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Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Zuckermacher 02 - Aschenblüten

Titel: Zuckermacher 02 - Aschenblüten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Hooper
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errötete, und ich fügte hinzu: »Ich habe das größte Vertrauen in Toms hohe Meinung von mir, ohne das tun zu müssen, aber herzlichen Dank für deinen Rat.« (Obwohl ich der Ehrlichkeit halber zugeben muss, dass ich in unser Zimmer ging und mein Mieder ein wenig straffer schnürte, was mehr oder weniger dieselbe Wirkung hat.)
    Auf dem Weg zu Doktor da Silvas Geschäft war ich aufgeregt und unruhig. Ich würde mich nicht so benehmen, als sei er mein Liebster, beschloss ich, sondern so tun, als wäre ich kürzlich vom Land zurückgekommen und würde einen alten Freund besuchen.
    Als ich um die Ecke bog, sah ich das glänzende Schild des Silbernen Globus außen vor dem Geschäft des Apothekers und es wurde mir bang ums Herz. Wie oft hatte ich in den letzten Monaten davon geträumt, dass ich zurückkam und Tom sah, dass er von seiner Arbeit aufblickte, mich dort stehen sah und dann zu mir kam und meine Hand nahm...
    Doch als ich vor dem Geschäft stand, waren die Fensterläden geschlossen, die Tür war mit zwei Holzbrettern verbarrikadiert und... ein verblichenes rotes Kreuz war darauf gemalt.
    Die Pest!
    Mein Herz begann laut zu klopfen - so laut, dass ich es trotz des Lärms um mich herum hören konnte. Ich blieb eine Weile still stehen und versuchte, mich wieder zu beruhigen, dann ging ich um das Geschäft herum und untersuchte die geschlossenen Fensterläden, für den Fall, dass es irgendwo einen Spalt gab, durch den ich hineingucken konnte. Doch ich fand keinen Spalt und ging wieder zur Tür. Ich presste meine Hände auf das Holz, als könne es mir irgendein Geheimnis verraten, schloss die Augen und sah das Geschäft wieder vor mir, wie es im letzten September gewesen war: die Auslagen voller Schutzmittel gegen die Pest und eine Schar von Leuten vor der Tür, einige mit Pestflecken, andere mit eiternden Pestbeulen. Alle warteten darauf, zu Doktor da Silva vorgelassen und von ihm behandelt zu werden, weil viele Ärzte die Stadt bereits verlassen hatten und die ärmeren Leute sich sowieso nur einen Apotheker leisten konnten. Es hätte mich nicht Überraschen sollen, dass er und Tom an der Seuche zugrunde gegangen waren. Warum hatte ich geglaubt, dass sie aus irgendeinem Grund gegen die Krankheit gefeit waren?
    Hinter mir hörte ich eine Straßenhändlerin rufen: »Reisigbündel! Heiße Reisigbündel! Fünf für sechs Pence!«, doch ich sah mich nicht um.
    »Brauchst du einen Apotheker, Kindchen?«
    Ich schlug die Augen wieder auf, drehte mich um und stand einer kleinen alten Frau gegenüber, die tief gebückt unter der Last eines Bauchladens voller Reisig ging, den sie um den Hals gebunden trug.
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein, ich brauche keinen Apotheker - oder doch, aber nur diesen hier.«
    »Doktor da Silva? Der ist hier geblieben, um uns zu helfen, nicht wahr? Der arme Mann. Er hat denselben Weg genommen wie die meisten anderen, die hier geblieben sind. Beide, er und sein Bursche.«
    »Haben sie..., haben sie beide die Pest bekommen?«
    Sie schwankte trotz ihres Stocks. »Jawohl«, sagte sie und nickte. »Sie sind genau dann erkrankt, als wir dachten, dass es alles vorbei ist. Um Weihnachten herum war das.«
    »Könnt Ihr Euch erinnern, was passiert ist?«
    Sie zuckte die Achseln. »Was passiert ist? Einfach nur das Übliche: Am einen Tag waren sie da, am nächsten ging es ihnen dreckig, am Übernächsten waren sie tot.«
    »Also sind sie... wirklich tot?«
    »Jawohl. Alle beide. Tot und in der Grube. Ich selbst bin zu der Zeit meistens im Haus geblieben. Bin beinahe drei Monate lang nicht auf die Straße gegangen und schier verhungert.« Plötzlich warf sie mir einen misstrauischen Blick zu. »Aber weswegen brauchst du einen Apotheker? Hast du irgendein Fieber?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Man sagt, dass die Seuche wiederkommen kann, wenn wir nicht aufpassen.«
    Ich sagte nichts.
    »Immer, wenn ich Reisigbündel verkaufe, tue ich mir drei Spinnen in die Tasche. Und was machst du?«
    Doch ich konnte ihr nicht antworten, weil mir die Kehle vor lauter Tränen zugeschnürt war und ich das Gefühl hatte, daran zu ersticken.
    Nach einer Weile warf sie mir einen merkwürdigen Blick zu und zog weiter. »Fünf Reisigbündel für sechs Pence! Fünf Reisigbündel für sechs Pence!«, rief sie, als sie die Gasse entlangging.
    Eine Zeit lang blieb ich an die Hauswand gelehnt stehen. Die Tränen liefen mir Übers Gesicht und hinterließen Flecken auf meinem Taftkleid. Dann zog ich die Rosmarinzweige aus meinem Haar

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