Zuckermacher 02 - Aschenblüten
Wir brauchten eine ganze Stunde, um uns bis Southwarke durchzuschlagen, weil auf der Brücke vierzig Geschäfte und ebenso viele Verkaufsstände geöffnet hatten und eine Unmenge Leute zu Fuß, zu Pferd, in Kutschen und Sänften sich den wenigen Platz dort streitig machten. Auf der Brücke erstanden wir je zwei Paar Dufthandschuhe und ein paar Nussknacker in einem neuen Kochgeschäft. Miniaturfrüchte aus Marzipan liefen in unserem Kaufladen nämlich besonders gut, und bisher verbrachten wir jedes Mal, wenn wir diese zubereiteten, zwei oder drei Abende damit, eine Menge Mandeln mit dem Hammer zu knacken. Die neuen Nussknacker würden diese Arbeit enorm beschleunigen.
Als wir die Brücke verließen, um uns die unzähligen kleinen Geschäfte in der Nähe des Towers anzusehen, hörten wir, wie in der königlichen Menagerie ein Furcht erregendes Gebrüll ertönte. Ich machte einen Satz, und Anne stieß vor Schreck einen Schrei aus.
Ein Knoblauchverkäufer erzählte uns, dass jetzt die Zeit sei, zu der die Tiger und Löwen des Königs gefüttert wurden. Als ich das hörte, versprach ich Anne, dass wir bald die Menagerie besuchen und uns diese Löwen und Tiger ansehen würden, weil sie sehr riesig und wild waren, aber trotzdem mit unserer kleinen Kitty verwandt sein sollten (was ich mir kaum vorstellen konnte).
An einem anderen Tag, nachdem ich ein bisschen Pergament von Mr. Newbery bekommen hatte (der mich fragte, ob ich mein Testament aufsetzen wolle, und mir sagte, dass es klug wäre, das zu tun), verfasste ich eine Liste des ganzen Zuckerwerks, das wir anfertigten, als Reklame für unsere Ware. Auf der Liste stand:
Mit Zuckerguss Überzogene Rosenblüten
Gezuckerte Veilchen
Kandierte Pflaumen
Kräuterkonfekt
Kandierte Engelwurz
Glasierte Kirschen
Kandierte Orangenschale
Zitronen-und Orangenschnitze
Veilchenkuchen
Daneben fertigten wir natürlich Marzipanfrüchte an, doch weil ihre Herstellung so ungeheuer langwierig war, konnten wir sie nicht immer vorrätig haben. Ich gab mir große Mühe mit der Rechtschreibung der Namen dieser Artikel, obwohl vielen unserer Kunden eine falsche Schreibweise nicht auffallen würde, und nachdem ich bunte Tinte von Mr. Newbery bekommen hatte, malte ich für diejenigen, die nicht lesen konnten, neben den Namen ein Bild der jeweiligen Leckerei. Ich machte zwei Ausfertigungen davon und hängte eine so an den Holzladen, dass man sie sah, wenn das Geschäft geöffnet hatte, und eine innen an die Wand.
Wir begannen ebenfalls Duftkugeln herzustellen, wie Martha es uns beigebracht hatte, denn in einem Lagerhaus in Wharf Lane hatte ich ein Fass voll Nelken gesehen, das sehr günstig verkauft wurde, und hatte einfach den ganzen Posten erstanden. Orangen waren teuer, doch sie brauchten weder von bester Qualität zu sein noch sehr frisch, also kauften wir fünf oder sechs nicht ganz so hochwertige zur gleichen Zeit, bestückten sie rundum mit Gewürznelken und verzierten sie mit Bändern und Spitze. Dafür hatte Anne eine besondere Begabung, und sie suchte auf Lumpenmärkten nach Borteresten und anderen fröhlichen Verzierungen, die wir verwenden konnten. Diese Duftkugeln hängten wir in den Laden, und sie verkauften sich gut, denn solche hübschen Artikel waren bei den Leuten von Stand sehr begehrt.
Ich wünschte mir, dass Sarah sah, wie gut wir unsere Sache machten, und freute mich auf ihre Rückkehr, weil ich wissen wollte, wie es unserer Mutter ergangen war, doch ich liebte meine Arbeit so sehr, dass ich ihr meine Stelle als Ladenbesitzerin nicht wieder abtreten wollte. Außerdem wusste ich, dass Anne jetzt nicht mehr nach Hause zurückwollte, also begann ich mich zu fragen, ob wir nicht zu dritt zusammenarbeiten könnten, wenn Sarah zurückkam. Der Laden und das Hinterzimmer waren klein, doch Anne könnte ein niedriges Rollbett bekommen, das man unter dem größeren hervorzog, und vielleicht könnte man im Hinterhof, neben dem Abort, einen Lagerraum anbauen.
Anne und ich verstanden uns bald wieder sehr gut, weil wir vom Alter her nicht weit auseinander waren und als Kinder immer zusammen gespielt hatten, also dauerte es nicht lange, bis wir uns wieder nahe standen. Es lief alles sehr gut für uns, und wenn ich Tom nicht verloren hätte, wäre ich glücklich gewesen. Obwohl ich jetzt nicht mehr Über ihn sprach, dachte ich immerzu an ihn. Ich fragte mich, ob ich Überhaupt einen anderen Liebsten finden würde, wann das sein sollte und was für ein Mensch er wohl wäre. Doch
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