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Zuckerguss (German Edition)

Zuckerguss (German Edition)

Titel: Zuckerguss (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anica Schriever
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aber!«
    Ich rolle mit den Augen. »Du kennst meine Familie nicht.« Und dafür sollte er wirklich dankbar sein.
    »Das kann man ja bei einem Abendessen ändern«, schlägt David aus heiterem Himmel vor, die Lippen zu einem unwiderstehlichen Ich-bin-der-Traum-aller-Schwiegermütter-Lächeln verzogen.
    Ich glotze ihn mit offenem Mund an. Hat der sich mit meiner Mutter verschworen? Dieser Mist ist hoffentlich nicht sein Ernst. Erstens kennen wir uns kaum, zweitens spielen wir das Traumpaar von Wismar bloß vor meinen Eltern und drittens – nur über meine Leiche!
    »Ich werde dich nicht blamieren, versprochen. Du wirst es nicht glauben, aber ich habe durchaus Manieren«, beruhigt mich David, als er meinen entgeisterten Gesichtsausdruck wahrnimmt. »Ich werde brav Guten Abend sagen und verspreche hiermit hoch und heilig, nicht die teure Damasttischdecke deiner Mutter vollzukleckern. Ehrenwort.«
    David scheint das wirklich durchziehen zu wollen. Es hat sogar den Anschein, als ob er sich auf ein solches Abendessen freuen würde. Die Hände locker zwischen den Knien gefaltet und ein verschmitztes Grinsen auf den Lippen. Keine Panik, mich bringt so leicht nichts aus der Ruhe, soll das wohl heißen. Bei dem Typ muss echt eine Schraube locker sein.
    »Du hast ’nen Vollschuss!«
    Er lehnt sich lässig zurück und verschränkt die Arme im Nacken. »Meinetwegen können wir auch allein essen gehen. Ich bin da flexibel. Du schuldest mir ohnehin ein Date.«
    »Vergiss es!«, entrüste ich mich aufgebracht. Wenn er weiter so penetrant auf dieser Verabredung herumreitet, mache ich wirklich Schluss. Egal was für ein Theater meine Mutter veranstaltet.
    Einen gebuchten Freund zu haben habe ich mir bei weitem unkomplizierter vorgestellt. Statt einmal kurz Hallo zu sagen, Küsschen links, Küsschen rechts und auf Nimmerwiedersehen, finde ich mich nun im schönsten Lebens- und Liebeschaos wieder. Denn David verhält sich überhaupt nicht, wie ich das geplant habe. Eigentlich sollte er froh sein, mich und meine oberpeinliche Familie so wenig wie möglich zu sehen.
    »Um acht beim Seemannsgarn ?« Er lässt nicht locker. Seine Hartnäckigkeit ist beinahe bewundernswert.
    »Nein.«
    David sieht mich vielsagend an. »Schätzchen, langsam wird es verdächtig, wenn wir nie gemeinsam etwas unternehmen. Außerdem wirkt sich deine Ablehnung auf meine Psyche aus«, beklagt er sich mit treudoofem Dackelblick.
    Ich muss unweigerlich grinsen. »Deine Psyche wird es überleben, Bärchen.«
    »Das sagst du .«
    »Gewöhn dich dran.«
    »Und was ist mit der Himbeersahnetorte?«, schmollt David mit vorgeschobener Unterlippe. Er wirkt damit keinesfalls lächerlich, sondern noch unwiderstehlicher. Eine riskante Mischung. Ich sollte schleunigst das Weite suchen, ehe ich mich zu einer Dummheit hinreißen lasse.
    »Ich schicke dir ein Stück vorbei«, versichere ich kühl, dabei fühle ich mich alles andere als unnahbar und cool in seiner Gegenwart. David spürt das. Sein intensiver Blick ruht auf mir, scannt mich von oben bis unten. Er muss einen Peilsender besitzen, um zu wissen, wie er mich am besten nervös machen kann. Darin scheint er ein wahrer Meister zu sein.
    »Das ist nicht dasselbe«, behauptet er, mich spitzbübisch anfunkelnd.
    Ich tätschele ihm mütterlich die Wange. »Du wirst es verkraften, Don David.«
    »Dir ist hoffentlich bewusst, was dir entgeht.«
    Ich schlucke schwer. »Ich kann es mir vorstellen.«

14
    »Sag mal, findest du es normal, dich den ganzen Tag bei strahlendem Sonnenschein in deinem Zimmer zu verbarrikadieren?« Meine Mutter lehnt mit der Hüfte gegen den Türrahmen und betrachtet mich kopfschüttelnd.
    »Mama, ich habe zu arbeiten«, murre ich und lege widerstrebend das Buch aus der Hand, in dem ich bis eben gelesen habe. Sonderlich weit bin ich nicht gekommen. Karl Philipp Moritz’ Anton Reiser zählt leider nicht zur Kategorie Pageturner.
    »Ich denke, du hast Urlaub«, wundert sie sich, die linke Augenbraue misstrauisch in die Höhe ziehend.
    »Hm, ja«, druckse ich herum, »aber Weiterbildung schadet bekanntlich nie.« Meine Mutter muss ja nicht wissen, dass ich die Lektüre für die anstehende Abschlussprüfung an der Uni lese.
    »Du überraschst mich.«
    Ich zucke mit den Achseln, weiche ihrem Blick aus. Mein schlechtes Gewissen meldet sich. Wieder einmal. Konsequent versuche ich, es in die Schranken zu weisen – und scheitere auf ganzer Linie. Vielmehr fühle ich mich noch schuldiger, weil ich meiner Mutter

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