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Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Zuckerpüppchen - Was danach geschah

Titel: Zuckerpüppchen - Was danach geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Hassenmüller
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oft genug freundlich und redete weiter, auf spanisch natürlich.
    Er hatte nichts dagegen, daß sie die Sprache lernen wollte. Anders als vor vierzehn Jahren, als sie in die Niederlande zogen, war er jetzt damit einverstanden, daß sie es gründlich anging. Wie gerne hätte sie damals von der Basis auf Niederländisch gelernt. Jetzt hoffte Gaby, auch gleichzeitig diese Sprache aufzupolieren, da sie die fremde Sprache ja über die niederländische lernen mußte. Zwei Fliegen mit einer Klappe, dachte sie. Und außer der Absicht, selbst etwas zu unternehmen, wußte sie, daß sie gerne lernte. Die einzig positive Erinnerung an ihre Jugend war die Schulzeit. Nicht nur, weil sie sich in der Schule sicher wußte, sondern weil die Erfolgserlebnisse guter Zensuren ihr das Selbstvertrauen gaben, daß sie in einer Sache nicht schlecht war. Sie konnte lernen. Auch jetzt stärkte jedes “Sehr gut” in Prüfungsarbeiten ihr Selbstbewußtsein. Sie war zumindest nicht blöde!
    Woran sie sich wohl gewöhnen mußte, war, wieder auf der Schulbank zu sitzen und im guten alten Sinn richtig zu büffeln. “Ohne Vokabeln zu pauken, lernt man keine Sprache”, sagte Thijs, ihr Spanischlehrer. Und das Büffeln fiel ihr schwerer als früher. Sie machte zusätzlich einen Mini-Kursus: “Wie lerne ich effizient?” Sie hörte zum erstenmal etwas über ein Langzeitgedächtnis, in dem alle wichtigen Informationen aufgeschlagen liegen, oft eingeschliffen durch stete Wiederholung, und sie begriff, warum ihr Kurzzeitgedächtnis sie so schnell im Stich ließ. “Da dringt nichts ein, es bleibt auf der Oberfläche treiben, wie ein Blatt, das vom nächsten Windstoß wieder fortgetragen wird.” Sinn des Lernens war, Vokabeln, Regeln, Begriffe immer wieder und wieder zu wiederholen, dann sog sich das Blatt voll Wasser, sank langsam auf den Boden, in das Langzeitgedächtnis. “Was dort gespeichert ist, können Sie jederzeit wieder abrufen. Den richtigen Knopf gedrückt, und Sie haben Ihre gewünschte Information parat.”
    Gaby verstand jetzt auch, warum sie sich an alles, was in ihrer Kindheit geschehen war, erinnern konnte, als wäre es erst gestern gewesen. Es war eingeschliffen worden, Tag für Tag, Nacht für Nacht, eingebrannt für immer. Zu Anfang war ihr die Erinnerung nur unter Hypnose möglich, doch später genügte es, wenn sie die Augen schloß', und die jeweilige Szene vor ihren Augen wieder abrollen ließ. Sie dachte daran, daß Jaap ihr einmal gesagt hatte, daß auch jede Verdrängung einen Sinn hatte. “Sonst wäre sie nicht in unserem Hirn eingebaut”, hatte er behauptet. “Solange wir nicht in der Lage sind, uns mit der Vergangenheit auseinanderzusetzen, hilft sich unser Körper und verdrängt sie einfach. Nein, nicht einfach, denn auf die Dauer gelingt es nicht. Dann kommen stets mehr Bilder, Erinnerungen hoch. Und spätestens dann sollte man etwas damit tun.”

    Ein anderes Problem beim Spanischunterricht war, daß Gaby wieder mit ihrer sozialen Angst konfrontiert war. Sie mußte allein in die Klasse gehen, wurde wie jede andere Schülerin hin und wieder gefragt, etwas vorzulesen, eine Antwort zu formulieren, mußte Arbeiten schreiben. Ihre Nerven waren aufs äußerste gespannt, ihre Knie zitterten, aber sie schaffte es. Zu Anfang klang ihre Stimme belegt, ihre Handschrift war krickelig und beinahe unleserlich. Sie raffte ihren Mut zusammen und bat ihren Lehrer um Verständnis. “Ich habe panische Angst zu versagen”, bekannte sie. Und, oh Wunder, er begriff sofort, wovon sie sprach. “Soziale Angst, Versagungsängste, ich weiß, was du meinst. Nur Geduld, du schaffst es schon.” Ingrid hatte zusammen mit ihr mit dem Spanisch-Lehrgang begonnen, sie spornten sich gegenseitig an, sich nicht unterkriegen zu lassen. Mit den ersten guten Zensuren lernte Gaby, sich auch mehr zu entspannen. Sie begriff, daß sie auf ihr gelerntes Wissen vertrauen konnte und sie nicht bei jeder Frage in Panik geraten mußte. Sie hatte wieder einen Schritt in die richtige Richtung getan.

    Hin und wieder fragte sie sich, warum Hubert jetzt nichts dagegen hatte, daß sie Spanisch lernte, während er es zu Anfang ihrer Ehe sogar für einen unnötigen Luxus hielt, Niederländisch zu lernen. Hatte er begriffen, daß sie sich weiterentwickeln wollte, daß ihr Bestreben dahin ging, ihm ebenbürtig zu sein, von ihm für voll angesehen zu werden? Oder viel wichtiger, sich selbst für vollwertig ansehen zu können? Sie fragte ihn.
    “Unsinn”, sagte er,

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