Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Wirtshaus, und ihre Wände waren voller Schränke und Regale für die Kochtöpfe. An einer Wand stand ein großer geschwärzter Küchenherd, Über dem zwei lange Reihen glänzender Töpfe, Pfannen und Backformen aus Kupfer hingen. Es gab mehrere tiefe Spülbecken aus Zinn und zwei Feuerstellen, Über denen je ein Tier auf einem Spieß steckte und gebraten wurde. Die hellen Flammen des Feuers spiegelten sich in den aufgereihten Kupfertöpfen, so dass die ganze Küche heiter wirkte. In der Tat machte sie einen so warmen und einladenden Eindruck, dass wir eine Weile nur dastanden und uns staunend umsahen. Der Kontrast zum dunklen und dreckigen Pesthaus, in dem, trotz all unserer Bemühungen, nachts Ratten Über den Boden flitzten und Läuse und Flöhe uns wach bissen, war so groß, dass ich das Gefühl hatte, gar nicht genug vom Anblick der Küche bekommen zu können.
Grace, die sicher und geborgen in meinen Armen lag, war ebenfalls still und machte große Augen, und die Frauen mit den weißen Schürzen, die hier zugange waren, lächelten sie - und uns - freundlich an. Wir waren beide ebenso Überrascht wie begeistert, als wir sahen, dass eine dieser Frauen unsere Freundin Martha aus dem Pesthaus war: Martha, die eine lange weiße Schürze trug und ihr widerspenstiges Haar unter einer neuen gestärkten Haube zusammengesteckt und fast gänzlich verborgen hatte.
»Ich habe Euch schon erwartet!«, sagte sie, trat zu uns und küsste uns beide zur Begrüßung. »Mrs. Black hat der Köchin erzählt, dass Ihr diese Woche ankommt.«
»Aber was tut Ihr denn hier?«, fragte ich sie höchst Überrascht.
»Nun, meine Schwester hat einen neuen Mann, den ich nicht ausstehen kann«, sagte sie, »und als ich hörte, dass Ihre Ladyschaft eine Küchenmagd sucht, habe ich mich um die Stelle beworben, weil ich wusste, dass Ihr bald hierher kommt.«
Sie streichelte Grace Über die Wange, und das Kind, das sie erkannte, begann, ihr in seiner Babysprache etwas Unverständliches zu erzählen. In der Zwischenzeit sah ich mich immer noch bewundernd um, denn ich war noch nie in einem so hochherrschaftlichen, stattlichen Haus wie diesem gewesen. Hinter einer offenen Tür konnte ich einen Blick in eine Vorratskammer werfen, in der dicke Sträuße getrockneter Blumen und Kräuter hingen. Eine andere Tür führte in eine Milchkammer, in der Fässer mit Sahne und Butter standen. Ich fragte mich, wie der Rest des Hauses wohl aussah, und kam zu dem Schluss, dass es mir hei seinem Anblick möglicherweise ganz und gar die Sprache verschlagen würde, wenn ich schon von der Küche derartig beeindruckt war.
»Was sollen wir hier tun? Wisst Ihr das?«, fragte ich Martha, weil Sarah und ich uns oft darÜber unterhalten hatten, wie wir wohl von Lady Jane empfangen werden würden und was sie mit uns vorhatte.
»Was für eine Stellung werden wir einnehmen?«, fügte Sarah hinzu.
Martha schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Ahnung«, sagte sie. »Obwohl wir Mägde die Ohren offen halten und allerlei Gerüchte zu hören bekommen, erfahren wir nur selten etwas wirklich Interessantes. Über mir steht die Oberküchenmagd, darÜber die Köchin, und Über uns allen steht die Haushälterin. Ich habe Lady Jane noch nie gesehen, nicht einmal aus der Ferne! Das Einzige, was ich weiß, ist, dass Lord Cart-mel irgendetwas mit dem Parlament zu tun hat, aber er ist nicht hier, sondern in Oxford, dem derzeitigen Sitz des Parlaments.«
»Warum ist das Parlament denn in Oxford?«, fragte Sarah.
»In London wütet doch immer noch die Pest«, antwortete Martha und senkte bei dem gefürchteten Wort die Stimme.
»Aber wir haben gehört, dass die Zahl der Toten zurückgeht«, sagte ich.
Martha nickte. »Man sagt, dass es jetzt, mit der kühleren Witterung, besser wird. Gott sei Dank.«
Grace grabschte nach Marthas Haube und zog sie zur Seite, woraufhin ich sie mir auf die andere Hüfte setzte und somit von dieser Versuchung fern hielt. »Ist es ein gutes Haus zum Arbeiten?«, fragte ich.
»Ja«, versicherte uns Martha, »Mrs. Black ist streng, aber gerecht. Und es ist sehr angenehm für das Personal, dass die arme Frau ständig Probleme hat mit...«
Doch sie verstummte, denn genau in diesem Moment ertönte ein seltsames leises Geräusch von der Tür her, und einen Augenblick später erschien die schwarz gekleidete Frau, mit der wir genau vierzig Tage zuvor zuerst gesprochen hatten. Es handelte sich dabei in der Tat um Mrs. Black (deren Namen ich für jemanden, der
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