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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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einen seiner berühmt-berüchtigten Tobsuchtsanfälle, während Mama sich fragen würde, was sie bei mir nur falsch gemacht hat.
    »Miriam?« Mama sieht mich erwartungsvoll an.
    Mein Blick fällt auf die Morgenzeitung. »Ich-ich schreibe.«
    »Deine Memoiren, oder wie?«, spottet mein Vater.
    Ich verziehe keine Miene. »Für eine Zeitung.«
    Meine Mutter schnappt hörbar nach Luft. Sie ähnelt verdächtig einem Karpfen. »Aber, Schatz, das ist ja phantastisch! Ich habe immer gewusst, dass in dir eine kreative Seele wohnt. Wo du doch schon in der Schule begeistert bei der Schülerzeitung mitgearbeitet hast.«
    Ich ringe mich zu einem mehr als gequälten Lächeln durch.
    Die Schülerzeitung war ein Projektkurs, an dem teilzunehmen Pflicht war. Zur weiteren Auswahl standen Klöppeln für Anfänger und Leichtathletik. Die Entscheidung fiel mir dementsprechend leicht, zumal ich der unsportlichste Mensch bin, den man sich vorstellen kann.
    »Was ich nicht verstehe«, fährt sie fort, »wieso willst du dich unbedingt neu orientieren? Macht dir der Job keinen Spaß mehr?«
    »Hm, doch«, antworte ich gedehnt. »Ich brauche bloß eine neue Herausforderung.« Hoffentlich ist damit das Thema endlich vom Tisch.
    »Verträumt wie eh und je.« Mein Vater schüttelt fassungslos den Kopf, bevor er sich intensiv dem Wirtschaftsteil der Zeitung widmet. Für ihn scheint das Gespräch damit abgehakt zu sein.
    Ich verspüre den dringenden Wunsch, laut loszukreischen. Langsam habe ich echt die Schnauze voll! Ist es so schwer zu akzeptieren, dass ich mein eigenes Leben leben will, ohne dass mir dauernd jemand reinquatscht? Nur weil ich andere Pläne als meine Eltern habe, muss ich mir nicht bei jeder Gelegenheit vorwerfen lassen, dass ich naiv bin und mein Leben nicht auf die Reihe kriege.
    »Guten Morgen.« Meine Schwester hat wie immer unerträglich gute Laune. Sie lässt sich in den Stuhl neben mir fallen, greift sich das mir versprochene letzte Croissant und beißt genüsslich hinein. »Ist was?«, will sie wissen, als niemand auf ihre morgendliche Begrüßung reagiert.
    »Nee«, entgegne ich mürrisch.
    »Wir überlegen gerade, wie wir Miriam aus ihrer beruflichen Krise helfen können«, berichtet meine Mutter stolz.
    Mir schwillt der Kamm. »Ich habe keine berufliche Krise«, presse ich hervor, jedes Wort extra betonend. »Ich lasse mich nur nicht für eure Zwecke einspannen, Mama.«
    »Habe ich was verpasst?«, wundert sich Eva und gibt zwei Stück Zucker in ihren Kaffee.
    »Mama sucht einen Aufpasser für Alex und die Bäckerei, während sie mit Papa Urlaub auf Hiddensee macht. Und da ich mich weigere, diesen Job zu übernehmen, ist schlechte Stimmung angesagt.«
    »Wo ist das Problem? Du hast dir schließlich ein paar Tage freigenommen«, sagt sie mit einem schamlosen Grinsen im Gesicht, für das ich sie bei nächster Gelegenheit erwürgen werde.
    »Meine Rede«, triumphiert meine Mutter.
    »Ich habe morgen ein Vorstellungsgespräch«, helfe ich Eva gestenreich auf die Sprünge. Kann ja wohl nicht angehen, dass mich meine eigene Schwester in die Pfanne haut.
    »Welches Vorstellungsgespräch?«
    »Das bei … bei … du weißt sch-schon w-wo«, stottere ich hilflos.
    »Ach das!«
    Ich will bereits aufatmen, als Eva fortfährt, »ich dachte, das wäre erst in zwei Wochen.« Das verschlägt mir die Sprache.
    »Na also, dann wäre das ja geklärt. Miriam verbringt ihren Urlaub bei uns«, freut sich Mama.
    Mütter! Irgendwann kriegen sie dich. Selbst wenn ich mit Händen und Füßen protestieren würde, aus dieser Sache komme ich nicht mehr heraus. Die Erkenntnis trifft mich wie ein Holzhammer. Wieso habe ich bloß vor meiner schlitzohrigen Schwester diese angeblichen freien Tage gestern erwähnt? Weil ich dieser Gans Cora und meinem Bruder beweisen wollte, wie toll es beruflich für mich läuft. Deswegen. Das habe ich nun davon!
    »Warum kann Eva nicht hierbleiben und den Babysitter spielen? Dann kann sie schon mal für später üben«, zische ich gehässig.
    »Sei nicht kindisch, Miriam. Eva hat einen wichtigen Prozess zu gewinnen, da kann sie nicht einfach freimachen«, wiegelt meine Mutter ab. »Genieße deine freien Tage mit David und wirf ab und an einen Blick in die Backstube. Das ist wohl nicht zu viel verlangt!«
    Ich schließe für einen Moment erschöpft die Augen und versuche die Kopfschmerzen zu ignorieren. Wie wir von einem harmlosen Gespräch über die Urlaubsplanung meiner Mutter zu einem verlängerten Aufenthalt für

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