Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Hemd Überall grün und blau bin.«
Nachdem ich Über die schmerzenden Stellen gerieben hatte, zog ich den Rock wieder herunter und zupfte die Falten zurecht, denn der leuchtend blaue Stoff war kostbar und ich liebte das Kleid heiß und innig. Alles in allem war es Sarah und mir während unserer Zeit in Highclear House gelungen, mehrere neue Garnituren zu ergattern. Lady Jane ging großzügig mit ihren ausrangierten Sachen um, und zudem war ein Ballen tiefroten Linsey-Woolseys, eines groben Stoffes aus Wolle und Leinen, aus dem Ausland gekommen, dessen Farbe Mylady nicht gefallen hatte. Sie schenkte ihn Mrs. Black, und mit ihrer Hilfe und der der Näherinnen im Haus schneiderten Sarah und ich Röcke und passende Jacken daraus, die wir danach bestickten und die sehr elegant aussahen.
Wir gelangten an eine Kreuzung, und ich warf einen Blick aus dem Fenster der Kutsche. Dort standen ein Schandgeigen und ein doppelter Galgen, an dem die Leichen von zwei Wegelagerern sanft im Wind baumelten. Bei ihrem Anblick musste ich an Gentleman Jack denken, den Wegelagerer, der sein Unwesen in der Umgebung unserer Heimatstadt und auf den Straßen in Richtung London trieb - eine schillernde Gestalt. Er war immer in die kostbarsten Stoffe gekleidet und stahl den Damen oft noch einen Kuss, wenn er sie ihrer Diamantringe entledigte. Ich fragte Sarah, ob sie glaubte, dass er sich immer noch auf den Straßen herumtrieb.
»Das glaube ich nicht«, antwortete sie. »Ich kann mich nämlich erinnern, dass unser Nachbar Mr. New-bery mir eines Tages erzählte, dass er Gentleman Jack in Tyburn hängen sehen habe und dass sein Kopf auf einem Pfahl auf der London Bridge stecke.«
Ich war noch dabei, diese Neuigkeit zu verdauen, als draußen ein Ruf ertönte, Mr. Carter einen Schrei und einen Fluch ausstieß und eines unserer Pferde wieherte und sich aufbäumte, so dass die Kutsche quer Über die Straße schlitterte. Ich schrie auf, denn es schien mir vollkommen klar, was gerade geschah. »Das sind Wegelagerer! Wir werden ausgeraubt!«, rief ich Sarah zu.
Ich besaß keinen Schmuck, doch ich schob sofort meine kleine Tasche unter den Sitz, um sie in Sicherheit zu bringen. Unsere Kleider und Umhänge befanden sich in einer Truhe auf dem Dach der Kutsche, sie würden sofort gestohlen werden. Doch immerhin bliebe mir meine Tasche erhalten, in der ich meine eigenen, besonderen Dinge aufbewahrte: Haarbürsten, rosa Glacehandschuhe, ein kleines Silberdöschen und zwei schöne Fächer.
Sarah legte ihre Tasche ebenfalls außer Sichtweite und schob ihren einzigen Schmuck (eine goldene Halskette, die unsere Großmutter ihr geschenkt hatte) unter den Kragen, so dass man ihn nicht sehen konnte.
Ein weiterer Ruf ertönte, doch wir hatten zu viel Angst, um aus dem Fenster zu schauen, denn mit Ausnahme von Gentleman Jack waren Wegelagerer im Allgemeinen gewalttätige, rohe Burschen, die erst schossen und einen dann ausraubten und sich nichts dabei dachten, einer Dame das Kleid vom Leibe zu reißen und sie im Hemd stehen zu lassen. Wir hatten sogar einmal von einem Wegelagerer gehört, dem es eingefallen war, einer Frau auch die Unterröcke zu stehlen und diese splitternackt auf der Straße zurückzulassen.
Unsere Kutsche kam quer auf der Straße zum Stillstand, und Sarah und ich klammerten uns aneinander. Wir hörten Mr. Carter jemandem etwas zurufen, wobei er etliche Flüche und Kraftausdrücke ausstieß.
»Ganz ruhig bleiben, guter Mann!«, kam die Antwort. »Ich bin kein Wegelagerer. Ich bin nur selbst Überfallen worden.«
»Aus dem Weg!«, schimpfte Mr. Carter wieder und peitschte die Pferde, doch eines der hinteren Wagenräder war (wie sich herausstellte) im Straßengraben gelandet, und die Kutsche rührte sich nicht von der Stelle.
»Ich versichere Euch, dass ich die Wahrheit sage!«, ertönte die Stimme des Mannes wieder. »Ich war im Ausland und bin auf dem Weg von Southampton nach Hause Überfallen worden. Meine zwei Pferde wurden mir - mitsamt meinem ganzen Gepäck - gestohlen. Das, was ich am Leib trage, ist alles, was ich noch habe.«
»Eine nicht sehr glaubwürdige Geschichte!«, gab Mr. Carter zurück.
»Das ist sie wahrhaftig nicht, mein Herr. Mein Name ist Giles Copperly und meine Familie lebt in Parkshot.«
Sarah klammerte sich an mich. »Die Copperlys...«, sagte sie.
Ich schnappte nach Luft und nickte. Der kleine Weiler Parkshot war nur einen Katzensprung von Chertsey entfernt, und wir hatten von der Familie Copperly gehört, weil
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