Zuckermond
Stimme hinter ihr. „Ich hatte mir solche Mühe gegeben, alles richtig zusammenzulegen.“ „Tut mir Leid. Ich bin ein wenig in Eile“, gab Helena leise zurück. „Sobald ich zu Hause bin, werde ich sowieso alles wieder auspacken und waschen.“ Mit nervösen Bewegungen packte sie auch den Rest ihrer Sachen zusammen und erklärte dann aufatmend: „So, das war’s. Nun noch rasch ins Atelier und meine Malutensilien zusammenpacken.“ „Noch nicht ganz“, korrigierte Leonard und wies auf die Badezimmertür. Helena hätte am liebsten laut aufgeschrien, doch stattdessen ging sie ins Bad, um ihre Zahnbürste, ihre Kosmetika und all die kleinen Dinge zu holen, die sie täglich gebraucht hatte. „Ich trage dir die Tasche zum Auto“, erklärte Leonard. „Nicht nötig! Danke, aber das schaffe ich allein.“ Doch er achtete nicht auf ihre Worte, sondern griff nach ihrer Tasche und ging ihr voraus die Treppe hinauf und zur Wohnungstür. Helena stürmte an ihm vorbei, lief zum Atelier und kramte ihre Farben, Pinsel und Skizzenblöcke zusammen und verstaute sie in ihrem Malkoffer. Dann packte sie ihre Staffelei und eilte zum Auto. Kaum hatte Leonard ihre Tasche im Wagen verstaut, saß sie auch schon hinterm Steuer. „Machs gut, Leonard.“ „Du auch, Helena.“ Sie warf die Tür zu, startete den Motor, gab Gas und fuhr los. Ein sehnsüchtiger Blick in den Rückspielegel zeigte ihr ihren Traummann. Da stand er, groß, elegant und einfach nur umwerfend aussehend. Er schaute ihr nach, ohne sich auch nur einen Zentimeter zu rühren.
***
Der folgende Abend war schlimm für Helena. Einerseits konnte sie es nicht erwarten, bis endlich ihr Flug nach Rom gehen würde, andererseits wünschte sie sich, die Zeit bis dahin möge so langsam wie möglich vergehen, damit Leonard doch noch die Möglichkeit haben könnte, sich eventuell bei ihr zu melden.
Die Hoffnung stirbt zuletzt! Und dann war es soweit – der Moment des Abfluges nach Rom war da. Helena hatte sich an diesem Tag besonders schick angezogen, lächelte der Stewardess
abwesend zu und bestieg das Flugzeug. Sie trug ein schokoladenfarbenes Kostüm und eine champagnerfarbene Seidenbluse. Ihr Haar hatte sie zu einem lockeren Knoten hochgesteckt und ihre Füße steckten in edlen, hochhackigen Sandaletten im selben Farbton wie das Kostüm. In der Business Class sah sie sich suchend nach ihrem Platz um. Nur wenige Passagiere hatten bereits ihre Plätze belegt. Helena ließ sich auf ihren Platz am Fenster sinken, schloss den Sicherheitsgurt und versuchte diese dumme Flugangst, die sich bereits in ihr ausbreitete, zu unterdrücken. Dann wurden die Luken geschlossen und die Maschine rollte zur Startbahn. Vor Aufregung vergaß Helena sogar ihren Liebeskummer und bekam nicht mit, was um sie herum passierte. Ihre Handflächen wurden feucht und ihr Puls begann zu rasen. Von der kurzen Begrüßungsansage des Piloten und den Sicherheitserläuterungen der Stewardess drang kein einziger Laut an ihr Ohr, so sehr hatte die Panik von ihr Besitz ergriffen. Nicht mal den Passagier neben sich bemerkte sie. Mit bebenden Fingern kontrollierte sie wiederholt, ob der Sicherheitsgurt auch wirklich fest war. Sie fuhr sich mit der Zunge über die trockenen Lippen und umklammerte die Armlehnen ihres Sitzes. Und dann hatte das Flugzeug die Rollbahn erreicht, wurde schnell und schneller, bis es schließlich abhob. Helena starrte aus dem kleinen Fenster. Ihr Körper hatte sich versteift und ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Mühsam holte sie Luft. In diesem Moment legte sich eine Hand auf ihre Schultern. Helena wandte überrascht den Kopf. Sie wollte ihren Augen nicht trauen. Auf dem Sitz neben ihr saß Leonard! Helena starrte ihn einen Moment lang ungläubig an. „W-was machst du denn hier?“ „Ich muss mit dir reden.“ „Was gibt es zwischen uns noch zu reden? Ich denke, wir sollten uns weitere Komplikationen lieber ersparen.“ „Komplikationen?“ „Ja. Komplikationen. Die Zeit mit dir und deine Reaktion, nachdem ich dir meine Gefühle offenbart habe, haben mir mehr zugesetzt, als ich erahnen konnte. Ich habe eine verdammt harte Zeit hinter mir und möchte mir weiteren Kummer ersparen. Kannst du das verstehen?“ „Helena, ich möchte dir sagen, dass ich mich wie ein Trottel benommen habe. Verzeih mir, bitte. Ich gebe ja zu, dass es zu Beginn nichts weiter als pure Lust war. Aber dann konnte ich nicht genug von dir bekommen. Du hast mich vollkommen verzaubert.“ „Was erwartest du, soll
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