Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zügel der Leidenschaft

Zügel der Leidenschaft

Titel: Zügel der Leidenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Johnson
Vom Netzwerk:
altrosa Chiffon mit Stickereien und Pailletten. Den tiefen V-Ausschnitt bildeten über Kreuz drapierte Stoffbahnen, die auf den Schultern mit Schleifen im gleichen Frühlingsgrün gehalten wurden wie die Taftschärpe um ihre Taille. Ihre Haut hob sich rosig warm von der matten Farbe des Kleides ab, und ihre nackten Arme, der Busen und die schlanke Biegung ihres Halses waren von einer leichten Röte überhaucht.
    Ihr hellgoldenes Haar umrahmte das Gesicht in üppigen Locken, die durch einen einfachen, von einer Schleife gehaltenen Chignon nur locker gebändigt waren. Sie entschied sich gegen die Perlenstränge, die wartend auf dem Frisiertisch lagen. An einem so schönen Sommerabend schien die modische Überlegung mit Schmuck, die man von den bestangezogenen Ladys erwartete, einfach fehl am Platz.
    »Habe ich sie lange warten lassen?« fragte Angela mit einem Blick auf die kleine Pendeluhr auf dem Kaminsims.
    »Nur zehn Minuten.«
    Angela lächelte. »In diesem Fall brauche ich mich nicht einmal zu entschuldigen.«
    Als sie wenige Augenblicke später in ihrer schlicht-eleganten Robe in den großen Salon trat, wirkte sie so anmutig, daß alle anwesenden Frauen stumm ihre Garderobe verfluchten: Die Konversation brach für den Bruchteil einer Sekunde ab. Dann nahmen die neidischsten unter den Damen als erste wieder das Gespräch auf und taten so, als seien sie von der berühmten Schönheit der Gräfin de Grae völlig unbeeindruckt.
    Und das Stimmengemurmel setzte wieder ein.
    Aber Charlotte Pembroke fiel Kit Braddocks rascher, bewundernder Blick auf, ehe er sich wieder ihrer Tochter widmete, und sie beschloß, es sei wohl ratsam, ihn bald mit Priscilla allein zu lassen, damit er ihr endlich einen Heiratsantrag machte.
    Man mußte die Werbephase leicht beschleunigen ...
    Vielleicht morgen abend, wenn er zu einem kleinen Familientreffen in ihr Haus eingeladen war.
    Angela hatte beim Betreten des Raums ihrem Butler ein Zeichen gegeben, die Reihenfolge zu verkünden, in der man den Speisesaal betreten würde. Als Gastgeberin betrat sie den Saal als erste, am Arm des höchststehenden männlichen Gastes; ihrem alten Freund Souveral, dem portugiesischen Botschafter. Die anderen folgten entsprechend dem Protokoll, das die Rangfolge der Titel bestimmte.
    Am Nachmittag hatte sie bei der Festlegung der Tischordnung mit der Haushälterin Kit Braddock ganz bewußt ans andere Ende der Tafel gesetzt. Auch Charlotte wurde mehrere Stühle entfernt plaziert, um ein unwillkommenes Verhör zu vermeiden. In ihrem gegenwärtigen Zustand leichter Beunruhigung war Angela die banalste Konversation lieber, und zu diesem Zweck hatte sie Souveral zu ihrer rechten und Violet Lanley links von sich gesetzt.
    Ihr Blick glitt nicht ein einziges Mal über die am nächsten Sitzenden hinaus, noch deutete Kit in irgend etwas an, daß er sich seiner Gastgeberin fünf Plätze weiter zu seiner Linken auch nur bewußt war. Der Raum war erfüllt von Geplauder und Lachen; das Kerzenlicht verbreitete eine intime Atmosphäre an dem blumengeschmückten Tisch und ließ Licht und Schatten über den Schmuck und die prachtvollen Gewänder tanzten. Lautlos und mit der Diskretion von gutgeschultem Personal servierten die Diener die zahlreichen Gänge. Auf die Suppe folgten Appetithäppchen, Vorspeise und kalte Platten in üppiger Vielfalt, darauf die Zwischengerichte.
    Kit bemerkte, daß Angela nur wenig zu sich nahm. Die Tomatenhummersuppe probierte sie bloß, winkte die Flors d'oeuvres-Platten weiter und nahm eine Portion vom Hecht à la Chambord. Doch davon aß sie nur zwei Bissen und schob den Rest an den Tellerrand. Das Rinderfilet wurde mit einem leichten Kopfschütteln abgelehnt, die gebratene Wachtel hingegen mit Appetit verzehrt, was er sich insgeheim merkte, um es ihr vielleicht einmal, sollte sich die Gelegenheit ergeben, zu servieren.
    Von den Entremets nahm sich die Gräfin nur ausgewählte Salate mit einem Dressing, das frisch an der Anrichte zusammengestellt wurde.
    Offensichtlich verhalfen ihr Mäßigkeit und Disziplin zu ihrer vollendeten Figur, stellte Kit fest – fasziniert, daß sich ihm eine weitere Facette ihres Wesens enthüllt hatte. Auch wenn nur die Hälfte der saftigen Skandale um sie wahr waren, hätte man nicht angenommen, daß sie zur Zurückhaltung fähig sei. Aber dann wurden die Desserts aufgetragen, und er mußte sein vorschnelles Urteil korrigieren, als er sah, wie sie ein Stück Aprikosentorte, ein Zitroneneis und zwei Portionen Käse

Weitere Kostenlose Bücher