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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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mich in Wismar gekommen sind, ist mir unbegreiflich.
    »Damit steht unserem wohlverdienten Urlaub nichts mehr im Wege, Konrad«, wendet sich meine Mutter selbstzufrieden an meinen Vater.
    Papa legt die Zeitung ordentlich zusammen und fährt sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Susanne, es geht nicht. Wir sind mitten in der Urlaubssaison, eine Menge Sommerfeste und Geburtstage stehen in nächster Zeit an. Ich kann Alex nicht mit alldem alleine lassen. Auch nicht für eine Woche«, unterbindet er den aufkeimenden Protest meiner Mutter, ehe er versöhnlich hinzufügt: »Lass uns im Oktober noch einmal darüber reden. Einverstanden?«
    »Was ist denn mit Miriam? Sie kann einspringen, wenn Not am Mann ist. Sie kennt die Abläufe. Es sind nur sieben Tage, Konrad. Da wird die Bäckerei nicht gleich bankrottgehen«, meint Mama in einem beinahe flehentlichen Tonfall. Sie tut mir fast leid. Mein Vater kann überaus störrisch und verbohrt sein, und wenn er sich einmal festgelegt hat, dann ändert er seine Meinung nicht mehr.
    Mein Vater atmet hörbar die Luft ein. »Miriam hat bereits vor Jahren deutlich gemacht, was sie von der Bäckerei hält. So jemanden lasse ich nicht das Lebenswerk meines Vaters ruinieren!«
    »Konrad, bitte …«
    »Also, Papa, wirklich!«
    »Nein! Das ist mein letztes Wort«, sagt er mit eisiger Stimme, mich keines Blickes würdigend. »Wenn ihr mich nun entschuldigt, ich bin mit Jürgen zum Tennis verabredet. Susanne, hast du meinen Schläger gesehen?« Damit erhebt er sich und verlässt die Küche.
    Ich bin zu geschockt, um überhaupt etwas zu sagen. Schweigend sitze ich da und versuche das Gehörte zu verdauen. Ich weiß, dass mein Vater nach allem nicht unbedingt zu meinen größten Bewunderern zählt, aber das eben hat mich umgehauen. Nicht im Traum hätte ich gedacht, dass er derart wenig von mir hält. Andererseits, wieso erstaunt mich das? Nach dem Gespräch in der Backstube am Freitag war nichts anderes zu erwarten gewesen. Daran änderte auch das stillschweigende Übereinkommen nichts, Mama den Geburtstag nicht mit einem Streit zu ruinieren.
    Es ist nicht so, dass ich sonderlich verletzt wäre. Die Zeiten, in denen ich mich deswegen heulend in meinem Zimmer verschanzt hätte, sind lange vorbei. In dieser Hinsicht hat mein Vater unrecht. Ich bin erwachsen geworden.
    Meine Mutter blickt unschlüssig drein. Ich kann ihr ansehen, dass sie nicht recht weiß, was sie nun tun oder sagen soll. Sie sitzt zwischen den Stühlen. Wie vor fünf Jahren.
    Damals hat sie sich um des lieben Friedens willen rausgehalten. Obwohl der längst nicht mehr existierte. Sie wirft mir einen entschuldigenden Blick zu, erhebt sich und geht meinem Vater nach. Den Tennisschläger suchen. Ich habe nichts anderes erwartet.
    »Das lief ja prima«, kommentiert Eva ironisch. Sie räumt das dreckige Geschirr in den Geschirrspüler, schließt die Tür schwungvoll und schaltet das Gerät an.
    »Willst du mir Vorwürfe machen?«, frage ich angriffslustig. »Nur zu, ich bin genau in der richtigen Stimmung.« Mit meiner Schwester habe ich sowieso ein Hühnchen zu rupfen.
    Sie hebt abwehrend die Hände. »Entspann dich.«
    »Ich soll mich entspannen?«, kreische ich hysterisch. »Hast du eine Ahnung, was du mir da eingebrockt hast? Was sollte das?«
    »Was sollte was?«
    Ich bin kurz davor, endgültig die Nerven zu verlieren. »Frag auch noch.«
    »Ach das. Ich wollte dir lediglich eine Möglichkeit geben, dich mit Papa auszusprechen.«
    » WIE BITTE? «
    Eva zuckt gleichgültig mit den Achseln. »Sieh es doch mal positiv, du hast mehr Zeit für David.«
    »Wie bitte?«
    Sie verdreht die Augen. »Du wiederholst dich.«
    »Und du tickst nicht mehr ganz richtig! Hast du nicht gerade gesehen, dass zwischen Papa und mir Eiszeit herrscht?«
    »Ein Grund mehr, dass ihr euch endlich aussprecht, wenn es mit Hiddensee schon nicht klappt. Diesen Kindergarten kann man ja nicht mehr mit ansehen. Ihr seid beide so dermaßen verbohrt, furchtbar. Das wäre übrigens auch in Mamas Sinne. Außerdem freut sie sich, wenn du länger in Wismar bleibst. Du siehst, eigentlich müsstest du mir dankbar sein«, sagt meine Schwester selbstzufrieden.
    Ich glaube, ich höre nicht richtig. »Dankbar sein?« Meine Stimme überschlägt sich mehrfach. Dank Eva glaubt meine Mutter nun, dass ich momentan nichts Besseres zu tun habe, als meine Freizeit in Wismar zu verbringen. (Gut, habe ich auch nicht, seien wir ehrlich!) Großartig! Unter den strafenden

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