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Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Zuckerguss und Liebeslieder Roman

Titel: Zuckerguss und Liebeslieder Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosie Wilde
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lesen sein, einem dicken Wälzer, in dem unser Treffen ein volles Kapitel einnimmt, aber um das Wesentliche zusammenzufassen: Wyatt beschreibt tief anrührend, wie er mit dem letzten Kater seines Lebens erwacht und mich neben sich stehen sieht, einen feuchten Waschlappen in der Hand. »Bist du ein Engel?«, krächzt er, während ich ihm die Stirn abtupfe. »Nein, Wyatt«, flüstere ich zart. »Aber ich bin aus einem fernen Land gekommen, um dich zu retten.«
    Natürlich werde ich niemals öffentlich Anspruch auf das Verdienst erheben, Wyatts Leben eine völlig neue Wendung gegeben zu haben. Und die Rezensenten werden ewig rätseln, was es mit dem Titel des Buchs - Liebling, ich verdanke dir alles - auf sich hat (ein bisschen so wie das Rätsel um die geheimnisvolle Frau in Shakespeares Sonetten).
    Ungefähr eine Viertelmeile krieche ich mit meinem Leihauto die Zufahrt entlang und sehe nach einer Kurve eine Ansammlung von Gebäuden, umgeben von tadellos gepflegten Feldern mit weißer Umzäunung, und weiter hinten einen dichten Wald. Ich parke den Wagen vor dem schmucken, holzverkleideten Farmhaus. Aus den Schornsteinen zu beiden Enden des Giebeldachs steigt Rauch auf. Ich entdecke einen Pferdestall, eine rot gestrichene Scheune und ein Cottage. Steif bis in die Knochen steige ich aus. Bei der Geschwindigkeit, mit der ich mich von Columbus bis hierher bewegt habe, ist es ein Wunder, dass keine Schleimspur meinen Weg markiert. Es ist lausekalt; eisiger Wind schlägt mir ins Gesicht, und wie ich feststelle, bin ich keine Minute zu früh angekommen, denn schon fallen
die ersten Schneeflocken vom weißgrauen Himmel und lassen sich auf dem Boden nieder.
    Ich hieve meinen Rollkoffer aus dem Kofferraum und hänge mir die passende Bordtasche um. Da nähert sich ein Mann in grünem Arbeitsoverall mit einem Besen in der Hand.
    »Was wollen Sie?« Durch den Schal, mit dem er sich gegen die Kälte eingemummelt hat, klingt seine Stimme seltsam dumpf.
    Offensichtlich ein Farmarbeiter, der nicht weiß, dass ich erwartet werde. »Ich bin hergekommen, um Wyatt Brown aufzusuchen.«
    »Sind Sie Journalistin?«, fragt er misstrauisch.
    »Nein! Ich bin Alice Fisher, von Carmichael Music«, sage ich gebieterisch. »Ich bin einen Tag zu spät dran, aber er erwartet mich.«
    »Nein.«
    »Doch.«
    »Nein.«
    »Ach, Herrgott noch mal.« Ich ziehe den Reißverschluss meiner Bordtasche auf und hole Brents Infoblatt aus dem Fach für »Wyatt Brown« in meiner Mappe. Es schneit große, weiche Flocken. Gott sei Dank habe ich meinen khakifarbenen Squall-Parka von Lands’ End an (beim Kauf von zweien entfallen die Versandgebühren). Und dann wird mir flau im Magen, weil ich mich nicht entsinnen kann, in Brents Schrieb irgendwo ausdrücklich gelesen zu haben: »Wir haben Wyatt Brown von Ihrer bevorstehenden Ankunft unterrichtet.«
    Der Farmmensch deutet meine bestürzte Miene offenbar richtig. »Rufen Sie am besten bei Ihrem Büro an. Unten im Ort gibt’s ein Telefon.«

    Der Schnee macht sich auf dem Auto breit, meine Finger sind nach dem stundenlangen Klammergriff ums Lenkrad völlig verkrampft. Und vor lauter Anstrengung, immer daran zu denken, dass ich auf der falschen Straßenseite fahren muss, habe ich Kopfweh. Nichts und niemand bringt mich heute noch mal hinters Steuer.
    »Warten Sie! Ich muss unbedingt mit ihm sprechen.« Ich muss diesem Volltrottel von Bauernknecht klarmachen, in welch wichtiger Mission ich unterwegs bin. »Ich bin hergekommen, um sein nächstes Album zu produzieren.«
    Das lässt ihn verstummen. »Album?«, fragt er schließlich.
    Ich bekräftige meine Absicht, mich nicht vom Fleck zu rühren, indem ich den Griff meines Rollkoffers ausziehe. »Ich bringe einen Berg neuer Ideen mit. Sie werden sehen, Wyatt wird mich sicherlich sprechen wollen.«
    Langes, langes Schweigen. »Worum geht’s denn in dem Album?«
    Verdammt! Ich versuche mir in dem Schneetreiben etwas einfallen zu lassen. »Um die Jahreszeiten.« Rings um uns her nur Bäume und Felder. »Um die Natur.« Ich halte verzweifelt Ausschau. »Und um Scheunen.«
    »Um Scheunen?«
    »Ja. In allen Formen und Farben.«
    Was ich von seinem Gesicht erkennen kann, wirkt weiterhin unbeeindruckt.
    Ich muss Zeit gewinnen. »Hören Sie, mir ist elend kalt. Wenn Sie mich hereinlassen, kann ich alles erklären.«
    »Glaube ich nicht.«
    Lieber Gott. Was soll ich bloß sagen? »Würden Sie Wyatt bitte ausrichten, dass der Chef des Londoner Büros ihn grüßen lässt.«
    »Der

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