Zuckerguss (German Edition)
ihm los. Das Geschirr klirrt verdächtig. »Was dann?«, frage ich herausfordernd, das Kinn angriffslustig nach vorne gereckt.
»Überleg dir, was du tust.«
»Ha, das sagst ausgerechnet du!« Ich muss unkontrolliert auflachen.
»Verdammt noch mal! Hör endlich auf, mir eine Affäre mit Cora anzudichten! Ich hab’s dir schon mehrmals gesagt, Cora interessiert mich nicht. Unser Verhältnis ist rein geschäftlich. Genauso wie bei uns. Oder muss ich dich erst an die Einzelheiten unseres Arrangements erinnern?«, ergänzt David kühl.
Oh Gott, er wird doch wohl nicht …
»Geschäftlich, verstehe. Das sah gestern Nacht allerdings ganz anders aus«, schnappe ich zurück und versuche, mir nicht anmerken zu lassen, wie sehr mich seine Worte getroffen haben. Tapfer kämpfe ich gegen die aufsteigenden Tränen an. Bloß nicht vor David und meinen Eltern das große Heulen kriegen. Alles, nur das nicht.
»Komm, Miriam. Du hast dich doch nur mit mir abgegeben, um vor deiner Familie nicht als Versagerin dazustehen. Ich war quasi zur rechten Zeit am rechten Ort. Ein nettes Mitbringsel, mit dem du für ein paar Stunden angeben konntest. Ansonsten war ich dir herzlich egal und konnte bleiben, wo der Pfeffer wächst. Und ich war auch noch dumm genug, mich auf dieses Spielchen einzulassen.«
»Das stimmt überhaupt nicht!«, entgegne ich mit schwacher Stimme und merke selbst, wie kleinlaut ich klinge. Weil David recht hat. Weil ich anfangs genau das beabsichtigt hatte. Aber wie hätte ich denn ahnen können, dass sich unsere »Geschäftsbeziehung« verselbständigt?
Das ist allein Davids Schuld! Hätte er sich von Anfang an daran gehalten, mich nach der Geburtstagsfeier in Ruhe zu lassen, dann wäre das alles nicht passiert. Es war nicht geplant, dass wir anschließend so viel Zeit miteinander verbringen.
Und vor allen Dingen war nie vorgesehen, dass ich mich in David verliebe.
»Hör auf, dir etwas vorzumachen!«, fordert David energisch, aber der Kampfgeist macht allmählich Resignation Platz. »Du vertraust mir kein bisschen. Andernfalls würdest du nicht diesen Unsinn glauben, den Cora dir erzählt hat. Das zeigt nur, dass ich irgendwer für dich bin. Dass ich dir gleichgültig bin.«
Ich gucke betroffen auf das Tischtuch. Ich weiß wirklich nicht, was ich sagen soll. David hat mich durchschaut. Mit einer Leichtigkeit, die mir Angst macht. Aber mir auch deutlich vor Augen führt, dass er mich viel besser kennt, als ich geglaubt habe. In einem Punkt hat er jedoch unrecht. Im wichtigsten. Er ist mir nicht gleichgültig! Alles andere als das.
Bevor ich David das sagen kann, erhebt er sich. Ich schaue ihm entgeistert dabei zu, wie er die Hand meiner nicht minder perplexen Mutter schüttelt.
»Vielen Dank für das wunderbare Essen, es war köstlich. Die Fotos können Sie sich morgen abholen. Schönen Abend noch.«
Im nächsten Moment höre ich die Haustür scheppernd ins Schloss fallen. Während mein Herz in hundert Einzelteile zersplittert.
26
»Miriam Henrietta Behrens! Was geht hier vor?«
Schuldbewusst blicke ich meine Eltern an. Mama sieht aus, als würde sie gleich in Ohnmacht fallen. Papa ist knallrot. Er bläht die Nasenflügel auf und pumpt wie ein Maikäfer. Ungeduldig tippt er mit den Fingern auf die Tischplatte, was an meinen zum Zerreißen gespannten Nerven zerrt.
»Ich warte, Fräulein.« Ich hasse es, wenn mein Vater mich so nennt. Schließlich bin ich kein dummes kleines Kind!
»Das ist schwierig zu erklären«, druckse ich kaum hörbar. »Können wir darüber vielleicht morgen reden?« Meine Stimme ist nur noch ein Fiepen. Ich möchte mich in Luft auflösen, damit mir dieses Gespräch erspart bleibt. Sinnlos, ich weiß. Aber ich stehe diesen Riesenkrach heute nicht mehr durch. Nicht, nachdem David mir offiziell das Herz gebrochen hat. Am liebsten würde ich mich in meinem Zimmer vergraben, stundenlang R.E.M. hören und heulen. Ein bisschen die Welt verfluchen. Meine Gefühle verfluchen. Und David verfluchen. Den sowieso.
»Du verlässt diesen Tisch nicht eher, bis du uns eine anständige Erklärung geliefert hast.« Mein Vater haut zur Bestätigung mit der Hand auf den Tisch. Mama fährt erschrocken zusammen.
Genau. Denn ich halte meine Beine ja unter seinen Esstisch, nicht wahr?
»Schön«, erwidere ich patzig, »David ist nicht mein Freund. Er war es nie und wird es auch nie sein. Zufrieden?«
»Ja, aber, David und du … ihr habt gesagt … ein Paar …« Meine Mutter schaut ratlos meinen
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