Zuckerguss (German Edition)
dann kann er sich nicht länger zurückhalten und prustet los.
»Prima, dass ich zu deiner Unterhaltung beitrage«, antworte ich schnippisch.
»Unglaublich«, gluckst er. »In solche Situationen kannst auch nur du schlittern.«
»Ich weiß selbst, dass das total bescheuert war. Glaub mir, wenn ich es rückgängig machen könnte, ich würde es tun.«
»Dir ist aber bewusst, dass du dann auf der Geburtstagsfeier ohne vorzeigbaren Freund hättest auftauchen müssen, oder? Wie geht es mit dem neuen Wismarer Liebespärchen denn nun weiter? Du kannst David nicht von heute auf morgen ad acta legen. Oder zahlst du ihm einen Bonus, damit er seine Rolle weiter so souverän spielt?« Olli grinst unverschämt. Er hat definitiv zu viel Spaß an der ganzen Geschichte.
»Du findest das alles waaaahnsinnig komisch, stimmt’s?«
Das Gesicht hinter der Hand verborgen, versucht er krampfhaft, nicht erneut von einem Lachflash übermannt zu werden. Es gelingt nicht ganz. Ich würde Olli am liebsten einen Eimer mit eiskaltem Wasser über den Kopf kippen, damit er endlich das blöde Grinsen sein lässt. Ich habe nicht erwartet, dass er meine Beweggründe versteht, ich kapiere sie nicht einmal mehr selber. Aber etwas Solidarität kann ich von meinem besten Freund ja wohl erwarten, finde ich. Stattdessen macht er sich über das Ganze auch noch lustig.
»Um ein Gespräch mit David wirst du nicht herumkommen«, meint Olli zwinkernd.
Ich wette, dass er sich dieses Treffen gerade bildlich vorstellt. David öffnet die Tür – lediglich mit einem Handtuch um die Hüften bekleidet, vereinzelte Wassertropfen rinnen seinen muskulösen Oberkörper herab – und ich wedele im Gegenzug mit einem Batzen Geldscheine.
Halt! Stopp!
Heftig schüttele ich den Kopf. Wir sind hier nicht in einem Pornofilm. Langsam mache ich mir Sorgen, welchen Einfluss das Zusammenleben mit Moritz auf mich hat.
Ich sollte dringend neue Prinzipien setzen. Schließlich habe ich genug eigene Probleme, auch ohne einen gewissen David. Und überhaupt, ich will gar nichts von diesem Möchtegern-Fotografen. Wäre ja noch schöner! Vermutlich denke ich nur solch einen Unsinn, weil ich heute noch nichts Ordentliches gegessen habe. Wahrscheinlich bin ich unterzuckert. Das wird es sein!
»Erde an Miriam.«
Ich schrecke hoch. »Hm?«
»Will ich wissen, woran du gerade gedacht hast?«, neckt mich Olli.
Ich werde eine Spur röter. Hoffentlich sieht er mir meine dreckigen Gedanken nicht an der Nasenspitze an. »Ich … ich habe bloß überlegt, ob … ob sich d-das … Wetter die nächsten Tage hält«, stammele ich mit knallrotem Kopf.
Ollis bedeutungsvolles Nicken bringt deutlich zum Ausdruck, wie sehr er mir glaubt.
»Das mit David wird sich irgendwie klären«, fahre ich schnell fort, bevor Olli einen dummen Kommentar ablässt. »Zur Not behaupte ich, dass David im Stress ist. Und dass wir uns zu sehr einengen, wenn wir andauernd zusammenhocken.«
Mein bester Freund sieht nicht wirklich überzeugt aus. Ehrlich gesagt, ich bin es auch nicht. Nicht nur, weil ich weiß, dass ich einer Konfrontation mit David unmöglich innerhalb von einer Woche aus dem Weg gehen kann. Dafür ist Wismar zu klein, und ich zu sehr vom Pech verfolgt. Außerdem kenne ich meine Mutter und ihre Verkupplungsversuche, wenn sie einmal Lunte gerochen hat. Nach gestern scheint sie keinen Zweifel mehr daran zu haben, dass für mich bald die Hochzeitsglocken läuten. Mit einem Wismarer Fotografen. Gestern muss zweifellos ihr Glückstag gewesen sein.
Ollis Handy vibriert. Mit einem entschuldigenden Blick geht er ran. Während ich ihm dabei zuhöre, wie er am Telefon mindestens zehnmal hintereinander »Ja« sagt, schlürfe ich den Rest Latte macchiato aus meinem Glas.
Keine zwei Minuten später beendet Olli das Gespräch, lässt das Handy in seine Hosentasche gleiten und erhebt sich. »Tut mir leid, Miriam. Reiner ist überraschend krank geworden, und daher muss ich über das Treffen des Kleingartenvereins berichten.« Er zieht eine Grimasse. Eine aufregende Enthüllungsstory wäre ihm mit Sicherheit lieber gewesen.
»Kein Problem.« Insgeheim bin ich froh, dass ich nicht weiter über David reden muss.
Olli ist fast bei seinem Wagen angekommen, als er sich umdreht und mir zuruft: »Überleg dir das mit der Zeitung.«
Ich verdrehe die Augen. Als ob ich keine anderen Sorgen hätte.
10
»Du bist noch hier?«
Regine schaut mich mit großen Augen an. Sie glaubt wahrscheinlich, dass ich eine Illusion
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