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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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blicke David nun doch wieder ins Gesicht. Er sieht ein wenig geschockt aus, aber um seine Mundwinkel schleicht ein feines, kaum wahrnehmbares Lächeln. »Kitschig, ich weiß. Ich habe eben absolut keine Ahnung.« Ich lache gekünstelt.
    »Das war das schönste Kompliment, das ich je bekommen habe«, meint David ernsthaft.
    »Spinner!«
    »Vielleicht.« Er lächelt entwaffnend.
    »Warum Wismar?«, hake ich nach, immer mehr davon überzeugt, dass ein brillanter Fotograf wie David nicht in die tiefste Provinz von Meck-Pomm gehört.
    »Wieso nicht?!«
    »Gegenfragen zählen nicht.«
    »Sagt wer?«
    »Sie weichen aus, Herr Vahrenberg.«
    Aus Davids Brust entsteigt ein tiefes, melodisches Lachen. »Und Sie sind reichlich neugierig, Frau Behrens.«
    »Ist das etwas Schlechtes?«, erkundige ich mich, das Kinn herausfordernd in die Höhe gereckt und die Hände in die Hüften gestemmt.
    Er streicht sich gedankenvoll mit der Hand über seinen Bart. »Abwarten.«
    Ich hebe vielsagend die linke Augenbraue. David seufzt. »Wismar hat sich eines Tages ergeben. Ich mochte die Stadt, die Leute, das Meer. Folglich bin ich geblieben. Der Trubel der Großstadt, dieses hektische Leben auf der Überholspur war ohnehin nichts für mich.«
    »Aber ausgerechnet Wismar?« Mein Gesicht und meine Stimme spiegeln blankes Entsetzen.
    »Du tust gerade so, als ob Wismar die Hölle auf Erden wäre«, staunt David. Seine Augen ruhen auf mir, suchen nach einer Antwort für meine Aversion. Unter seinem durchdringenden Blick fühle ich mich klein. Ich habe Angst, dass er hinter meine Fassade schauen könnte und die wahren Gründe für meine Abneigung gegen das Kleinstadtleben erkennt.
    »Lassen wir das«, meine ich ausweichend.
    David runzelt die Stirn. »Wer weicht nun wem aus?«
    Allzu gerne würde ich diesem Klugscheißer jetzt die Zunge herausstrecken.
    Er setzt sich in den Drehstuhl und führt schweigend einige Klicks an seinem Notebook aus.
    Verunsichert stehe ich da und weiß nicht, ob ich gehen oder bleiben soll. Ist er sauer auf mich und will nicht mehr mit mir reden, weil ich ihn gedrängt habe, mir ein paar private Details zu verraten? Andererseits weiß er viel mehr über mich als ich über ihn. Ich finde es nur legitim, wenn ich auch Fragen stelle. Immerhin bin ich seine Freundin. Na gut, seine Fake-Freundin.
    Aber was, wenn er nun so verärgert ist, dass er mich nicht mehr sehen will? Und wenn ja, wie erkläre ich das vermeintliche Ende unserer Beziehung meiner Familie? Schluss durch gegenseitiges Anschweigen?
    Das beständige Klicken der Maus zerrt an meinen angespannten Nerven. Ich bin kurz davor, die Beherrschung zu verlieren und ihn anzuschreien, damit er etwas sagt, als er unerwartet aufsieht.
    »Magst du dir die restlichen Bilder anschauen?«
    Offenbar redet er weiterhin mit mir. »Ich denke, die sind noch nicht entwickelt«, antworte ich verblüfft.
    »Stimmt.« David winkt mich zu sich heran und deutet auf den Bildschirm seines Notebooks, wo Dutzende kleiner Miniaturansichten der Geburtstagsparty zu sehen sind. »Sind allerdings unbearbeitet.«
    »Aha.« Ich nehme auf dem Stuhl neben David Platz. Dabei berühren sich unsere Knie. Eilig rücke ich ein Stück weit von ihm weg, beunruhigt von seiner körperlichen Anziehung auf mich.
    David hat die Arme vor der Brust verschränkt, unter seinem Hemd zeichnet sich deutlich seine muskulöse Brust ab. Ich bemühe mich intensiv, auf den Bildschirm vor mir zu gucken, anstatt auf meinen Sitznachbarn.
    Leider ist das leichter gesagt als getan, denn David scheint nicht daran interessiert zu sein, die Professionalität unserer Geschäftsbeziehung zu wahren. Im Gegenteil. Sein Arm ruht nun lässig auf der Rückenlehne meines Stuhls, seine Finger spielen wie zufällig mit meinen Haaren. Unruhig rutsche ich auf dem Stuhl weiter nach vorne, bis ich nahezu auf der Kante sitze. Eine weitere Bewegung, und ich lande mit meinem Hintern auf dem Hosenboden.
    »Wir waren echt überzeugend«, stellt David anerkennend fest. Auf dem Bildschirm erscheint gerade die Aufnahme von uns beiden, auf die meine Mutter energisch bestand. David, einen Arm um mich gelegt und mich frisch verliebt angrinsend, während ich reichlich dämlich in die Kamera glotze. Nicht ohne Grund meide ich Kameras seit Jahren. Ich bin nämlich in etwa so fotogen wie ein Blumentopf.
    »Leichtigkeit«, winke ich ab. »Meine Mutter ist froh, dass ich in meinem Alter überhaupt noch jemanden abgekriegt habe.«
    »Jetzt übertreibst du

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