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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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solche Lügen auftische. Und alles nur, weil ich meine Eltern nicht enttäuschen will. Weil ich ein einziges Mal will, dass sie stolz auf mich sind. Dass sie die toughe, zuverlässige und aufstrebende Businessfrau in mir sehen anstelle der missratenen Göre, die aber auch rein gar nichts in ihrem Leben gebacken bekommt.
    Gott, ist das armselig!
    Ich verabscheue mich selbst.
    Mama setzt sich zu mir auf die Bettkante, nimmt das Reclamheft in die Hand und beginnt abwesend, darin zu blättern.
    Verunsichert rutsche ich auf meinem Po herum. Ich fühle mich von dem drohenden Mutter-Tochter-Gespräch, das laut Mama längst überfällig ist, heillos überfordert. Vielleicht, weil ich nicht mehr weiß, wie ich mich verhalten soll, ohne mich in die Nesseln zu setzen. Oder noch schlimmer, meine schlechte romantische Komödie mit David auffliegen zu lassen – die, seien wir ehrlich, mindestens fünf Goldene Himbeeren verdient hätte. Dass meine Mutter bis jetzt nicht gemerkt hat, dass ich Papa und sie schamlos belüge, grenzt an ein glattes Wunder.
    »Was ist los, Miriam? Du bist so verändert, seit du wieder da bist.« Meine Mutter legt das gelbe Büchlein zur Seite und mustert mich aus ihren grün-braunen Augen, die mir Verständnis vorgaukeln, aber in Wahrheit die Botschaft vermitteln: Du kommst hier nicht eher raus, bis du die Karten offen auf den Tisch gelegt hast, Fräulein!
    »Alles in bester Ordnung«, wehre ich ab, obwohl ich genau weiß, dass sie sich damit alles andere als zufriedengeben wird. Mütter eben.
    Mama spitzt die Lippen, guckt mich bedeutungsvoll an.
    »Es ist nichts, ehrlich.« Um meine Aussage zu bekräftigen, setze ich ein albernes Lächeln auf, das mir bis über beide Ohrmuscheln reicht. Ich finde mich überzeugend.
    »Du weichst mir aus, sobald ich den Versuch unternehme, mich mit dir zu unterhalten. Du redest nur das Nötigste mit deinem Vater, und deinen Freund meidest du ebenfalls wie die Pest. Kannst du mir bitte sagen, was ich davon halten soll?«
    Ich will sie unterbrechen, ihr erklären, dass alles paletti ist, dass sie sich umsonst Sorgen um mich macht, aber sie hebt die Hand und bringt mich zum Schweigen.
    Ich schlucke. Für eine Sekunde überlege ich, alles abzustreiten. Doch ich kenne meine Mutter. Aus dieser misslichen Lage komme ich nicht mit einem Lachen und »Das bildest du dir ein, Mama« wieder raus. Entweder mache ich Zugeständnisse, die die Wahrheit nur ein klitzekleines bisschen verschleiern, oder meine Mutter nimmt mich so lange in die Mangel, bis ich nicht nur meine Studiumssituation, sondern auch die nicht vorhandene Beziehung zu David knirschend zugebe.
    »Ach, Mama, du weißt ganz genau, dass Papa und ich – seit der … ähm … Sache damals – nicht über unsere Schatten springen können.«
    Sie seufzt tief. »Manchmal frage ich mich wirklich, wie alt ihr beide seid. Ihr benehmt euch wie kleine, trotzige Kinder statt wie zwei erwachsene Menschen!« Sie sieht mich dermaßen vorwurfsvoll an, wie nur Mütter es beherrschen. »Kannst du denn nicht mal versuchen, dich mit deinem Vater auszusprechen? Mir zuliebe?«
    Der Appell stößt bei mir auf taube Ohren. »Wozu? Damit ich mir zum tausendsten Mal anhören darf, dass ich nichts aus meinem Leben mache? Dass ich eine totale Enttäuschung bin? Nein, danke! Ich kann es Papa ohnehin nicht recht machen. Seit ich seiner heiligen Bäckerei den Rücken zugekehrt habe, bin ich für ihn gestorben. Papa und ich, das funktioniert nun mal nicht«, rechtfertige ich mich, stur die Arme vor der Brust verschränkt.
    »Du kannst herrlich melodramatisch sein.«
    »Vielleicht werde ich Schauspielerin.«
    »Diesen Charakterzug hast du definitiv nicht von mir. Da kannst du sagen, was du willst«, versucht meine Mutter zu scherzen. Sie wird jedoch sofort wieder ernst. »Schau mal, ich weiß, dass das Verhältnis zwischen Konrad und dir angespannt ist. Aber er ist dein Vater, Miriam. Er liebt dich, auch wenn er Schwierigkeiten hat, dir das zu zeigen. Insgeheim leidet er unter eurer Eiszeit genauso wie du.«
    »Das verbirgt er hervorragend«, schnaube ich.
    »Du kannst ihm nicht verdenken, dass er enttäuscht ist. Inzwischen hat er sich mit der Situation in der Bäckerei arrangiert. Alex ist eine große Hilfe, und dein Vater weiß das auch, er mag es nur nicht zugeben. Aber du« – sie legt mir liebevoll die Hand auf mein Knie –, »du warst immer sein Liebling, sein Sonnenschein. Von Anfang an hat Konrad sich deine Zukunft in der Bäckerei in den

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