überrascht einen täglich. Mit Miriam wird es nie langweilig«, schmunzelt David und streicht mir verliebt über meine Wange. »Nicht wahr, Schatz?«
    Ja, du mich auch, du Blödmann. Memo an mich: David nach dem Essen erwürgen.
    »Um auf Ihre Frage zurückzukommen, Herr Behrens, mein Onkel Paul war ebenfalls Fotograf in Wismar. Als ich klein war, verbrachte ich regelmäßig meine Sommerferien bei ihm – vorzugsweise in der Dunkelkammer.« David lacht. Ein kehliges Lachen, das mir durch und durch geht. »Paul ist sozusagen schuld daran, dass ich Fotograf geworden bin. Das Weihnachtsfest, an dem ich meine erste Kamera von ihm bekommen habe, verflucht mein Vater bis heute.«
    »Und dann?« Wie jemand freiwillig nach Wismar ziehen kann, übersteigt nach wie vor meinen geistigen Horizont.
    »Natürlich war mein Berufswunsch meinem Vater ein Dorn im Auge. Denn gemeinsam mit meinem älteren Bruder Jonathan sollte ich die Firma übernehmen, aber dagegen habe ich mich immer gesträubt. Gegen den Willen meines Vaters begann ich eine Ausbildung zum Fotografen und habe nebenher an Fotowettbewerben teilgenommen, was mir erste Achtungserfolge einbrachte. Das hat selbst meinen Vater nach einer gewissen Zeit beeindruckt.« David nippt an seinem Wein. Er wirkt vollkommen relaxt, aber ich kann mir denken, dass es ihn damals eine Menge Kraft und Nerven gekostet hat, sich gegen seinen Vater zu stellen.
    »Nach der Ausbildung habe ich dann für diverse Magazine und Zeitungen gearbeitet und bald einen gewissen Bekanntheitsgrad in der Szene genossen«, fährt David fort. Er lehnt sich zurück, die Hände locker auf den Oberschenkeln abgestützt. »Allerdings habe ich bald gemerkt, dass dieses unstete Leben nichts für mich ist. Die Nachricht vom Tod meines Onkels habe ich als Zeichen empfunden, mein Leben zu ändern. Ohne groß darüber nachzudenken, habe ich mein gesamtes Leben nach Wismar verfrachtet und hier mein eigenes Fotostudio eröffnet. Mein Vater hat gekocht vor Wut. Dass ich meine Karriere einfach weggeschmissen habe, um in die Provinz zu ziehen, trägt er mir heute noch nach. Aber es war die richtige Entscheidung. Statt irgendwelche Promis oder abgemagerte Models zu fotografieren, wollte ich lieber das richtige Leben mit der Kamera einfangen. So wie mein Onkel es einst getan hat. Ich habe diesen Schritt bis heute nicht bereut.«
    »Alle Achtung«, meint mein Vater anerkennend. »Dazu gehört eine gehörige Portion Mut.«
    Ich blinzele erstaunt. Das ist ja höchst interessant.
    David winkt ab. Die Situation ist ihm offenkundig unangenehm. »Ich wusste, was ich wollte. Mein Vater ist bis zum heutigen Tage alles andere als glücklich über meine Entscheidung, aber er hat sich damit arrangiert. Weitestgehend«, fügt er mit einem schiefen Grinsen hinzu.
    »Ja, ja, wenn die Kinder andere Pläne haben als von den Eltern vorgesehen, das ist hart«, gesteht mein Vater nachdenklich.
    Ungläubig glotze ich ihn an. Ich glaub es einfach nicht! David erntet für seine Rebellion gegen die Pläne des Vaters Lob, wohingegen ich mir all die Jahre Vorwürfe anhören darf? »Tja, der tolle David«, stichele ich erbost, »schade, dass man ihn nicht gegen mich eintauschen kann.«
    » MIRIAM !« Mama schaut mich mit schreckgeweiteten Augen an. Papa verschluckt sich an dem letzten Bissen des Rinderbratens.
    »Im Gegensatz zu mir hat er einen festen Job und lebt glücklich und zufrieden im Märchenland Wismar. Was für eine Idylle!« Ich speie die letzten Worte förmlich aus. Zu gerne würde ich mich übergeben. »Aber wisst ihr was? Das stimmt gar nicht! Der tolle David will nämlich raus aus diesem Kaff. Wismar ist dem Starfotografen zu langweilig geworden, so sieht es aus!«
    »Es reicht, Miriam!«, kommt es scharf von David. Seine Worte haben die Wirkung einer Ohrfeige.
    »Ich fange gerade erst an!«
    »Sollen wir euch vielleicht allein lassen?«, wagt meine Mutter vorsichtig einzuwerfen.
    David ergreift meinen Oberarm, der Griff ist fest, aber nicht schmerzhaft. Er sieht mich finster an. Ich wage kaum zu atmen. »Du bringst dich in Teufels Küche, also halt jetzt besser den Mund!«, herrscht David mich an. Sein ganzer Körper ist angespannt, wie auf dem Sprung. Ein Bollwerk an Kraft und Gefährlichkeit, das mich kurzzeitig einzuschüchtern droht.
    Wütend reiße ich mich von

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